- 2 - [Riva]

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Er hat es nicht geschafft.

Nick hat den Stresstest nicht bewältigt.

Man konnte regelrecht beobachten, wie ein Impuls durch seinen Körper schoss, bevor seine Augen wieder anfingen orange zu leuchten. Dann rannte er durch den Raum und wollte die Stahltür aufbrechen, doch sie war zu massiv ... sogar für ihn. Sie hat ein paar Dellen und Kratzer bekommen und hätte er es länger versucht, hätte er es bestimmt irgendwann geschafft sie auf zu brechen. Zu unserem Glück hat er die Geduld verloren. Er suchte nach anderen Fluchtmöglichkeiten und hämmerte gegen die Wände, gegen jede einzelne. Dabei zerstörte er ein paar der Rohre, aus denen die Bälle geschossen kamen. Die bereits am Boden liegenden Bälle zermalmte er unter seinen Füßen bei jedem Schritt. Dann wollte er den Spiegel einschlagen und rannte auf ihn zu. Als er das erste Mal gegen sprang, blieb mir das Herz stehen. Ich hatte tatsächlich Angst, er würde es schaffen.

Er schaffte es nicht. Stattdessen hinterließ er jedoch einen Sprung in der Scheibe. Viele Versuche hätte er nicht mehr gebraucht.

„Wir müssen hier raus", warnte ich den Gelehrten neben mir.

„Das ist Panzerglas", winkte dieser jedoch meine Befürchtung beiseite. „Nicht mal er wird dieses Glas zu Bruch bringen."

„Er hat eine massive Steinmauer durchbrochen", erinnerte ich ihn. „Und die Scheibe hat bereits einen Sprung. Noch höchstens drei weitere Versuche und sie wird zerbrechen."

„Was ist, wenn er vorher seinen alten Zustand zurückerlangt?"

„Das ist äußerst unwahrscheinlich, da er gerade das Ziel hat, den Spiegel zu durchschlagen und es tatsächlich Resultate zeigt." Ich deutete auf den kleinen Riss im Panzerglas.

Nick stand uns direkt gegenüber. Er starrte uns mit seinen leuchtenden Augen an und schniefte wie ein Bulle, der nur noch auf den perfekten Augenblick wartet, um seine Beute aufzuspießen. Dann rannte er wieder die kurze Strecke bis zum Spiegel und sprang dagegen.

Aus dem kleinen Riss in der Scheibe wurden Millionen große.

„Beim nächsten Versuch wird das Glas nicht mehr halten", drang ich den Gelehrten und er gab endlich nach.

Wir verließen den Raum mit dem Starken und verschlossen die schwere Stahltür von außen mit einem Knopfdruck.

Noch gerade rechtzeitig. Mit einem lauten Scheppern hörten wir, wie das Glas zersprang und die Scherben auf dem Boden regnete. Dann hämmerte es an der Stahltür vor der wir standen.

‚Bitte, hör auf Nick', bat ich still. ‚Erlange die Kontrolle über deinen Körper zurück.'

Doch das Hämmern hörte nicht auf.

Der Gelehrte führte mich in einen Kontrollraum, nur ein paar Türen weiter. Doch weit genug entfernt, dass wir sein wütendes Gebrüll nicht mehr hören konnten. In diesem Kontrollraum waren viele Bildschirme. Zwei davon für den Stressraum und den Beobachtungsraum daneben. Wir sahen wie Nick zwischen den beiden Räumen hin und her sprang und nach einem Ausweg suchte. Doch zum Glück fand er keinen. Die Türen hielten seinen wiederholten, kurzzeitigen Versuchen, sie doch noch irgendwie aufzubrechen, stand.

Irgendwann blieb er einfach mitten im Stressraum stehen und bewegte sich einige Sekunden nicht mehr. Man sah nur wie eine Wand anstarrte und dabei keuchte.

Dieses Bild erinnerte mich daran wie sein erster Kontrollverlust endete, als wir im Wald waren, nach dem er aus der Stadt ausgebrochen war, und er auch einfach keuchend dastand, bevor er plötzlich umkippte. So wie jetzt auch.

Er fiel vor ein paar Sekunden einfach so nach vorne um, ohne sich irgendwie aufzufangen.

Wahrscheinlich hat er sich dabei die Nase gebrochen, aber inzwischen ist sie auch schon wieder geheilt.

„A7E08 hat den Test nicht bestanden und somit wird es uns leider nicht möglich sein, ihn weiter auszubilden und in den Krieg einzusetzen", beschließt der Gelehrte.

„Sie hätten mit etwas Leichteren anfangen sollen", werfe ich ihm ruhig vor und er wendet den Kopf zu mir.

„Mit was hätten wir den ihrer Meinung nach anfangen sollen?"

„Er hat einen starken Hass gegen alle Besetzer entwickelt, seit er so geworden ist. Er sieht uns nicht direkt als seinen Feind, aber als die, die mit ihm spielen, so wie sie wollen. Er weiß, wir haben ihn aufgezogen und er weiß, wir haben ihn zu dieser Bestie gemacht. Und dann habt ihr ihn verstoßen. Er ..."

„Nur, weil Sie also die Einzige waren, die wagemutig genug war ihm zu folgen, hält er sie nicht für einen solchen Puppenspieler wie uns?", unterbricht er mich.

„Er kennt mich schon seit Jahren und ich war es schließlich auch, die ihm all das erzählt hat. Er vertraut mir. Und zwar nur mir. Vertrauen ist für Menschen sehr wichtig. Wenn er den Besetzern mehr vertrauen würde, dann wird er auch weniger Gründe haben, um einfach so zu explodieren. Wir brauchen ihn."

„Nun gut. Wie soll es funktionieren, dass er uns mehr Vertrauen schenkt?"

„Zuerst in dem er noch eine Chance bekommt."

„Gut, er bekommt noch eine Chance. Was noch?"

„Des Weiteren müssen wir ihm beweisen, dass er nicht nur ein missratenes Experiment ist, sondern ein anerkanntes Mitglied unserer Gesellschaft. Das bedeutet keine Geheimnisse mehr. Er muss die Wahrheit über Timo erfahren."

Der Gelehrte neigt den Kopf leicht zur Seite. „Er weiß es noch nicht?"

„Nein. Ich weiß es selber erst, seit wir wieder hier sind. Und ich bin der Meinung, dass er es nicht von mir erfahren sollte."

Mein Blick wandert zum Bildschirm. Nick ist gerade dabei wieder auf zu wachen. Er regt sich langsam und stütz sich dann auf seine Arme.

„Was ist, wenn er die Kontrolle verliert, wenn er es erfährt?", fragt mich der Gelehrte.

„Das wird er nicht, solange er es von Timo persönlich erfährt."

Besetzeraugen (Band 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt