1. Zwei Welten

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Man kann sagen, ich wuchs in zwei Welten auf. Während mein Vater, stolzes Mitglied einer Jahrhunderte alten Zaubererfamilie, mir schon als Kleinkind einige Zauber zeigte und beibringen wollte, half mir meine Mutter, nie mit Zauberei in Kontakt gekommen bis sie meinen Vater traf, mich in der Muggelwelt zurechtzufinden. Was ich besser fand konnte ich nie sagen und war wirklich froh, beides zu kennen.

Und nun würde ich bald eine richtige Zauberschule besuchen, Hogwarts. Steven, mein Vater, freute sich fast noch mehr über den Brief als ich es tat. Noch am selben Tag schickte er eine Eule mit der Bestätigung, dass wir den Brief erhielten, obwohl wir noch über einen halben Monat Zeit hatten. Am nächsten Tag nahm mein Vater mich in die Winkelgasse um die nötigen Dinge für mein erstes Schuljahr zu besorgen. Meine Mutter wollte nicht mitkommen, was mich etwas traurig stimmte, aber ich konnte sie verstehen, denn nicht alle Zauberer sahen gerne Muggel, oder 'normale Menschen' wie meine Mutter es bevorzugte, in der Winkelgasse. Am liebsten wäre ich stundenlang durch die Gasse spaziert und hätte mir alle Läden angesehen, aber mein Vater erlaubte es mir nicht. Aber er konnte meine Neugier nachvollziehen, immerhin war ich bisher noch nie an einem Ort wie diesem. Ich sah Dinge, von denen ich nicht einmal wusste, dass sie existierten. Und vor allem sah ich so viele Hexen und Zauberer wie ich in meinem Leben noch nie sah.

Um ehrlich zu sein, freute ich mich am meisten auf den Zauberstab, da er immerhin das wichtigste Utensil war. Beim Betreten des Ladens, sah ich einen Jungen in mütterlicher Begleitung hinauskommen, der glücklich auf seinen Zauberstab hinabblickte und sogleich einen ersten Zauber ausprobieren wollte, als er von seiner Mutter gestoppt wurde. Auch den alten Verkäufer fand ich sehr freundlich und bedankte mich überschwänglich, als ich meinen Zauberstab endlich gefunden hatte. Hätte ich beim Hineingehen nicht diesen anderen Jungen gesehen, hätte ich mich wohl kaum zurückhalten zu können, einen ersten Zauber zu machen. Damit würde ich warten müssen, bis ich in Hogwarts war. 

Bis es endlich soweit war und das erste Jahr begann, feierte ich zuerst einmal meinen elften Geburtstag. Da dieser nach dem 31. Juli ist, an dem die Schulleiter den Erhalt des Briefes bestätigt haben wollten, fürchtete ich, ich müsste noch ein ganzes Jahr warten, bis ich das erste Mal nach Hogwarts durfte. Irgendwie hatte ich auch ein wenig Bedenken, da ich bisher noch nie länger als einen Tag von meinen Eltern getrennt war und sie dann drei Monate nicht sehen würde. Das beste Geschenk, das ich an diesem Geburtstag erhielt war mein eigenes Haustier, das ich mit nach Hogwarts nehmen könnte; ein junges Raufusskauzweibchen. 

"Aber darf ich sie denn überhaupt mitnehmen? Im Brief stand nur etwas von Eulen."

"Natürlich ist es erlaubt. Kauze gehören zu den Eulen und auch ich hatte damals einen Kauz als Haustier. Und weisst du was? Deine Kleine hier ist ein Enkel von dem Tier, das ich damals hatte"

"Wirklich?"

"Ja, natürlich. Mein Vater hat ihn mir geschenkt an dem Tag als das erste Trimester für mich begann." Ich lächelte und strich dem Vogel über den braunen Flaum. Er gab ein zufriedenes Geräusch von sich und lehnte sich meiner Hand entgegen.

"Sie mag mich", lachte ich.

"Selbstverständlich tut sie das", stimmte meine Mutter zu, "Hast du schon einen Namen für sie?" Für eine kurze Zeit überlegte ich.

"Olivia"

Die restliche Woche bis mein erstes Jahr begann verging viel zu langsam und ich wurde von Tag zu Tag aufgeregter. Auf dem Weg zum King's Cross Bahnhof fluchte mein Vater mehrfach über Muggelzüge und ihre Verspätung. Er schwor sich, dass er von jetzt an wieder per Flohnetzwerk nach London reiste oder apparierte und meine Mutter dann halt zu Hause liesse, wenn sie sich weigerte, mit ihm zu reisen. Ausserdem bezweifelte sie, dass sie das als 'normaler Mensch' überhaupt konnte. Aber Dad würde niemals wieder in einen Muggelzug steigen. Allerdings schwor er sich das jedes Mal, wenn wir mit einem unterwegs waren. Schliesslich kamen wir an und verluden mein Gepäck auf einen Wagen.

Lumina NoctisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt