Kapitel 8

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Wessen Augen sich zuerst abwendeten, wusste ich nicht, aber ich wusste, dass es lange gedauert hatte. Ihre Wangen waren gerötet und ich wollte gar nicht erst wissen, wie ich wohl aussah und löste schnell meinen Griff, damit es nicht zu peinlich zwischen uns wurde.

„Willst du Fotos machen?", fragte Mara mich und räusperte sich.

Ich nickte nur und öffnete meine Tasche, aus der ich meine Kamera zog. Ich hatte bereits ein paar Fotos gemacht, als ich Mara fragte, ob sie nicht Teil der Fotos sein wolle und nachdem sie mir dieses bestätigt hatte, fragte sie mich, wohin sie sich stellen und was sie machen solle.

„Kennst du diese Profilfotos?", fragte ich sie und sie nickte.

„Ich denke mal, um wirklich Gesichtsausdrücke zu fotografieren ist es bereits zu dunkel, dafür müsste ich mit Blitz arbeiten und dann wird das Bild nicht so schön, weil ich das nicht so gut fotografieren kann. Du kannst dich einfach ans Ende des Stegs stellen und hübsch sein oder so", meinte ich, nicht genau wissend, was ich ihr sagen wollte. Wenn ich früher mit meiner Schwester fotografieren gegangen war, wusste diese immer ganz genau, wie sie fotografiert werden wollte und brauchte mich nur noch für die Umsetzung. Es war neu für mich, zu sagen, wie ich jemanden fotografiert haben wollte. Dennoch versuchte ich es.

Sie nickte und ging dann an den Rand des Steges und sah in Richtung Sonne. Eine Sekunde gestattete ich es mir, ihr Profil zu betrachten, bevor ich an den gegenüberliegenden Rand ging und sie fotografierte, wie sie in Richtung Sonne sah. Selbst ohne Gesicht und ohne wirkliche Farbe war sie wunderschön. Ihre Figur war weder zu dünn noch zu dick sondern einfach perfekt. Ich mochte sie, ohne Zweifel und hoffte, dass ich mich in Maras Charakter nicht vollends getäuscht hatte und sie in Wirklichkeit blöd war. Doch der erste Eindruck, den ich von ihr hatte, war gut gewesen, wie ein Mädchen, mit dem ich mich anfreunden könnte, wäre ich nicht auf einer Reise durch komplett Deutschland gewesen.

„Kannst du irgendwas machen?", fragte ich sie, nachdem ich ein paar Fotos gemacht hatte und das Motiv anfing, langweilig zu werden.

„Was denn?", fragte sie mich und ich meinte, Unsicherheit in ihrer Stimme ausmachen zu können. Und innerhalb vom Bruchteil einer Sekunde hatte sie sich zu mir umgedreht.

„Weiß ich nicht genau", meinte ich, nun selber unsicher. „Beweg deine Arme, dreh dich zur Seite, wenn du es dir zutraust, spring hoch, aber dann musst du mir das vorher sagen, sonst wird das Bild unscharf, fahr dir mit den Händen durch die Haare mach einfach was natürliches, was nicht gestellt aussieht. Und versuch, du selbst zu sein."

Anscheinend konnte sie mehr mit meinen Worten anfangen, als ich selber es vermutlich getan hätte und so drehte sie sich wieder, allerdings dieses Mal so, dass die Sonne von der Seite kam und änderte nach jedem Klick wieder etwas an ihrer Haltung.

„Kann ich mal versuchen, zu springen?", fragte sie mich irgendwann und ich nickte sofort.

„Natürlich", meinte ich. „Ich würde dir raten, dabei in die Sonne zu gucken, die meisten Menschen haben keinen schönen Gesichtsausdruck beim Springen und wenn ich dich dann auch noch im Dunkeln habe und dein Gesicht nur sehen kann, wenn ich später mit meinem Laptop komplett heranzoome, macht es das ganze meistens nicht besser.

Ein Lachen kam von Mara und sie drehte sich um.

„Ich zähle „eins, zwei drei, hepp" und bei „hepp" springst du dann, in Ordnung?", fragte ich sie und benutzte einfach die ganz normale Zählweise, die ich mit meiner Schwester immer benutzt hatte. Immerhin hatte ich mich mittlerweile so weit daran gewöhnt, dass ich genau wusste, wann ich abdrücken musste und an welchem Zeitpunkt die schönen Bilder entstanden. Sie nickte und ich hockte mich hin, allerdings darauf achtend, dass ich weit genug vom Stegende entfernt war, um in den Fluss zu fallen. Zwar konnte ich schwimmen, aber meine Kamera war nicht wasserfest und ich war auch nicht wirklich scharf darauf, meine Klamotten komplett nass an mir hängen zu haben.

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