Woche 1, Tag 1

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Es war früher Nachmittag, als ich auf dem Parkplatz vor dem Camp aus dem Wagen stieg. Die Luft war angenehm warm und es roch nach Pinien und Fichtennadeln. Der Boden unter meinen Boots fühlte sich weich an und ich genoss die warmen Sonnenstrahlen auf meiner nackten Haut. Eine kleine Menschenmenge versammelte sich schon auf dem Platz, der von zwei Seiten von einem dichten Wald umgeben war. Ein Feldweg führte hinunter zum Onondaga See, der von hier aus gesehen glitzerte, als hätte dort jemand einen Schatz versenkt. Auf der linken Seite ging es zu den Blockhütten, welche alle in Reih und Glied standen.

Meine Mom räusperte sich und zog mich in eine feste Umarmung. "Ich werde dich schrecklich vermissen. Hab viel Spaß, ja?" Sie runzelte die Stirn und legte mir sanft eineHand auf die Wange.

Ich verdrehte leicht die Augen, lächelte allerdings und nickte. "Ich werde dich auch vermissen, Mom."

Sie löste sich von mir, strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und ich ging einige Schritte zurück zu meinen Taschen. Mom stieg in den dunkelgrauen Geländewagen und winkte mir zu. "Pass auf dich auf.", war das Letzte, das sie mir noch zurief, bevor sie das Fenster schloss und losfuhr. Ich drehte mich um und betrachtete inzwischen die Anderen. Ich kannte alle im Camp, schließlich waren wir vier Jahre lang gemeinsam zur Schule gegangen. Was nicht unbedingt bedeuten soll, dass sie auch mich kannten.

Zwischen all den Leuten, Autos und Eltern konnte ich schließlich Alex ausmachen. Die großgewachsene Blondine stand neben ihrem Bruder Luca und redete aufgeregt auf ihn ein. Sie trug enge Jeanshotpants und ein knappes Tanktop. Ich grinste leicht und hievte meinen Rucksack und meine Reisetasche auf meine Schultern, dann machte ich mich auf den Weg zu den Beiden.

"Hey.", sagte ich und stellte meine Taschen neben den ihren ab. Alex blickte zu mir, ihre Augen leuchteten auf und sie fiel mir um den Hals. "Ich dachte schon, du kommst zu spät. Das wäre so eine Katastrophe gewesen... Schön, dass du hier bist. In einer halben Stunde werden wir auf die Hütten verteilt." Sie stockte und starrte jemanden hinter mir an. "Sag mal, hat Meghan etwas an ihren Haaren gemacht? Sie sieht irgendwie verändert aus."

Ich warf einen Blick auf den Zwillingsbruder neben ihr. Luca verdrehte die Augen, nickte mir kurz zu und ging auf seine Freundin zu. Meghan drehte sich lachend zu ihm um und küsste ihn.

Alex zuckte mit den Schultern und ließ ihren Blick weiter über den Platz streifen. Sie winkte wie verrückt, als sie Billie entdeckte. Billie grinste, als sie uns beide erkannte. Sie schob ihre Brille zurück auf die Nase und kam auf uns zu. "Na, seit ihr schon aufgeregt?" Auch sie ließ ihre Taschen fallen, so dass sich inzwischen eine kleine Anhäufung von Reisetaschen gebildet hatte.

Alex lachte und schüttelte den Kopf, sodass ihre blonden Haare herumwirbelten. "Wieso sollten wir aufgeregt sein? Es wird nicht anders werden, als während der Highschool."

Ich biss mir auf die Lippen. Na, hoffentlich eben doch. Ich drehte mich einmal um die Achse. Wie es aussah, waren langsam alle da. Mit alle meine ich einen Teil des Abschlussjahrgangs von 2017 der West Hill Academy, einer kleinen Privatschule im Herzen von Syracuse. Wir waren in etwa dreißig Leute, die sich dazu entschieden hatten, nochmals vier Wochen lang der Highschool nachzutrauern. Das war meine Interpretation. Die meiner Mom und meiner besten Freundinnen war, noch möglichst viel Spaß vor dem College zu haben. Vermutlich war ich hier vor 18 Jahren sogar gezeugt worden. Meine Mutter dachte, es würde mir gut tun hier zu sein. Allerdings hatte sie mir eine Packung Kondome zugesteckt, die ich sicherheitshalber in meinem Rucksack verstaut hatte. Nicht, dass ich vorhatte, hier meine Unschuld zu verlieren, aber sicher war nun mal sicher.

Ms. Jenkins, die Vertrauenslehrerin und Camp-Organisatorin pfiff in eine kleine Trillerpfeife, sodass alle näher kamen, um sie zu verstehen.

Ms. Jenkins war eine Frau Mitte Vierzig, mit braunem Pferdeschwanz und stehts einem Klemmbrett vor der Brust. Sie trug eine Brille, die zu groß für ihr Gesicht war und Kleider, die eindeutig aus einem anderen Jahrhundert stammten. Trotzdem war sie nett und versuchte sich um alle zu kümmern, manchmal vielleicht etwas zu übertrieben. Sie räusperte sich. "Hi, herzlich Willkommen im Camp Silvertown." Sie lächelte einmal in die Runde. "Ich hoffe, ihr habt den Abschluss alle gut überstanden und ich freue mich, dass dieses Jahr so viele von euch teilnehmen." Sie warf einen kurzen Blick zu Mr. Miller, in den sie Gerüchten zu folge heimlich verknallt war und grinste dann. "Elli-.. Ich meine, Mr. Miller und ich werden uns um die ganze Organisation kümmern. Mr. Ward wird einige der Aktivitäten leiten." Sie warf Mr. Miller einen schmachtenden Blick zu, der sich daraufhin, sichtlich unwohl, an uns wandte. "Ja.. Also wir werden euch jetzt den Hütten zuteilen. Ihr könnte euch selbst aussuchen mit wem ihr wohnen wollt, aber achtet bitte darauf, dass Mädchen und Jungs getrennt werden."

Camp SilvertownWo Geschichten leben. Entdecke jetzt