Trautes Heim, Glück ? - Oh nein!

2.6K 177 6
                                    

Trautes Heim, Glück ? - Oh nein!

Ich liege in meinem Bett. Meine Beine sind an mich gezogen, während die Decke eng um mich geschlungen ist. Milena liegt neben mir. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen betrachte ich sie. Ich bin heilfroh, wieder hier zu sein...Sie sieht so friedlich aus. Vorsichtig streiche ich meiner kleinen Schwester eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie ist viel zu schnell groß geworden. Wahrscheinlich wäre ihr das vor den anderen peinlich, aber jetzt bekommt sie hat nichts davon mit.

Tränen brennen in meinen Augen. Ich habe es geschafft. Es ist immer noch nicht zu fassen. Ich kann einfach nicht realisieren das alles echt ist. Am liebsten würde ich ohne Pause heulen, doch cih kann mich gerade noch so beherrschen. Wenn ich weinen würde, dann würde ich meine Familie unglücklich machen und das soll auf gar keinen Fall passieren, da ich unendlich froh bin das ich endlich wieder bei ihnen zu sein.

Nach einiger Zeit beschließe ich auf zu stehen. Ein wenig Normalität kann ja nicht schaden. Ich wasche mir das Gesicht, putze mir die Zähne, binde meine Haare zusammen und werfe mir einfach Kleidung über. Anschließend gehe ich die Treppe nach unten und beginne den Tisch zu decken. Meine Eltern scheinen auch noch zu schlafen.

Ich stelle alles auf den Tisch, so wie früher immer. Mir wird ganz warm, wenn ich darüber nach denke. Jetzt kann alles wieder so wie vor den Spielen werden. Ich kann glücklich sein. Unwillkürlich steigen mir Tränen in die Augen, doch diesmal kann ich nichts dagegen tun. Ich lasse sie einfach fließen und beginne zu weinen. Ich weine so, als wäre ich ein kleines Kind, heule vor mich hin.

Es dauert eine ganze Zeit lang, bis ich mich endlich wieder beruhigt habe. Ich hole einfach tief Luft und streiche mir die Tränen aus dem Gesicht. Diese Schwäche an mir kann ich nicht leide. Mein Problem ist das ich Gefühle habe, wenn diese nicht vorhanden wäre, dann hätte ich nichts zu befürchten. Ich würde einfach leben, ohne jeglichen Schmerz. Diese Vorstellung ist erschreckend und verführerisch zugleich.

Ich wende den Blick von dem Esstisch ab und schnappe mir ein wenig Geld, damit ich Brötchen vom Bäcker holen kann. Durch meinen Gewinn haben wir noch mehr Geld als ohne hin schon, weshalb wir auf nichts mehr verzichten müssen. Eigentlich könnten meine Eltern auch ganz aufhören zu arbeiten, aber dann würden sie nur gelangweilt zuhause rumsitzen und das ist auch nicht der Sinn der Sache. Geld macht nicht immer glücklich.

Mit ein paar schnellen Handgriffen habe ich meine Schuhe zu gebunden und mir meine Jacke übergeworfen. Ich vergrabe meine Hände in den Taschen und schaue auf meine Füße. Ein komisches Gefühl breitet sich in mir aus, während ich meinen Distrikt durchquere. Die letzten Wochen habe ich alles vermisst. Das wird mir erst jetzt- ziemlich schmerzlich- bewusst.

Gerade will ich die Tür zum Bäcker aufziehen, da kommt mir ein Mann entgegen. Ich kenne ihn nicht, aber er schenkt mir ein Lächeln. Anschließend hält er mir die Tür auf. "Dankeschön.", lächle ich. Die Bäckerin selbst, Romilda Rosewell, ist ebenso höflich. All diese Warmherzigkeit hat mir wirklich gefehlt, aber ich weiß auch nicht was ich erwarte. Es ist irgendwie klar das man in den Hungerspielen nicht bitte und danke sagt, wenn man sich ermordet. Bei dem Gedanken daran rutscht mir mein Herz in die Hose, mir wird ganz schlecht.

The Survivor: Johanna Mason | THG ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt