Kapitel 25

173 24 9
                                    

Mit geschlossenen Augen lag ich in meinem Bett und versuchte, meinen Traum irgendwie zu verarbeiten. Ja, vielleicht hatte irgendein Teil von mir beschlossen, mich in Mara zu verlieben. Vielleicht hatte dieser Teil und vielleicht noch ein anderer Teil dafür gesorgt, das zu realisieren. Und vielleicht akzeptierte ein weiterer Teil meines Körpers das auch. Aber das hieß noch lange nicht, dass ich bereit für eine Beziehung war. Denn das war ich nicht, was mir bewusst wurde, als meine Atmung immer flacher und schneller wurde. Der Großteil meines Körpers war noch nicht bereit, zu akzeptieren, das ich verliebt war. Ich konnte nichts mit Mara anfangen. Nicht, nachdem wir uns gerade erst kennengelernt hatten. Nicht, nachdem wir so viel Spaß miteinander hatten. Nicht, nachdem sie mich geküsst hatte und ich sie daraufhin ignoriert hatte.

So war meine Suche nicht geplant gewesen. Gut, sie war mehr oder weniger so geplant, gar nicht geplant zu werden, aber dennoch hatte ich klare Vorstellungen davon gehabt, was passieren sollte. Aus Rheine weg, dann durch Deutschland reisen, erst durch den Norden, dann durch die Mitte und letztendlich in den Süden. Und irgendwo einen Ort finden, der mir so gut gefiel, dass ich dableiben wollte. In jeder Stadt wieder neue Leute kennenlernen und eventuell Kontakt halten. Aber nicht jemanden mitnehmen. Nicht mich verlieben. Nicht mich an jemanden binden, den ich eigentlich fast gar nicht kannte.

Was hatte ich nur getan?! Die Suche war zu einer Reise geworden. Einer Reise mit einer Freundin. In die ich mich dann verliebt hatte. Mein ursprünglicher Plan war komplett aus meinen Augen verschwunden. Scheiße.

Wie sollte ich mich denn noch auf meine Suche konzentrieren können, wenn Mara die ganze Zeit bei mir war und ich mich auf nichts anderes als sie konzentrieren konnte? Genau. Gar nicht. 

Ich musste weiterziehen. Und zwar alleine. Mir blieb gar keine andere Wahl. Jedenfalls fiel mir auf die Schnelle keine andere Option ein. 



Zugegebenermaßen hatte ich es nicht über mich gebracht, mich persönlich von Mara zu verabschieden. Zu groß war die Angst, dass ich mich doch noch umentscheiden würden und bei ihr bliebe. Stattdessen hatte ich ihr einen Brief geschrieben und ihn neben ihr Bett gelegt. Sie würde ihn finden, sobald sie aufwachte. Aufwachte und bemerkte, dass ich nicht mehr da war. Was hatte ich nur getan? Ich hatte es ihr nicht einmal erklärt. Nur wage angedeutet, dass ich nicht mehr mit ihr weiterziehen konnte. Dass ich Zeit für mich brauchte. Dass es mir gut ging. Dass ich mich bei ihr melden würde. Vielleicht.

Sie musste mich für komplett Feige halten. Ich hatte es ja nicht einmal geschafft, ihr persönlich zu sagen, was passiert war. Vielleicht suchte sie auch die Schuld bei sich selbst. Wie sie es immer tat. Weil sie viel zu lieb war, um irgendwem anders die Schuld zugeben. Um einzusehen, dass sie nicht für alles immer verantwortlich war. Die Entscheidung, die ich getroffen hatte, hatte zwar mit Mara zu tun, aber sie war nicht schuld. Eher im Gegenteil. Ich war Schuld. Sie war nur zu gut, um sich nicht in sie zu verlieben. Und ich hatte wirklich Angst, dass sie sich etwas antat, weil ich Scheiße gebaut hatte. 

Als ich im Zug saß, fing ich wirklich an, zu überlegen, ob ich nicht doch die falsche Entscheidung getroffen hatte. Ob ich bei Mara hätte bleiben sollen. Bei Mara, die mir so viel bedeutete. Der ich vertrauen konnte. Mit der ich nicht alleine war. Die mit mir nicht alleine war. 

Andererseits waren wir beide erwachsen – mehr oder weniger. Sie würde es ohne mich schaffen. Hoffte ich. Und ich würde mein bestes geben, es auch ohne sie zu schaffen.


Gedankenverloren verließ ich in Bremerhaven-Lehe den Zug und stieg in einen um, der mich nach Bremen bringen würde. Es war Zeit, dass ich mich ablenkte von meinen Gedanken, die sich nur um Mara drehten. Und wo konnte man das besser tun, als in einer Großstadt?

Die SuchendenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt