Dolly [JiKook]

6$

Den restlichen Schultag über ist Taehyung auffällig still. Es scheint, als wäre nichts mehr von dem nervigen Idioten übrig, der sonst vor mir sitzt und ich weis nicht so recht, ob ich mich damit anfreunden kann.
Mögen tu ich ihn so oder so nicht, aber ich finde es noch besser wenn er mich ständig anspricht, als diese mysteriösen Blicke auf sein Handy zu werfen und sich wie ein einziges Geheimnis zu benehmen.

Ab der vierten Stunde fehlt er dann schließlich komplett und bis zum Schulschluss sitze ich praktisch auf glühenden Kohlen.
In jener Sekunde, in welcher die Schulklingen dass Signal zum Ende des Unterrichts gibt, springe ich auf und renne vor zu unserer Lehrerin, um sie sogleich nach Jungkooks Adresse zu fragen.
Normalerweise dürfte sie es mir wegen Datenschutz nicht sagen,  aber da ich mehr oder weniger dazu gezwungen wurde, ihm seine Aufgaben zu bringen, benötige ich ja die Information.

Nach einem kurzen Blick in eines ihrer Bücher schreibt sie mir endlich die geforderte Adresse auf einen kleinen Zettel und überreicht ihn mir anschließend.
Schnell verbeuge ich mich und ziehe auf meinem Weg aus der Schule mein Handy aus meiner Tasche, um ungefähr einschätzen zu können, wie weit entfernt er von hier wohnt.
Tatsächlich sind es gerade einmal zwanzig Minuten zu Fuß, weshalb ich mich auch dazu entscheide, jetzt gleich zu Jungkook zu laufen, seine Aufgaben habe ich eh einmal dabei.

Je länger ich gehe, desto unbewohnter wird die Gegend und irgendwann lande ich an einer abgelegeneren Stelle, wo nichts außer ein großes Haus zu finden ist und dieses sieht aus, als wäre es gerade aus einem Märchenbuch in die Realität teleportiert worden.
Die Fassade des großen Gebäudes ist älter und an den Seiten der großen Eingangstüren führen Treppen nach oben.
Teilweise ziehen sich Kletterpflanzen an den Fenstern entlang und setzen demnach kleine grüne Akzente.

Scheinbar wohnt Jungkook schon mal nicht in einem Gefängnis, sondern seine Eltern haben einfach Geld. Sicherlich ist er deshalb auch so top gestylt gewesen und normalerweise ist er wie jeder andere und rennt zu Hause nur in Jogginghosen und alten Shirts herum.

Ein letztes Mal mustere ich die Art Villa von oben bis unten, ehe ich mit einem unguten Gefühl einen Finger auf den goldenen Klingelknopf lege.
Als nach ein paar Minuten noch immer niemand öffnet, gebe ich es allerdings auf und mache auf dem Absatz kehrt, um wieder den kleinen Weg zurück zu einer bewohnteren Gegend zu laufen.
Vielleicht wohnt Jungkook auch gar nicht dort und meine Lehrerin hat sich lediglich in der Adresse geirrt.
Zur Not könnte ich morgen auch nocheinmal wiederkommen, falls Jungkook nicht in der Schule auftauchen sollte.

Ein paar Minuten später stehe ich bereits wieder vor dem Internat, beziehungsweise dem Trakt mit unseren Zimmern.
Noch gut eine halbe Stunde Zeit bleibt mir zum Umziehen, wenn ich dann nicht beim Training auftauche, erwürgt mich mein Lehrer sicherlich.
Seufzend erklimme ich die vielen Treppenstufen, bis ich in der dritten Etage ankomme.
Nach dem vergleichweise kurzen Kleidungswechsel jogge ich wieder nach unten und bin gerade noch rechtzeitig in der Halle mit den großen Spiegeln.
"Was ist denn mit dir passiert?", lacht eine helle Stimme neben mir und ich blicke in das Gesicht von Momo. Manchmal ist sie meine Tanzpartnerin, da sie die einzige aus der Modern Dance Gruppe ist, mit der ich klar komme, schließlich ist nur sie so wirklich auf meinem Niveau. Es soll keinesfalls eingebildet klingen, aber ich bin einer der besten und eben auch ältesten in dem Kurs, weshalb ich mit den neueren Schülern eher weniger etwas anfangen kann. 

"Musste dem Neuen aus unserer Klasse was bringen.."
"Dieser...naja...niedliche Typ? Über den wird sogar bei uns geredet. Es heisst ja, das-"
Gerade jetzt, als ich hellhörig werde, betritt der Lehrer die Halle und begrüßt uns euphorisch.
Vermutlich bringt mich Momo weiter, als die Internet Seiten, die ich durchforstet habe. Momo und Taehyung, wobei ich letzteren sicherlich ausschließen kann.
"Okay dehnt euch erst und dann arbeiten wir weiter an der Choreographie."
Auf Befehl hin verteilen sich alle Schüler im Raum, wobei ich dieses mal nah bei dem braunhaarigen Mädchen bleibe. Alles in mir sträubt sich dagegen, aber ich brauche nunmal Informationen.

"Was wolltest du sagen? Du weist schon...was man sich über ihn erzählt", frage ich leise und sehe unauffällig zu ihr.