Kapitel 38

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Jennie Pov

Es muss morgens sein, die genaue Uhrzeit kann ich nicht nennen, da mein Handy nach wie vor ausgestellt ist, aber das spielt im Augenblick ohnehin keine Rolle. So wohl, wie in diesem Moment, habe ich mich nämlich eine ganze Ewigkeit nicht mehr gefühlt. In Jisoos Armen liegen, während wir beide, aufgrund unserer gestrigen Aktivitäten immer noch nackt, eng aneinander geschmiegt sind, wobei lediglich ihre Decke unsere Körper bedeckt, ist unbeschreiblich. Nach all dem, was passiert ist, bin ich einfach nur froh darüber für einen Moment den Kopf freikriegen und ihre Nähe vollkommen genießen zu können und das ganz ohne schlechtes Gewissen.

Das, was wir hier tun, ist nicht länger falsch. Es gibt nur sie und mich, keine anderen Menschen, die deshalb verletzt werden könnten und aus diesem Grund fühlt es sich auch um einiges schöner an, als die letzten Male, in denen wir uns nähergekommen sind.

Wir liegen jetzt bestimmt eine ganze Ewigkeit hier und reden einfach nur und dennoch hat sie mich nicht gefragt, ob ich über den gestrigen Tag sprechen möchte, wofür ich ihr nur mehr als dankbar bin. Sie hat es nicht ausgesprochen, genauso wenig wie ich, aber wir wissen beide, dass ich den ersten Schritt machen werde, wenn ich über das Thema sprechen möchte. Im Augenblick sind meine Eltern nämlich die Letzten, über die ich reden und an welche ich erinnert werden möchte.

Meine Hand ruht auf ihrem Bauch, auf welchen ich mit meinem Zeigefinger immer wieder kleine Kreise male, während sie einen Arm um mich gelegt hat und ihre Hand immer wieder durch meine Haare wandern lässt.

„Wollen wir runter und etwas frühstücken?", fragt sie, doch anstatt etwas zu antworten, lege ich mein Bein über ihres und rücke nur noch näher, sofern das überhaupt möglich ist, zu ihr. „Noch nicht", hauche ich und schließe die Augen, ehe ich durchatme. Sie muss ein wenig lachen und legt einen Finger an mein Kinn, um es hochdrücken zu können und noch bevor ich meine Augen öffnen kann, spüre ich ihre Lippen auf meinen Eigenen. Sofort erwidere ich den Kuss, genieße die Wärme, die mich sogleich umhüllt und das Prickeln auf meinen Lippen, welches bis zu meinen Zehenspitzen wandert.

Es scheint der schönste Morgen allerzeiten zu sein, zumindest kann ich das behaupten, bis es an der Tür klopft und ich meine Augen öffne als auch mit den Augenbraue zucke. Mein Kopf scheint nicht früh genug zu arbeiten und ich denke, dasselbe gilt für Jisoo, als sie ein lautes „Ja?", hervorbringt und die Tür sich daraufhin keine zwei Sekunden später öffnet.

Um ehrlich zu sein, weiß ich gar nicht so richtig, wieso ich mich kein Stück bewege und mich nicht sofort von Jisoo losreiße, als ich meine beste Freundin sehe. Vielleicht ist es der Schock, aber vielleicht liegt es auch einfach daran, dass es sinnlos wäre. Minhee ist nicht auf dem Kopf gefallen, selbst, wenn ich mich jetzt von Jisoo lösen würde, würde es nichts an dem Fakt ändern, dass sie weiß, was hier geschehen ist. Unsere Klamotten liegen nach wie vor auf dem Boden verteilt und wenn man eins und eins zusammenzählt, kommt man auch schon von ganz alleine drauf.

„Was... ist denn hier-", murmelt meine beste Freundin und nimmt ihre Hand von der Türklinke. Ab da geht eigentlich alles ganz schnell. Nun ist es Jisoo, die sich abrupt aufrichtet, während sie mit der Decke ihre Oberweite bedeckt, was ich ihr gleich tue. „Verdammt, Minhee. Ich habe nicht gesagt komm rein", beschwert sie sich, doch sie scheint nicht wirklich darauf einzugehen, stattdessen richtet sie ihren Blick auf mich. „Jennie?", murmelt sie verwirrt, während ich sie genau anschaue.

In ihren Augen spiegelt sich nicht nur Verwirrung wieder, es ist mehr als das, was ich auch vollkommen nachvollziehen kann. Gestern habe ich ihr noch geschrieben, dass ich nach Japan verschwinde und heute sieht sie mich hier, neben einer Frau, welche zudem auch noch ihre Schwester ist. Ich öffne den Mund, um etwas zu sagen, aber mehr als ihren Namen bringe ich nicht hervor und bevor ich mich auch fassen kann, schüttelt sie den Kopf ungläubig, dreht sich um und verschwindet aus dem Zimmer.

„Oh nein", murmle ich sofort und rutsche etwas vom Bett, nur, um meine Kleidung aufzusammeln und sie mir schnell überzuziehen. „Ich muss dringend mit ihr sprechen", meine ich noch, ehe ich aufstehe und ebenso aus dem Zimmer eile.

Ich kann sie glücklicherweise noch gerade so an der Treppe erreichen und bevor sie aus dem Haus stürmen kann, halte ich sie am Arm fest. „Warte, Minhee, ich kann dir alles erklären", meine ich, doch sie dreht sich um und ergreift sofort das Wort, ohne mich weitersprechen zu lassen.

„Was willst du mir denn erklären, Jennie? Den Grund dafür, dass du mir gestern lediglich eine Nachricht geschrieben hast, in welcher stand, du verlässt das Land und mich seitdem nicht mehr kontaktiert hast? Oder willst du mir vielleicht doch lieber erklären, wieso du nackt neben meiner Schwester liegst und ganz offensichtlich deinen Spaß hattest, während ich mir Sorgen um dich gemacht habe?"

Sie legt eine kurze Pause ein, wartet darauf, dass nun ich das Wort ergreife, aber das passiert nicht. Stattdessen bekomme ich wieder keinen Ton raus, schaue sie nur überfordert an, wobei mich nicht nur eine gewisse Traurigkeit überkommt, sondern mit einem Mal auch wieder das schlechte Gewissen plagt. Sie hat recht, ich hätte ihr schreiben müssen, aber ich habe in diesem Moment einfach überhaupt nicht daran gedacht, weil ich nicht mehr wusste, wo mir der Kopf stand.

„Das habe ich mir bereits gedacht", murmelt sie nun fährt sich mit einer Hand übers Auge. Sie weint zwar nicht, aber ich kann dennoch die Enttäuschung erkennen, mit welcher sie mich bedeckt und die Tatsache, dass sie der Wut überwiegt, macht es nicht besser.

„Ich dachte, wir wären beste Freundinnen, Jennie. Ich dachte, wir würden uns nah stehen, dass ich alles von dir weiß, aber damit habe ich mich ganz offensichtlich geirrt." Mit diesen Worten dreht sie schließlich um und verlässt die Wohnung, wovon ich sie auch nicht länger abhalte.

***
Partnerstory written by @riawinchesterx & @elijeon

TIPTOE || JensooWo Geschichten leben. Entdecke jetzt