Jennie Pov
In meiner Tasche krame ich nach meinem Hausschlüssel, wofür ich etwas länger brauche, so erschöpft, wie ich im Augenblick bin. Das Einzige, was ich gerade möchte, ist einfach nur in mein Bett fallen, um in das Land der Träume zu sinken. Glücklicherweise habe ich bereits in der Schule geduscht, demnach muss ich das nicht mehr erledigen, was ziemlich erleichternd ist. Die letzten Tage waren sehr anstrengend für mich, mir ist nun bewusst, dass Miss Soojin am ersten Tag nach den Ferien keine schlechte Laune hatte und mich deshalb kritisiert hat. Das Problem bin ich, denn ich kann sie einfach nicht zufrieden stellen. Alles, was ich mache, ist falsch.
Auch heute bin ich deshalb länger geblieben, diesmal nur eine Stunde, einfach, weil ich viel zu müde bin. Aufgrund der Angst zu versagen, die sich in mir staut, kriege ich nachts kaum ein Auge zu oder schlafe nicht richtig durch. Wenn man dann noch jeden Tag stundenlang trainiert, kommt man irgendwann an einen Punkt, wo es nicht mehr geht und ich denke, ich habe meinen heute erreicht.
Endlich finde ich meinen Schlüssel und öffne die Tür, spaziere hinein, schlüpfe aus meinen Schuhen und lasse meine Tasche zunächst im Flur liegen, um meine Jacke auszuziehen und anschließend in die Küche zu spazieren, wo ich zum Kühlschrank marschiere, um dort eine Wasserflasche hinauszunehmen. Sobald ich jedoch vor dem Kühlschrank stehe, nehme ich keine Sekunde später ein Räuspern wahr, woraufhin ich über die Kühlschranktür schiele und meine Mutter auf der anderen Seite der Theke entdecke.
Ihre Haltung, als auch ihr Gesichtsausdruck, deutet nichts Gutes. Sie steht dort mit verschränkten Armen, ihre Augenbrauen sind soweit zusammengezogen, dass sich bereits eine senkrechte Falte zwischen ihren Augenbrauen bildet und ihre Lippen sind zu einem schmalen Strich geformt. Augenblicklich steigt so etwas wie Panik in mir auf. Ich weiß, dass ich der Grund für diese Ausstrahlung bin, nur weiß ich noch nicht wieso, aber damit habe ich eigentlich auch kein Problem, denn ich habe das Gefühl, dass ich es nicht erfahren möchte. „Kim Jennie, du kommst sofort ins Wohnzimmer, dein Vater und ich müssen etwas mit dir besprechen. Außerdem sollst du um diese Uhrzeit nichts essen, du hast nichts vor dem Kühlschrank verloren", bringt sie hervor, was mich schlucken lässt. Dazu, ihr zu erklären, dass ich nur etwas trinken möchte, komme ich gar nicht, denn sie dreht sich bereits um und verschwindet ins Wohnzimmer.
Unsicher schließe ich den Kühlschrank wieder, bleibe noch eine Weile stehen und denke nach. Ich ahne nichts Gutes und möchte ihr demnach gar nicht erst folgen, allerdings ist das meine einzige Option, denn ich kann schlecht einfach nach oben auf mein Zimmer gehen und sie ignorieren. Demnach schlucke ich schwer, nicke mir etwas Mut zu und tapse letztendlich ins Wohnzimmer, wo bereits meine Eltern auf dem Sofa sitzen und mich mit den Blicken anschauen, die ich an ihnen überhaupt nicht leiden kann. Es sind die Blicke, die mir zeigen, dass sie nicht nur sauer, sondern auch enttäuscht sind.
„Was ist denn los?", bringe ich leise hervor, setze mich schließlich ihnen gegenüber, als mein Vater mit dem Kopf auf den zweiten Teil der Couch deutet. Die Sekunden, bis sie anfangen zu sprechen, fühlen sich nicht wie Sekunden an, sondern wie Stunden und die Unruhe in mir wird immer größer und größer.
„Kannst du uns mal verraten, was du in den Ferien getrieben hast? Du weißt, wie wichtig das Tanzen für dich ist, Jennie. Du weißt, dass du dein Bestes geben musst. Also wieso um alles in der Welt ruft deine Lehrerin uns an und sagt, dass du derzeitig unkonzentriert bist und nach den Ferien, statt Fortschritte, Rückschritte gemacht hast? Weißt du eigentlich, in was für eine Lage du uns damit gebracht hast. Einen Anruf von Miss Soojin? Ist es mittlerweile wirklich so weit gekommen?", beginnt meine Mutter, wobei sie gegen Ende etwas lauter wird.
Wie erstarrt sitze ich hier und höre mir ihre Worte an, weiß einfach nicht, was ich sagen oder gar denken soll. Einerseits bin ich sauer auf mich selbst, dass ich die letzten Tagen offenbar so neben der Spur war, ich weiß selbst nicht wieso, eigentlich scheint ja alles in Ordnung zu sein. Andererseits jedoch bin ich sauer auf meine Lehrerin, was wahrscheinlich sowieso niemanden interessiert, aber wie kann sie sich nach gerade mal einer Woche bei meinen Eltern über mich beschweren? Ich habe doch mein Bestes gegeben, bin jeden Tag länger geblieben, das hat sie sogar gesehen, und das für mehrere Stunden, was soll ich also noch tun?
DU LIEST GERADE
TIPTOE || Jensoo
FanfictionWenn man das Leben der leidenschaftlichen Ballett Tänzerin, Kim Jennie, betrachtet, könnte man meinen, dass sie das Traumleben lebt, wovon jedes Mädchen ihres Alters zu träumen scheint. Sie gilt als eine der besten Tänzerinnen ihrer Schule, führt ei...