Kapitel 26

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Noch am Abend des gleichen Tages beschloss ich, weiterzufahren. Es war keine gute Idee gewesen, nach Bremen zu fahren. An einen Ort, an dem viel zu viele Erinnerungen hingen, um alleine dorthin zu fahren. Egal wo ich war, überall musste ich entweder an meine Oma denken oder an Mara und der Aufenthalt hatte mich nur noch trauriger gemacht, als ich sowieso schon war und so war ich am Ende des Tages zu dem Entschluss gekommen, dass ich weiterfahren würde. Zwar hatte ich die Nacht noch in der Jugendherberge verbracht, war aber am nächsten Tag schon früh – für meine Verhältnisse sehr sehr früh –aufgebrochen und hatte mich in einen Zug gesetzt, der mich hierher, nach Oldenburg geführt hatte.

Da ich mich nicht an eine Jugendherberge binden wollte, da ich noch nicht fest entschieden hatte, wie lange ich hier bleiben wollte, schloss ich meine Sachen am Bahnhof mal wieder in einen Spind ein und lief dann nur mit meiner Kamera bewaffnet los.

Am Ende ließ ich mich einfach erschöpft auf den Rasen vor dem imposanten Schloss fallen und vergrub verzweifelt meinen Kopf in meinen Händen. Oldenburg war eine schöne Stadt, keine Frage. Dennoch konnte ich den Aufenthalt nicht genießen. Schon wieder waren meine Gedanken ununterbrochen bei Mara. Schon wieder versaute sie mir die Stimmung. Ich war mir mittlerweile ganz sicher, dass ich sie nicht hätte verlassen sollen. Und dennoch war ich mir nicht sicher, wie es dann weitergegangen wäre. Mit mir. Mit ihr. Mit uns. Und unserer Suche.

Seufzend ließ ich mich zurückfallen, tat mir dabei an meinem sowieso schon schmerzenden Kopf weh und beschloss dann, dass ich mit jemandem reden musste, der mehr Lebenserfahrung hatte als ich und mir hoffentlich helfen konnte. Meine Eltern kamen dafür im Moment nicht infrage, aber ich kannte eine Person, von der ich wusste, dass sie sich freuen würde, wenn ich sie anriefe.

Seufzend zog ich mein Handy aus meiner Tasche, entsperrte es und ließ dann meinen Finger minutenlang über dem Flugzeugsymbol schweben. In meinem Kopf wägte ich die Argumente für und gegen das Ausstellendes Flugmodi ab und drückte dann einfach zu.

Die vielen Nachrichten, die mir angezeigt wurden ignorierte ich einfach und suchte in meinen Kontakten nach Josephine, deren Nummer ich wählte, sobald ich sie gefunden hatte.

Es piepte nur zwei Mal, bevor sie sich meldete.

„Hier ist Salina", grüßte ich sie zurück.

„Salina", sagte Josephine erfreut. „Schön von dir zu hören! Erzähl, wie geht es dir? Das letzte, was ich von dir gehört habe, war, dass du jetzt mit einer Musikerin unter einer Decke steckst und versuchst, sie groß raus zu bringen."

„Auch schön, deine Stimme zu hören", gab ich zurück. „Ich habe ein Problem."

„Oh", sagte Josephine. „Okay, erzähl, ich höre dir zu."

Genau für diese Worte liebte ich die Frau, die mich in Dresden aufgenommen hatte. Die Frau, die einfach zuhörte und sich wirklich für andere Menschen interessierte. Die Frau, die jeden Ernst nahm.

„Okay, du weißt also von meiner Musiker-Freundin? Sie heißt Mara und ich glaube, ich habe Scheiße gebaut...", fing ich an und erzählte ihr dann die ganze Geschichte rund um Mara. Fing an dem Moment an, wo ich sie kennengelernt hatte, dann, wie wir beschlossen hatten, gemeinsam weiterzuziehen, von dem Kuss, dem Ignorieren, dem Spaß den wir hatten, davon wie ich mich in sie verliebt hatte und dass ich danach weggefahren war. Und Josephine hörte mir zu, ohne mich auch nur einmal zu unterbrechen, auch, wenn ich spüren konnte, dass sie dies gerne getan hätte.

„Und jetzt, sagst du, hättest du sie niemals alleine lassen sollen?", hakte Josephine nach, als ich fertig war, meine Geschichte zu erzählen.

„Ja", stimmte ich zu. „Ich meine..."

Die SuchendenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt