Gefühlschaos

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Irritiert schaute sie den Joker an. Weil er sie mag? Also sie hatte wirklich mit allem gerechnet, aber nicht damit.
Sie konnte es sich eigentlich nicht vorstellen. Zunächst dachte sie der Joker würde sie verarschen, doch dann sah sie ihn an. Gerade wirkte er wieder beinahe zerbrechlich. Und wenn er sie wirklich mochte, dann würde er sich ihr öffnen. Und wenn er sich ihr öffnen würde, dann könnte sie ihn heilen.

“Mr. J, ich werde jetzt gehen und später noch einmal nach Ihnen sehen. Geht es Ihnen soweit gut, kann ich sie alleine lassen?“ erwartungsvoll schaute sie den Joker an, der mittlerweile auf dem boden an die Wand gelehnt saß, den Kopf zur Decke gerichtet. Dieser deutete ihr nur mit den Händen zu gehen. Er blickte nicht zu ihr auf und starrte weiter an die Decke.
Harleen seufzte, drehte sich um und ging den langen Korridor entlang. Sie musste mit Dr. Sharp reden. Sofort.

-

Er schaute erst auf als ihre Schritte kaum noch zu hören waren.
Er schlug mit der Faust gegen den Boden, immer und immer wieder und hörte erst damit auf als er ein leises knacken nach seinem letzten Schlag hörte.
Super, die Hand war nun wohl gebrochen.

'Das ist alles die Schuld dieser blonden Schlampe' flüsterte eine vertraute Stimme in seinem Kopf. 'Scheiss auf deinen Plan und töte die Bitch!' rief die Stimme.
Joker knurrte.
'Nein, du darfst Sie nicht töten. Sie könnte dich retten' flehte eine andere Stimme. Diese Stimme war neu. Sie hatte sich ohne zu fragen eingeschlichen als er Dr. Quinzel das erste mal begegnet war.
Sie war wie ein Parasit über seine Gedanken hergefallen.
Und wie so oft seit dem vorherigen Abend begannen beide Stimmen einen verbalen Showdown in seinem Kopf. Wäre er nicht bereits verrückt, so würde ihn das bestimmt in den Wahnsinn treiben.
Er knurrte erneut und schrie laut auf.
“Maul halten, aber alle beide“ schrie er die Stimmen an und hielt sich die gesunde Hand an seinen Kopf.
Augenblicklich war ruhe eingekehrt.
Wenn das so weiter ging würde es ihn
noch wirklich in den Wahnsinn treiben. Sie würde ihn in den Wahnsinn treiben.

-

Harleen trat aus der Schleuse heraus und lehnte sich gegen die nun wieder geschlossene Türe. Sie atmete ein paar mal tief ein und wieder aus.
“Alles ok?“ fragte eine Stimme und Harleen schreckte auf. Vor ihr stand Jace. Wo zum Henker war der her gekommen? Gerade hatte sie ihn zumindest nicht gesehen.
Sofort begann sie ihre Schultern zu straffen und setzte ein Lächeln auf.
“Natürlich“ sagte sie, stieß sich von der Tür ab und wollte weiter laufen, doch Jace hielt sie fest.
“Was ist da drinnen passiert? Du musst vor mir nicht die starke spielen“ sagte er zu ihr.
“Das kann ich dir nicht sagen, selbst wenn ich es wollte. Patienten Gespräche sind vertraulich, das solltest du doch wissen“ sagte Harleen freundlich aber bestimmt.
Verlegen kratzte Jace sich am Kopf.
“Ich weiß schon... aber du sahst gerade so verstört aus und... ich... nun ja, ich mache mir halt sorgen um dich.“ stammelte der blonde Wächter mit den eisblauen Augen.
Sie musste es wirklich zugeben, er war sehr attraktiv, immer noch nicht so attraktiv wie Mr. J, aber dafür, zumindest augenscheinlich, geistig gesund und auf der richtigen Seite der Zellen.

“Danke“ sagte sie sanft und legte ihre Hand auf seinen Arm. Mit dieser Geste hatte der junge Mann wohl nicht gerechnet und sein Kopf lief hoch rot an. Er lies sie daraufhin los und stolperte beinahe als er hastig zur Seite treten wollte.
Harleen musste kichern.
“Wie wäre es wenn wir einmal was gemeinsam Essen gehen?“ fragte er, noch immer mit einem roten Kopf.
Harleen musste erneut kichern.
“Gerne“ sagte sie und setze ihren Weg zum Aufzug fort.
Ein gemeinsames Essen, was konnte da denn schon passieren?

Einige Zeit später stand sie vor Dr. Sharps Büro. Sie atmete noch einmal tief ein, dann klopfte sie an die Türe.
“Herein“ ertönte die Stimme des Anstaltleiters.
“Entschuldigen Sie die Störung Dr. Sharp“ sprach Harleen als sie eintrat.
“Ah, Dr. Quinzel. Kommen Sie herein und setzen sich. Gut, dass Sie hier sind.“ sprach Dr. Sharp zu Harleens verwundern sehr freundlich. War Penelope nicht bei ihm gewesen nach dem Zwischenfall vorhin?
Sie hatte damit gerechnet einen wütenden Anstaltsleiter vorzufinden. Doch wütend wirkte er ganz und gar nicht. Eher erfreut, fasst schon verzückt.
Harleen schloss die Tür hinter sich und setzte sich ihrem Vorgesetzten gegenüber.
“Einfach großartig wie sich das ganze entwickelt hat.“ begann er zu sprechen.
Was hatte er da gerade gesagt? Harleen hatte Mühe den Zorn den sie augenblicklich verspürte unter Kontrolle zu behalten.
“Natürlich ist Dr. Young zu weit gegangen, keine Frage“ fügte er direkt hinzu. “Aber ihr Einsatz könnte womöglich dazu geführt haben, dass der Joker ihnen Vertrauen wird. Vergessen Sie was ich vorhin gesagt habe. Ich werde Sie nicht hinzu ziehen, sondern Sie zu seiner persönlichen Therapeutin abberufen. Sie werden sich intensiv mit dem Joker beschäftigen, ihn therapieren. Natürlich bedeutet dies, dass sie in die normale Schicht wechseln. Beginnend ab morgen!“ erwartungsvoll schaute er Harleen an. “Natürlich“ entgegnete sie direkt und musste einen Jubelschrei unterdrücken.
Sie hatte ohne Probleme den vorhin gefassten Beschluss bezogen auf die Therapie des Jokers durch bekommen, ohne überhaupt selber Überzeugungsarbeit leisten zu müssen.
“Ich erwarte Ergebnisse“ fügte Sharp noch hinzu und schaute sie eindringlich an.
Harleen nickte eifrig.
“Eine Bitte hätte ich da aber noch“ sagte sie an den kahlköpfigen Mann gewand.
“Die wäre?“
“Ich möchte ein eigenes Behandlungszimmer. Mit Privatsphäre. Ich denke das würde mehr Vertrauen aufbauen“ sagte sie.
Nun war es an ihr den Anstaltsleiter erwartungsvoll anzuschauen. Dieser schien kurz zu überlegen und nickte nach kurzer Zeit.
“In Ordnung. Aber zu ihrer eigenen Sicherheit: Ihr Patient steht unter Zwangsjacken Pflicht!“
Harleen nickte. Damit konnte sie leben. Und zugegebenermaßen​ würde sie sich selbst dadurch auch etwas sicherer fühlen.

Bevor Harleen sich gegen 21 Uhr auf den Weg nach Hause machte hielt sie ihr Versprechen dem Joker gegenüber und ging noch einmal in das unterste Stockwerk. Sie passierte die Schleuse und ging den langen Gang entlang, vorbei an all den anderen Zellen.
Schließlich vor der letzten Zelle angekommen blieb sie stehen. Der Joker saß noch immer an der selben Stelle auf dem Boden wie zuvor als sie gegangen war. Sie runzelte die Stirn.
Sie klopfte gegen die Scheibe woraufhin der grünhaarige langsam seinen Kopf zu ihr drehte.
Er schaute sie kurz an, drehte seinen Kopf dann aber direkt wieder weg.
'Na super' dachte Harleen. So viel zum Thema er würde sich ihr vielleicht öffnen.

Mad love - The BeginningWo Geschichten leben. Entdecke jetzt