„Wir wollen los", wurde ich schließlich von einer rufenden Josefine geweckt. Mit einem Blick auf mein, mittlerweile voll aufgeladenes, Handy stellte ich fest, dass es bereits halb neun war und gähnend streckte ich mich einmal in dem frisch bezogenen und verdammt bequemen Bett. Eigentlich hatte ich mich nach dem Abendessen, bei dem ich Chris - einem netten ebenso freundlichen Mann, wie seine Frau und Kinder es waren - kennengelernt hatte, nur kurz in meinem Zimmer ausruhen. Da Josefine bereits bei besagtem Abendessen verkündet hatte, dass wir um halb neun losfahren wollten, hatte ich beschlossen, dass es sich nicht lohnte, die Augen zu schließen, schließlich war das erst vor einer und einer halben Stunde gewesen. Doch mal wieder hatte mein Körper andere Pläne als mein Gehirn gehabt und so war ich, als ich mich in mein Bett gelegt hatte und beschlossen hatte, meine Augen kurz zu schließen, recht schnell eingeschlafen. Überhaupt war es ein Wunder, dass ich wach geworden war, als Josefine gerufen hatte, da ich sonst einfach immer durchschlief und von nichts und niemandem geweckt werden konnte.
Es dauerte noch ein paar Sekunden, bis ich realisierte, was Josefine durch das Haus gerufen hatte und fluchend sprang ich auf. Zum Glück konnte ich mich auf mein Adrenalin verlassen, das mich die Müdigkeit, die ich verspürt hatte, innerhalb von drei Sekunden vergessen ließ. Schnell strich ich mein T-Shirt glatt, kramte meine Bürste aus dem Rucksack, der immer noch verschlossen auf dem Boden stand und kämmte mir in Rekordzeit meine braunen Locken, ohne in den Spiegel zu schauen, der den Schrank schmückte und band sie mit dem Haargummi, das ich immer um meinen Arm trug, zu einem Zopf zusammen. Meine Kameratasche zog ich ebenfalls aus dem Rucksack und hängte sie mir um die Schultern, bevor ich das Zimmer verließ. Im Flur warteten bereits Josefine, Chris und Mia auf mich, während Jonas zeitgleich mit mir die Treppe hinunterstürmte.
„Sorry, ich bin doch eingeschlafen", sagte ich, ein wenig außer Atem und beeilte mich dann, in meine Chucks zu schlüpfen und sie zuzubinden.
„Alles gut", beruhigte Chris mich und ich hörte ein Lächeln aus seiner Stimme heraus. „Hast du denn gut geschlafen?"
„Ja doch, könnte man so sagen", meinte ich und grinste ihn an. „Das Bett ist sehr bequem."
Chris grinste zurück und ich stand auf. Jonas war mittlerweile auch fertig angezogen und so scheuchte Josefine uns alle aus der Eingangstür nach draußen.
„Habt ihr alle Jacken dabei?", fragte sie dann allerdings und Jonas, Mia und ich drehten um. Meine Lederjacke schnappte ich mir schnell vom Haken, während Jonas und Mia die Treppe hoch stürmten und beide mit einer Sweatshirtjacke wieder runter kamen.
Kurze Zeit später saßen wir alle im Auto, ich wurde quasi dazu gezwungen, auf dem Beifahrersitz zu sitzen und so quetschten sich Josefine, Mia und Jonas auf die Rückbank, während Chris auf dem Fahrersitz den Motor startete.
Während der Fahrt bemerkte ich wieder, dass wir uns in einer Großstadt befanden und nicht in einem kleinen Kaff, wie Rheine es mit seinen 80.000 Einwohnern meiner Meinung nach war.
„Wie viele Einwohner hat Dresden?", fragte ich neugierig zu Josefine nach hinten, die mir innerhalb von Sekunden die Antwort entgegen schleuderte.
„Ungefähr 553.000", sagte sie. „Jedenfalls war das der Stand im Dezember 2016. Da kommen noch ein paar Zerquetschte drauf, aber die kann ich mir nicht merken."
Ich grinste leicht und sah dann wieder die Straße an, die wir entlang fuhren. Das waren ungefähr sieben Mal so viele Einwohner wie meine alte Heimatstadt besaß, die, an Einwohnerzahl gemessen, die Größte im Kreis Steinfurt gewesen war. Manch einer bezeichnete schon Rheine als Großstadt, wobei ich diese Leute nie verstehen konnte. Denn wirklich etwas zu bieten hatte Rheine nicht. Klar, Arbeitsplätze gab es und auch eine Innenstadt. Allerdings war die zwar schön, aber nicht so, dass man dort unbedingt hin musste. Auch zum Shoppen war diese nicht sonderlich geeignet, sie konnte zwar mit der Emsgalerie punkten und auch an der Emsstraße befanden sich das ein oder andere Geschäft und es gab drei Drogerien, aber gegen Münster oder Osnabrück kam die Stadt doch nicht an.
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Die Suchenden
RomanceNach der Schule bricht sie von zuhause aus. Eine Reise durch Deutschland beginnt - durch schöne und nicht ganz so schöne Städte, durch Berge und an der Küste entlang, durch bekannte Großstädte und unbekannte kleine Dörfer. Immer mit einem Ziel: ein...