Das ist mir jetzt ehrlich gesagt ein wenig peinlich, dass ich ausgerechnet die Art Fehler mache, die mich bei anderen ziemlich aufregen. Wie ihr im Titel sehr geht es um Privilegien, genauer gesagt, um die Privilegien, die wir uns bewusst machen sollten. Und diesmal aus den verschiedenen teils privilegierten teils diskriminierten "Rollen", die ich einnehme. Als Non-Binary afab, als Person, der die Pronomen egal sind, als als binärgeschlechtlich gelesene, als aroace aber auch als weiße und katholisch getaufter Agnostiker. (Entschuldigt, dass ich so zwischen den Pronomen springe.)
Wisst ihr, ich rege mich immer total auf, wenn es heißt, es gebe keinen Rassismus gegen weiße, sehe dann aber Heterophobie als eine Art satirische Antwort auf Queerfeindlichkeit und da kann ja irgendwas nicht stimmen. Ich habe also beschlossen, mich mal mit allen Privilegien die ich habe zu konfrontieren, denn ich habe welche und das vergesse ich wenn ich meine Beiträge schreibe oft genug.
Also los geht's:Ich bin Non-Binary afab und Frauen haben in der Regel weniger Probleme in der Gesellschaft wenn sie sich entgegen des Rollenbildes verhalten, wenn sie nicht mehr Feminin sind. Dann sind sie stark und Vorbilder und ganz toll solange sie nicht zu maskulin sind, was bei mir nun mal nicht der Fall ist. Verhält sich ein Mann nicht maskulin wird das oft als schlimmer angesehen, als feminin und dem Mann wird sofort eine Sexualität zugeschrieben. Ich als nicht feminine "Frau" bin einfach modern, der nicht maskuline Mann hat von der gesellschaftlichen Akzeptanz her weit mehr Probleme, ich nahezu gar keine.
Man sieht: hier bin ich privilegiert.Dazu kommt, dass mir meine Pronomina fast schon egal sind, ich nicht misgendert werden kann. Hier mal ein kleines Beispiel:
Ein Kind im Bus meinte mal, mich daran erinnern zu müssen, dass ich ein Mädchen bin. Mir macht das nichts aus. Einem Freund (FtM/Non-Binary) ist dasselbe passiert als sier keinen Binder trug, sier hatte daraufhin Disphorie und hat sich ohne Binder unwohl gefühlt, vor diesem Kommentar ging das ohne Probleme.
Und wieder: hier bin ich privilegiert.
Dasselbe gilt übrigens fürs deadnaming, ich habe keine Probleme wenn ich bei meinem Geburtsname angesprochen werde, etwa in der Schule. Menschen die damit aber schlechte Erlebnisse verbinden, sich dadurch nicht repräsentiert fühlen, dadurch als das falsche Gender angesehen werden, geht das ganz anders.
Außerdem werde ich als binärgeschlechtlich gelesen, weshalb es mir noch nie passiert ist, dass mir gesagt wurde, mein Gender existiere nicht, es sei ein Trend, nicht bewiesen, eine Phase.Ich werde nie öffentlich wegen meiner Sexualität angefeindet werden, immerhin muss ich es Leuten schon direkt sagen, damit sie merken, dass ich nicht hetero bin. Ich habe die Möglichkeit, mich zu entscheiden, wem ich das anvertrauen möchte. Bei anderen Sexualitäten kann die Beziehung darunter leiden, sie können normale Dinge wie Zuneigung zu zeigen nicht machen ohne sofort mit Diskriminierung rechnen zu müssen. Damit mir das passiert, muss ich mir schon ein Schild mit meiner sexuellen/romantischen Orientierung fett draufgeschrieben umhängen.
Ich bin katholisch getaufter Agnostiker (komischerweise habe ich keine Taufurkunde, war aber definitiv bei der Kommunion, wofür ich getauft sein muss), gehe nicht in die Kirche, hatte mal Religionsunterricht und keiner macht mich deshalb dumm an. Christ sein ist hier Standart und Agnostiker sein zumindest salonfähig.
Und mein größtes Privileg ist ganz klar dass ich weiß bin. Auf offener Straße werde ich niemals dazu aufgefordert werden, dahin zurückzukehren wo ich herkomme, ich werde nicht als jemand der gesehen, der unrechtmäßig hier ist, ich werde nicht auf den ersten Blick hin abgewertet werden. Und auch wenn das hier in Deutschland nicht so ein großes Problem, wie etwa in den USA, ist, werde ich nie wegen meiner Hautfarbe unter Generalverdacht gestellt werden.
Mögliche Probleme wegen meines ausländischen Nachnamens könnte ich dennoch bekommen, er ist einfach unaussprechlich für die meisten und fast niemand kommt darauf, woher ein Teil meiner Familie stammt, den Niederlanden. Da internationale Namen aber immer normaler werden, sehe ich da kein so großes Problem.Und jetzt zum Moralapostel-Teil dieses Textes:
Es ist generell scheiße, Menschen aufgrund von Eigenschaften, die sie nicht beeinflussen können (also Herkunft, Hautfarbe, Sexualität, Geschlecht, Geschlechtsidentität(, Religion), et cetera) zu beurteilen. Es verändert ihren Charakter nicht. Sie sind dieselben Menschen wäre eines dieser Merkmale anders, bis auf die Erfahrungen, die sie deswegen machen mussten.
Diskriminierung ist niemals gerechtfertigt, egal ob gegenüber in der Regel benachteiligten oder der normalerweise Privilegierten eben wegen dieser Privilegien.
Es gibt Veranstaltungen, bei denen gezielt weiße mit Dreads oder cishetero Männer ausgeschlossen werden. Sich abzuschotten fördert Vorurteile bloß. Sinnvoller wäre es, jeden willkommen zu heißen und diejenigen, die sich diskriminierend verhalten einfach rauszuschmeißen.
Ja, auch die Mehrheit kann Diskriminierung ausgesetzt sein, nur ist sie das lange nicht so oft wie die Minderheiten. Sie werden "nur" ausgeschlossen, nicht aber verprügelt, getötet, enterbt, verstoßen, ignoriert, belächelt, als abnormal oder nicht existent angesehen. Deshalb gibt es keinen hetero Pride, deshalb gibt es keine white lives matter Proteste, deshalb gibt es keine Nicht-Behinderten Parkplätze. Es ist schlicht und einfach nicht notwendig.
Ja, man kann hier und da mal was sagen aber sich echauffieren, dass man benachteiligt wird, ist ungerechtfertigt, ignorant und respektlos.
Und nachdem ich mal ein wenig hierüber nachgedacht habe, verstehe ich viel besser, warum weiße Feministen oft sehr kritisch betrachtet werden.
Überlegt einfach mal selbst, wo ihr privilegiert seid, reflektiert und schaut dann, ob ihr euch für eure Rechte einsetzen müsst. Überlegt mal, warum es diese Sache/Veranstaltung/et cetera für die betroffene Gruppe gibt, wenn ihr es nicht wisst oder nicht drauf kommt, recherchiert.
Hier noch ein nettes Bild dazu:
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Zum Meinungsbuch mutiertes Etwas
RandomEigentlich als Buch für Unnötiges geplant, ist das hier recht schnell zu einer Plattform für meine Meinung geworden, wo ich mich aufregen kann und ein bisschen was aus meinem Leben erzähle. Inzwischen ist gefühlt die Hälfte über LGBTQIA+, wobei natü...