Kapitel 21

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„Ich fand trotz allem den Hamburg Aufenthalt schön", sagte ich zu Mara, als wir am nächsten Tag mittags in der Bahn in Richtung Cuxhaven waren.

„Ich auch", sagte Mara. „Auch wenn ich Potsdam trotz des Endes schöner fand."

„Echt?", fragte ich sie und sie nickte.

„Im Gegensatz zu dir hatte ich nicht das Glück, nette Zimmergenossen zu haben", erinnerte sie mich und ich nickte. Und das war auch genau das Grund, aus dem wir weiter gezogen waren. Sie hatte wirklich überhaupt keinen Bock mehr auf ihre Zimmergenossen gehabt, die am gestrigen Abend wohl laut Musik gehört hatten und nicht dazu bereit waren, diese auszumachen, damit Mara schlafen konnte – was sie aber gerne wollte – und so kam es dazu, dass ich gerade fast eingeschlafen war, als es an unserer Tür geklopft hatte und Mara mit Decke und Kissen davor stand. Sie hatte die Nacht neben mir in meinem Bett verbracht und mich dann am nächsten Morgen früher als sonst geweckt, sodass wir schon um halb zehn auf dem Weg zu den Landungsbrücken waren. Wir hatten eine Hafenrundfahrt, die uns nicht nur durch den Hafen führte, sondern auch durch die Speicherstadt und dadurch, dass die Sonne noch nicht so hoch stand wie mittags war es sehr schön gewesen. Bereits am Morgen hatten Mara und ich ihre Sachen aus ihrem Zimmer geholt – sie hatte sich geweigert, noch einmal alleine in ihr Zimmer zu gehen und ich war mir ziemlich sicher, dass ihre Mitbewohner nicht nur ziemlich laut gewesen waren sondern auch noch irgendetwas anderes, weitaus schlimmeres getan hatten. Doch ich sprach sie nicht darauf an und vertraute darauf, dass sie es mir erzählen würde wenn sie bereit dazu war und war einfach ohne Fragen mit ihr in das Zimmer gegangen um ihre Sachen zuholen. Ihre Mitbewohner waren nicht da, Mara schien das zu erleichtern. Ich war einerseits froh gewesen, dass sie nicht da waren, andererseits aber auch enttäuscht, da ich sie gerne wenigstens gesehen hätte. Dennoch war das der Moment, in dem ich vorschlug, weiterzufahren und ich konnte an Maras Augen ablesen, dass sie mir dankbar war.

Und sie hatte dann beschlossen, dass sie ihr Versprechen an mich hielt und wir ans Meer fahren würden. Nach Cuxhaven, einfach, weil es einen Zug gab, der dorthin fuhr und das die erste Stadt gewesen war, die Mara eingefallen war. Und jetzt saßen wir im Zug, nebeneinander, ihr Kopf auf meiner Schulter und mein Kopf auf ihrem Kopf. Der Zug wurde immer voller je länger wir fuhren. Es war warm und anscheinend waren wir nicht die einzigen, die unbedingt ans Meer fahren wollten. Außerdem war Freitag Mittag was hieß, dass es sich anbot, mal eben für ein Wochenende ans Meer zu fahren.

Als Mara und mir das aufgefallen war, hatten wir sofort in der Jugendherberge in Cuxhaven angerufen und uns zwei Betten reserviert und nicht wie sonst einfach auf gut Glück bei unserer Ankunft nachgefragt. Und wir hatten Glück gehabt, denn die Rezeptionistin hatte uns so gerade eben noch Betten freihalten können.

„Ich freue mich auf das Meer", sprach ich meinen Gedanken laut aus.

„Du magst Gewässer jeglicher Art gerne, oder?", fragte mich Mara und ich nickte.

„Ich finde es einfach faszinierend, das ist alles", behauptete ich dann und sie nickte nur, was sich an meiner Schulter komisch anfühlte. „Außerdem kann man darin schwimmen. Und ich mag schwimmen."

„Ist mir aufgefallen", sagte Mara grinsend. „Warst du auf deiner Suche mittlerweile schon irgendwo, wo es kein Wasser gab? Beziehungsweise, wo du es dir nicht angeguckt hast und Fotos von gemacht hast?"

„Äh", machte ich ahnungslos und dachte dann kurz zurück an all die Städte in denen ich schon gewesen war. „Tatsächlich nicht, nein."

Mara lachte leise und auch auf meine Lippen hatte sich ein Lächeln geschlichen.

„Aber ich war noch nicht am Meer", verteidigte ich mich. „Also wird es eindeutig Zeit."

„Na wenn du das sagst", sagte Mara grinsend.

Die SuchendenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt