"Ich will das nicht machen.", ließ Billie mich wissen. Ihr Blick war fest nach vorne gerichtet, wo Mr. Ward uns zeigte, wie man einen Bogen hielt. Um seinen Oberkörper war ein Köcher mit Pfeilen geschlungen und in etwa 80 Fuß Entfernung standen zehn große runde Zielscheiben aus Stroh. Die Aktivität des Tages war Bogen schießen, was ich eigentlich ganz cool fand. Billie allerdings war mehr als nur skeptisch. "Was, wenn ich jemanden treffe?"
Ich verdrehte die Augen. "Da drüben steht ja niemand, wie willst du jemand in der entgegengesetzten Richtung treffen?"
Billie zuckte mit den Schultern, ihre blaue Augen waren weit aufgerissen und sie knabberte an ihrer Unterlippe. "Wenn der Pfeil abrutscht."
Ich lachte leise und schüttelte den Kopf. "Ach, was denn. Das wird nicht passieren. Versuch es doch wenigstens erstmal."
Billie seufzte und warf einen beinahe verzweifelten Blick auf Alex. Die stand allerdings gelassen da und tippte, Kaugummi kauend, eine Nachricht in ihr rotgoldes iPhone. Anscheinend hatte sie noch nichts von dem kleinen Problem hier mitbekommen. Billie ließ sie mit einem Schlag in die Rippen wissen, dass ihre Aufmerksamkeit gefragt war. "Aua." Alex sah auf, ihre Stirn in Furchen gezogen, sah sie den Übeltäter böse an. "Was ist denn?"
Billie wiederholte das Ganze nochmal für Alex, während ich nur seufzen konnte und mich von den beiden abwandte. Ich ließ meinen Blick über die versammelte Menge schweifen und kam nicht umhin, nachdenklich auf Tony zu verweilen. Ich hatte noch keine Gelegenheit dazu gehabt, mit ihm zu reden. Milo stand neben ihm und obwohl die beiden wohl anscheinend immer noch nicht wirklich miteinander redeten, war ich erleichtert, dass sie sich anscheinend nicht mehr total aus dem Weg gingen.
"So. Ihr geht jetzt bitte in dreier Gruppen zusammen und holt euch dann alle hier einen Bogen in einer Größe, die euch angemessen ist. Hier drüben wird Ms. Jenkins die Köcher mit den Pfeilen austeilen. Und vergesst ja nicht, keiner holt sich die Pfeile zurück oder geht in die Schusslinie!" Die Stimme des Sportlehrers riss mich aus meinen Gedanken. Ich folgte meinen beiden Freundinnen und holte mir die Austattung.
Etwa zehn Minuten später, standen wir alle hinter der Linie, die Mr. Miller eigenhändig mit einem großen Stock gezogen hatte. Alex, Billie und ich bildeten natürlich eine Dreiergruppe und Alex war schon startklar. Auf einen Pfiff aus Mr. Wards Trillerpfeife schossen die Ersten ihre Pfeile, von denen kaum einer sein Ziel erreichte. Die meisten Pfeile versanken nach einiger Entfernung im Boden. Da Billie sich konstant weigerte, war ich an der Reihe. Ich spannte meinen Bogen so, wie Mr. Ward es uns gezeigt hatte und blickte geradewegs zur Zielscheibe. Als ich losließ, flog der Pfeil los und traf das Gestell aus Holz, auf dem die Zielscheibe befestigt war. Ich verzog das Gesicht und wischte mir einen verschwitze Haarsträhne aus dem Gesicht. Die Sonne brannte auf unsere Köpfe herab und alle schwitzen wie verrückt.
Als Billie an der Reihe war, brauchten wir etwa zehn Minuten an Überzeugungskraft, dass sie den Bogen überhaupt nur in die Hand nahm. Weitere fünf Minuten sträubte sie sich dagegen, einen Pfeil anzufassen. Schließlich spannte sie, mit zitternden Händen, den Pfeil ein und als sie losließ keuchte sie erschrocken. Otis, der den Schießstand neben uns besetzte, fing hysterisch an zu Lachen, als er sah, wo das Stück Holz gelandet war. Nur wenige Fuß entfernt, steckte Billies Pfeil im erdigen Boden. Er war nicht mal annähernd in die Nähe der Zielscheibe gekommen. Ich musste mir selbst mein Lachen verkneifen.
So verging der Nachmittag relativ schnell. Billie gab nach der dritten Runde auf, ihre Pfeile schafften es nicht mal die Hälfte der Strecke zu überqueren. Otis setzte sich nach vier weiteren Runden mit Billie hinunter an den Steg und ließ die Beine ins Wasser baumeln. Alex und die meisten anderen ließen es bald darauf ebenso sein und verteilten sich auf dem weitläufigen Gelände des Camps. Es war unfassbar heiß und schwül, weshalb die meisten direkt in den See sprangen.
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Camp Silvertown
Teen FictionOlivia Benett fühlt sich wie ein Geist. Auch nach vier Jahren Highschool, in denen sie jeglicher Konfrontation mit Parties, Jungs und Spaß auswich, kann sich kaum jemand an ihren Namen erinnern. Das will sie ändern. Und was bietet eine bessere Mögl...