Kapitel 5

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„Kannst du Haare flechten?", fragte mich Mia direkt am nächsten Tag, als wir beim Mittagessen saßen. Jonas war nicht da, er hatte lange Schule und würde sich in der Mittagspause einen Döner holen. Stattdessen saß Chris mit am Tisch. Es gab Pfannkuchen, die ich mit Josefine zusammengemacht hatte. Mein Favorit waren eindeutig Käsepfannkuchen, von denen ich bereits den dritten verschlang, als mich Mia ansprach. Unter einiger Mühe schluckte ich das Stück, das ich in meinem Mund hatte und das relativ groß war, hinunter, bevor ich ihr antwortete.

„Ja klar, warum fragst du?"

„Na, weil ich jemanden brauche, der mir am Wochenende meine Haare macht", meinte sie grinsend.

Mit fragend hochgezogenen Augenbrauen sah ich sie an und sie sah flehend zurück.

„Wofür überhaupt?", fragte ich, bevor ich ihr zusagte und es am Ende bereuen würde. Würde ich zwar nicht, da war ich mir sicher, aber ich wollte trotzdem erst Bescheid wissen.

„Hat dir Mama noch nichts davon erzählt?", fragte Mia mich und riss erschrocken ihre Augen auf.

„Nein, hab ich noch nicht", meinte Josefine, auf ihrem Gesicht lag ein Lächeln. „Aber gut, dass du mich daran erinnerst, sonst hätte ich es bestimmt vergessen. Am Samstag soll schönes Wetter werden, also haben Chris und ich beschlossen, dass es mal wieder Zeit für eine Grillparty wird."

Ich nickte und fühlte mich auf einmal unwohl, nicht wissend, woher dieses Gefühl auf einmal kam.

„Die komplette Nachbarschaft soll kommen und noch ein paar Freunde", erklärte Chris. „Du bist natürlich auch eingeladen, wenn du allerdings nicht kommen willst, kannst du auch einfach in deinem Zimmer bleiben oder in die Innenstadt fahren oder sonst was tun, wir wollen dich hier zu nichts verpflichten."

„Ich würde mich freuen", meinte ich und ein leichtes Lächeln legte sich auf mein Gesicht. Das unwohle Gefühl war so schnell wieder gegangen, wie es zuvor gekommen war. Genau definieren, woher es kam, konnte ich allerdings auch jetzt, wo es wieder weg war nicht.

„Na ja, jedenfalls kommt Luca", erklärte mir Mia und ich verstand innerhalb von Sekundenschnelle.

„Luca also", meinte ich und grinste verschmitzt, während ich mit meinen Augenbrauen vielsagend wackelte.

„Ja Luca", meinte Mia und wurde rot.

„Wie sieht er aus?", fragte ich sie neugierig. „Ich wette, er sieht gut aus. Und du stehst also auf ihn? Na, dann musst du wohl hübsch aussehen."

Sie wurde noch röter, auch wenn ich vorher darauf gewettet hätte, dass das unmöglich war.

„Bist du nicht noch ein bisschen zu jung für einen Freund?", fragte ihr Vater sie und sah sie verwirrt an. Man sah ihm genau an, dass diese Situation gerade, ihn völlig überforderte. Ein Grinsend schlich sich auf mein Gesicht, ich war gespannt darauf, was nun passieren würde.

„Papa, ich bin zwölf", sagte Mia augenverdrehend.

„Eben du bist zwölf", benutzte er das gleiche Argument wie sie und sah sie erwartungsvoll an.

„Mit zwölf ist es nicht mehr verboten, einen Freund zu haben", sagte Mia. „Immerhin war ich schon im Kindergarten ein paar Mal verlobt und das hat euch ja auch nicht gestört."

Das Grinsen auf meinem Gesicht wurde noch breiter, als ich das hörte. Oh ja, im Kindergarten war ich auch ein paar Mal „verliebt" gewesen, wobei ich darüber heute meist nur noch lachen konnte. Es gab ein Alter, indem ich mich für meine Kindergartenzeit und auch die ersten zwei Jahre meiner Grundschulzeit geschämt hatte, doch die war mittlerweile vorbei und ich fand es einfach nur noch süß. Das war zu der Zeit gewesen, in der ich noch dachte, dass man jeden, den man gerne mag sofort liebte, aber nur die Jungs. Zu der Zeit war mir einfach noch nicht klar, dass ich auf Mädchen stand, was ich zugegebenermaßen erst recht spät herausgefunden hatte. Einige der Leute in meinem Freundeskreis waren da deutlich schneller als ich gewesen.

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