Kapitel 02

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Ängstlich ließ Malia ihr Zimmerhinter sich und setzte sich ihren Eltern gegenüber an denKüchentisch.
,,Guten Morgen, Schatz. Bereit?", meinte ihreMutter lächelnd.
,,Um ehrlich zu sein: Nein.", gestand sietraurig.
,,Was? Wieso das denn?", fragte ihr Vater perplex.

,,Wir müssen reden.", flüsterteich. ,,Ihr könnt hier nicht weg. Es ist euer Zuhause. Ihr solltethier bleiben."
,,Oh Schatz! Wir haben dir doch erklärt, dasswir mit dir hier weg wollen. Dass wir dir ein besseres Leben schenkenmöchten.", lächelte ihre Mutter.
,,Nein, du verstehst dasnicht. Ich gehe. Ihr bleibt hier."
,,Was?!", rief ihr Vater.,,Bist du verrückt geworden? Denkst du wirklich, wir lassen dichalleine? Das kommt überhaupt nicht in Frage!"
,,Dad!", riefich verzweifelt. ,,Bitte! Es geht nicht anders! Ihr müsst michalleine weg lassen!"
,,Nein, Malia! Wie kommst du denn auf einesolche Idee?", wollte Malias Mutter besorgt wissen.
,,Ich werdegehen und das alleine. Es bringt nichts, wenn ihr das Reservatverlasst, weil wir ohnehin nicht zusammen leben können. Es machtviel mehr Sinn, wenn ihr hier bleibt und euch euer altes Leben zurückholt. Euer Leben bevor ich auf die Welt kam.", versuchte sie ihreEltern zu überzeugen.
Doch ihr Vater schüttelte den Kopf:,,Nein. Das wird niemals passieren!"
Malia raufte sich ihre nochimmer feuchten Haare und sah ihre Eltern mit purer Verzweiflung an.

Ihr war bewusst, was sie tun musste.Sie musste einfach die Wahrheit sahen. Gerade heraus.
Doch einfachwar das ganz und gar nicht. Sie wollte es nicht über ihre Lippenbekommen.
Sie hatte Angst davor es aus zu sprechen.
Angst vorderen Reaktion und Angst vor der Zukunft.

Malia schloss die Augen, atmete tiefein und zog den Kragen herab, sodass die Triquetta gut sichtbarwar.
Ihre Eltern zogen scharf die Luft ein und ihre Mutter warfsich eine Hand vor dem Mund.
,,Das ist der Grund, warum ich gehenmuss. Alleine.", flüsterte sie. ,,Es liegt ganz bei euch, was ihrden anderen erzählt. Sie wissen noch nicht, dass wir vor hatten zufliehen, also könnt ihr denen erzähle, was ihr wollt. Ich bin mitallem einverstanden. Ihr könnt erzählen, ich sei abgehauen, weilich es nicht mehr ertragen hab. Ihr könnt erzählen, dass ihr keineLust mehr hattet und mich deshalb verstoßen habt, so wie sie esschon immer gewollt haben. Ihr könnt euch auch aussuchen, ob ihr denanderen von der Markierung erzählen wollt. Es liegt ganz bei euch.Ich möchte nur, dass ihr ein schönes Leben führt. Ich habe eslange genug zerstört."
,,Sag so etwas nicht! Du hast unserLeben nicht zerstört! Ganz im Gegenteil: du hast es lebenswertgemacht! Du bist das wichtigste in unserem Leben. Wir lieben dich!",flüsterte ihre Mutter und nahm Malia ganz fest in den Arm.
Auchihr Vater stand auf und umarmte die beiden wichtigsten Frauen seinesLebens.


,,Das Gute ist, dass wir so oder sonach Sofleya ziehen wollten. Du kannst also ganz einfach den Busnehmen, den wir gebucht hatten.", sagte Malias Vater, während ihreMutter durch das Zimmer lief und Malia immer wieder ein paar Sachengab, wie gerade in diesem Moment das Busticket. ,,Du erinnerst dichan die Magnolia-Promenade Richtung Norden?"
Sie nickte.
,,Damusst du hin laufen. In einer dreiviertel Stunde wird dort ein Taxiankommen und dich zum Busbahnhof fahren. Du weißt, wie du hinkommst?"
Wieder nickte sie.
,,Gut, Schatz. Du musst los. Wirlenken die anderen ab." Er griff ihr Gesicht und gab ihr einen Kussauf die Stirn: ,,Ich liebe dich, Malia."
,,Ich dich auch, Dad.",murmelte sie und legte sich ihrer Mutter in den Arm: ,,Dich auch,Mom."
,,Oh Schatz, ich werde dich so sehr vermissen! Melde dichbei uns, sobald du da bist. Die haben bestimmt einen Computer oderein Telefon, okay?"

,,Natürlich.", versprach sie. ,,Habeuch lieb."

Sie schulterte ihren großen Rucksackund griff nach ihren Koffer und schlich aus dem Haus. Heilfroh, dassihr Haus direkt an der Reservatsgrenze stand und sie so ungesehen inRichtung Norden laufen konnte.

Als Malia sich erfolgreich durch denWald geschlagen hatte, lief sie über die gut gepflasterte Promenade,wodurch das Vorankommen viel einfacher wurde. Ihr blieben noch einpaar Minuten, wie sie von der großen Uhr neben der Bank erfuhr. Alsosetzte sie sich dort hin und wartete, während ihre Gedanken herumschweiften.


,,Miss Moon?", fragte einbraunhaariger Mann mittleres Alters durch die Fensterscheibe einesTaxis.
,,Ja.", rief Malia und sprang auf.
Der Mann stieg ausund half ihr ihr Gepäck im Kofferraum zu verstauen.

Die Fahrt verlief leise, obwohl derMann anfangs noch probierte Smalltalk zu halten, doch nach wenigenMinuten gab er es auf.

,,Hier wären wir: Busbahnhof.",meinte der Taxifahrer und Malia griff in ihre Tasche um den Mann zubezahlen. Dann schnappte sie sich ihr Gepäck und lief zum Bus mitder Aufschrift „Sofleya".

MERLINER - Malia Moon und das Geheimnis von AzoukoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt