Der siebte Tag ~ Misstrauen

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Der siebte Tag ~ Misstrauen

Ich werde durch das Rascheln von Steinen geweckt. Augeblicklich richte ich mich auf und greife nach meiner Axt. Ich halte sie fest umklammert und sehe mich auf. Als ich jedoch nur Rufus sehe, der sich am Wasser zu schaffen macht, atme ich auf.

"Morgen.", sage ich ruhig, jedoch noch immer mit schmerzhaft pochendem Herz. "Guten Morgen." Er dreht sich zu mir und schenkt mir ein liebevolles Lächeln. "Du hast mich erschreckt.", erkläre ich. "Oh, das wollte ich nicht.", erwidert er. Ich mache eine Handbewegung, als würde ich etwas weg werfen. "Kein Problem."

Wir setzen uns an den kleinen Bach. Rufus hat auch eine Flasche, füllt sie auf und trinkt einen großen Schluck. Ich tue es ihm gleich. "Glaubst du es wird ein Festmahl geben?", frage ich erfürchtig. So wollen sie die Tribute zusammen treiben. Es soll so etwas wie ein Showdown sein, zumindest habe ich das immer so aufgefangen. "Ich weiß nicht. Ich glaub schon, wenn wir nicht mehr so viele sind."

Ich nicke und beiße mir fest auf die Lippe. "Was hast du eigentlich noch so für Sachen?", frage ich. Rufus blickt mich einen Moment an, ein Lächeln im Gesicht, dann wendet er sich dem Rucksack zu. Ich vertraue ihm voll und ganz. Ich weiß nicht was mich dazu bewegt, aber er scheint kein Verräter zu sein. "Also...", sagt er mit gespielter Dramatik in der Stimme. "Hier hätten wir einmal ein Seil, eine Plane, ein Messer, die Flasche und mehrere Tüten getrocknetes Obst."

Abwesend nicke ich und sehe auf die Sachen hinab. Ein Seil. Ich ziehe scharf Luft ein und springe auf. Meine Axt halte ich so fest umklammert, das meine Knöchel weiß heraus stehen. Mein Körper ist vollkommen gespannt. "Wehe du bewegst dich.", blaffe ich. "Ich schwöre das ich dich dann töte!" Auch wenn ich vollkommen gespannt bin, zittere ich wie Espenlaub, meine Beine fühlen sich an wie Wackelpudding.

Habe ich mich doch in ihm getäuscht? "Johanna... wie...was? Was ist denn in dich gefahren?", fragt er irritiert. Ich schüttle heftig mit dem Kopf, sodass mein Zopf auf und ab wippt. Ich muss nachdenken. "Das warst du! Du...du..." Mein Kopf fängt schmerzhaft an zu pochen. Werde ich jetzt etwa wirklich noch verrückt. "Was soll ich gewesen sein?", fragt Rufus, nun deutlich blasser im Gesicht als zuvor.

Ich atme einmal tief durch, richte die Axt noch immer auf ihn auf. Er bedroht mich jedoch nicht. Sein Bogen liegt ein ganzes Stück von ihm entfernt. "Das mit dem Seil...Du wolltest mich töten!" Heiße Tränen brennen in meinen Augen, die ich aber sofort weg blinzle. Die Schwäche werde ich mir nicht durchgehen lassen. Ich werde unter keinen Umständen weinen, nicht in dieser verdammten Höllen Arena. Und vorallem nicht vor den Bewohnern des Kapitols und auch nicht vorallen Distrikten Panems!

"Johanna...", sagt er knapp und schüttelt mit dem Kopf. Er lächelt besänftigend. "Ich war das nicht...Wirklich." "Wieso sollte ich dir vertrauen?", frage ich schneidend, fast so scharf wie die Klinge des Messers auf den Boden. Rufus könnte sie leicht greifen und nach mir werfen. Ich beiße mir fest auf die Lippe. "Weil ich dich kenne...und weil ich dir von mir erzählt habe!" Noch immer sitzt er am Boden, rührt sich keinen Zentimeter. "Das können Lügen sein!" "Die Sache mit meiner Mutter würde ich mir nicht ausdenken!" Ich mustere ihn mit zusammen gekniffenen Augen. Seine Miene ist entrüstet. Er schaut so, als hätte man ihm ein Messer in den Rücken gestochen.

The Survivor: Johanna Mason | THG ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt