24. Kapitel

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Zitat:

What makes things memorable is that they are meaningful, significant and colorful.

~ Joshua Foer

- Jess' POV -

Nachdem ich den Anruf beendet hatte, schlang ich verbittert meine Arme um mich. Ich legte meine Hände vors Gesicht, um meine Augen zu verdecken. Nicht weinen, Jess. Nicht weinen. Nicht vor ihm.

„Was ist denn los?"

„Lauras Mom. Sie hat einen Käufer für Dads Haus gefunden", erklärte ich, holte tief Luft und nahm die Hände vom Gesicht. „Ich soll sie später nochmal anrufen, damit wir genaueres klären."

Die Verwunderung war ihm ins Gesicht geschrieben. Matt wand zaghaft seinen Blick von mir ab und schien zu überlegen. „Hat sie gesagt, wann die neuen Besitzer einziehen wollen?"

„Nein, sie hat nicht viel Zeit gehabt und wollte mir nur Bescheid geben."

„Willst du das Haus denn nochmal sehen? Ein letztes Mal durch die Räumlichkeiten gehen?"

Damals, vor mehreren Jahren, als Lauras Mom mir die ersten vermeidlichen Interessenten vorgestellt hatte, war ich überglücklich gewesen. Es hatte sich um Personen gehalten, die einen so netten Eindruck hinterlassen haben, dass ich froh war, dass sie ab sofort dort leben würden. Es hatte sich um ein Paar mit zwei Kindern gehandelt. Beide Kinder waren noch sehr jung gewesen und sind noch in die Schule gegangen. Gleich habe ich darüber nachgedacht, wie schwer es für sie sein würde ihre Freunde zurückzulassen, aber ihnen schien das nichts auszumachen. Sie haben mit ihren Eltern darüber geredet, wie sie die Räume einrichten und das Haus dekorieren würden, wenn sie erst mal eingezogen waren und dabei die ganze Zeit über da ganze Gesicht gegrinst. So als ob sie es gar nicht mehr abwarten können würden.

Wenige Tage vor dem Vertragsabschluss hatte das Paar telefonisch abgesagt. Ohne Begründung. Für mich war eine Welt zusammengebrochen. War die vermeidliche Interesse etwa wirklich nur gespielt gewesen? Für mehrere Tage hatte ich mir Vorwürfe gemacht, wie ich nur so dumm sein hatte können.

Seit da an ist das Haus für mehrere Jahre alleine und unbewohnt gestanden. Ich wusste, dass mich Lauras Mutter nicht nur aus diesem Grund angerufen hatte, sie wollte, dass ich die Interessenten selbst kennenlernen würde. Schließlich ging es um etwas Wichtiges. Um das Haus in dem ich früher alles Glück der Welt erlebt hatte.

Dort hatte ich meinen ersten Milchzahn verloren, den ich stolz meinem Dad und den angrenzenden Nachbarn präsentiert hatte. Bei der Auffahrt zum Haus hatte ich das Radfahren gelernt. „Du schaffst das, Jessie", hatte Dad immer wieder gerufen, als ich ein paar Meter zurückgelegt hatte, bis es mich vom Rad gefegt hatte und ich runterfiel und mir meine Knie aufschürfte. Und dann hatte es Dads weltbekannten Schokoladenkuchen gegeben, damit ich mich wieder besser fühlte. „Beim nächsten Mal klappt es. Da bin ich mir sicher."

„Jess?", fragte Matt und riss mich aus meinen Gedanken. Aus meinen Erinnerungen an denen ich mich festklammerte. Immer dann, wenn die Realität erneut zu viel für mich wurde.

„Ja?"

„Dieses Mal wird alles gutgehen", versicherte er mir. „Du wirst nicht noch ein weiteres Mal so enttäuscht werden. Das hast du nicht verdient." Ich hatte Matt vor einiger Zeit, als wir noch zusammenwohnten, von dem Vorfall erzählt. Es war zwar vorgefallen als wir mit unseren Eltern in Seattle lebten, aber bekanntlich hatten wir uns nicht immer gut verstanden und unsere guten und schlechten Zeiten gehabt. Deswegen hatte ich ihm erst später davon berichtet.

„Ich hoffe es", flüsterte ich und checkte die Uhrzeit. „Ich möchte dich nicht loswerden, aber ich habe heute noch etwas vor."

„Oh, aso", murmelte er und stand auf. „Dann möchte ich dich nicht länger aufhalten." Aber das machst du doch nicht. Ich würde alles für dich stehen und liegen lassen.

Old Friend - or more?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt