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Ich sah den Mann misstrauisch an. Er hielt seine Hand immer noch ausgestreckt. ,,Wer sind sie?" fragte ich ihn. Er zog seine Hand langsam zurück als er merkte das ich ihm meine wohl nicht geben werde. ,,Ist deine Mutter da Liam?" fragte er und lies seinen Blick durch unser Haus schweifen. 

,,Nein ist sie nicht, und ich wüsste wirklich erst gerne wer Sie sind bevor ich Sie einfach so hier rein lasse" sagte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. ,,Komm schon Liam lass ihn rein, wir sind zuweit," flüsterte Theo ,,uns wird schon nichts passieren" 

Überzeugt von dem was Theo gesagt hatte öffnete die Tür ein kleines Stück weiter und machte dem großen Mann Platz. Er ging an mir vorbei und nickte dankend. Er sah Theo flüchtig an.
,,Die Jacke kann da hin" sagte ich und zeigte auf den Hacken. Misstrauisch verfolgte ich jeden seiner Schritte bis er wieder vor uns stand.

,,Wollen wir vielleicht in der Küche reden" fragte er und ging voraus ,,wirklich schön habt ihr es hier, du und deine Mutter, aber ich nehme an dass sie immer noch mit Dr. Greyer zusammen ist, oder?" 

 Theo und ich warfen uns einen fragenden Blick zu. ,,Ja das ist sie, aber woher wissen sie all das?" fragte ich. Er drehte sich um und seine blauen Augen warfen mir einen scharfen Blick zu. ,,Junge, ich weiß Sachen über deine Mutter und dich die wisst ihr doch nicht mal selbst" sagte er ironisch lachend und lies sich auf einen Stuhl nieder. Zögernd nahmen auch Theo und ich platz. 

Theo und ich saßen gegenüber von ihm, die Ellenbogen auf den Tisch gestützt. Keiner sagte etwas aber jeder sah den anderen an. Ich konnte ihn nirgends einordnen, er kam mir einfach nicht bekannt vor aber er wirkte dennoch vertraut.

,,Also was genau wird das denn jetzt hier, was kann ich für Sie tun, meine Mutter kommt erst in spätestens 20 Minuten, wir könnten aber natürlich auch weiter hier sitzen und uns anstarren aber wir haben doch sicher alle besseres zutun, oder Theo?" fragte ich ihn. ,,Ähm, ja" raunte er und verfolgte den Mann mit jedem Blick. 

,,Ich will nur mit dir und deiner Mutter reden, Junge," räusperte er sich ,,und bitte nenne mich Joseph" sagte er und runzelte die Stirn. 

Ich zog meine Augenbrauen zusammen. ,,Okay Joseph," sagte ich ,,dann werden wir jetzt wohl hier warten" 

Ich sah Theo an dass er angestrengt überlegte. Er zog immer die rechte Augenbraue nach oben wenn er das tat. Ich hatte diesen Ausdruck schon oft gesehen und meistens fielen ihm dann auch die richtigen Dinge ein, aber hier er schien dieses Mal im dunkeln zu tappen. 

,,Wie lange wohnt ihr schon in diesem Haus, sieht noch recht neu uns, habt ihr es selbst gebaut, gekauft oder hat es schon Dr. Greyer gehört ?" fragte er mit hochgezogener Augenbraue. Seine Hände ballte er immer wieder zu Fäusten. Wenn er sie dann aber locker lies konnte man einige Narben an den Handinnenflächen erkennen. Sie sahen den meinen, die aber immer schnell heilten, sehr ähnlich. 

,,Nein, erst seid knapp einem Jahr," erzählte ich ,,Dr. Greyer hat es mit meiner Mutter zusammen gekauft, kurz nachdem ich die Schule gewechselt habe" Er hob seinen Blick und sah mich an. ,,Du hast die Schule gewechselt, weshalb?" fragte er mich. ,,Ich glaube nicht dass sie das etwas angeht, ich kenne sie nicht mal zehn Minuten und sie fragen mich sowas" zischte ich ihn an.

Er wich mit dem Oberkörper etwas zurück und sah mich dann mit geweiteten Augen an. ,,Es tut mir leid, ich wusste nicht dass es für dich ein so großes Problem ist" entschuldigte er sich bei mir. ,,Liam komm runter" sagte Theo und griff nach meiner Hand. Ich sah ihn an und atmete einige Male tief ein und aus ehe ich meinen Blick wieder geradeaus richtete. ,,Ist schon OK" murmelte ich. 

Joseph sah meine und Theo's Hände die ineinander verschränkt waren. ,,Ich will auch ja nicht zu nahe treten," sagte er und wechselte seinen Blick zwischen unseren Händen ,,aber seid ihr beide ein Paar?" 

,,Ich, also ja wir-" ,,Wir sind zusammen aber erst seid kurzen, ist das ein Problem?" beendete Theo abrupt meinen Satz und sah unseren Gegenüber mit großen Augen auf eine eindringliche Art und Weise an, die mir an ihm komplett neu war.

,,Oh nein, absolut nicht, ich finde sowas toll, es ist einfach was Neues und entspricht ausnahmsweise mal nicht dem eingeprägten Denken der Menschen unserer Gesellschaft, in der junge Leute wie ihr nur damit abgestempelt werden das es nur eine Phase ist und ihr ja sicher irgendwann wieder normal werdet, aber alles ist auf dieser Welt normal" sagte er. Ich war sehr überrascht von der Weise wie er darüber sprach, als wenn es etwas ganz normales währe, als wenn wir etwas ganz Normales sind. 

Er lehnte sich in die Lehne des Stuhls und atmete Tief aus, dann schloss er seine Augen und versteckte ihre tiefblaue Farbe. Seine Augen waren von Haut umgeben, die sich langsam zu Falten bildeten. Er hatte sich noch einige Jahre ehe er aussieht wie meine Oma, aber ich schätze ihn dennoch auf Anfang fünfzig. Seine Haare waren Aschblond und leicht zurückgekämmt. Er war groß und kräftig gebaut. Auf seiner Haut konnte man Spuren von Kämpfen sehen, was mich echt neugierig machte. 

,,Liam, weißt du eigentlich dass er und du so einige Ähnlichkeiten habt?" sagt Theo in einem extrem leisen, heiseren Ton ,,ihr beide zieht eure Augenbrauen zusammen oder hoch  wenn ihr nervös seid oder nachdenkt" Ich sah ihn daraufhin ungläubig an. ,,Hör auf Mist zu erzählen!" sagte ich lachend und Schlug ihm mit dem Handrücken auf die Brust worauf hin ihm kurz die Luft wegblieb.

Joseph öffnete seine Augen und sah uns beide an. ,,Soll ich euch beiden mal etwas erzählen?" fragte er uns. Er lehnte sich etwas über den Tisch nach vorne. ,,Ich war mal verheiratet, wisst ihr" er lies sich wieder zurückfallen ,,Sie war schwanger von mir. Dann habe ich den größten Fehler meines Lebens begangen und zwar sie betrogen, mit einem anderen Mann, und jetzt bin ich Ende 40 und konnte mein Kind nicht einmal sehen." während er das sage wirkte er zusehend traurig. 

,,Wissen sie, ich habe meinen Vater auch nie gesehen, meine Mutter erzählt mir immer dass er damals einfach abgehauen ist um sich vor der Verantwortung eines Kindes zudrücken" erklärte ich ihm. 

Theo sah mich mitfühlend an aber der Mann vor mir sah etwas wütend aus. 

Ich hörte wie sich die Tür öffnete und einige Sekunden später meine Mutter mit Einkaufstüten im Flur stand. ,,Liam, könntest du mir bitte he-" sie sah zu uns in die Küche und lies eine Tüte fallen. Sie wurde kreidebleich und starrte den Mann an. ,,Joseph, was machst du denn bitte hier?" sagte sie mit einer zitterigen Stimme. 

Remember when...Where stories live. Discover now