Ich zuckte zusammen, als ich im Wald ein Rascheln hörte. Ich betete zu Gott, dass es nur ein Kaninchen war, doch das war es nicht. Es war... Tony. Er war gerade damit beschäftigt seinen Hosenbund zu schließen. Als er aufblickte, runzelte er die Stirn und als er mich entdeckte, nahm er blitzschnell seine Hände vom Hosenbund. Verlegen kam er auf mich zu. "Wo sind die anderen?", fragte er und blickte mich mit seinen schokoladenbraunen Augen an.
Ich hüstelte und zuckte mit den Schultern. "Ich weiß es nicht. Ich war nur kurz pinkel-.. äh.. im Wald und als ich raus kam, waren sie weg."
Ein Grinsen erschien auf seinen Lippen. "Du warst also im Wald, hm? Was hast du denn dort gemacht?"
Böse blickte ich ihn an. "Dasselbe wie du vermutlich."
Er lachte.
Ich ignorierte ihn und stapfte wütend auf den Weg zu. Jetzt machte er sich auch noch über mich lustig. Na, toll. Wieso hatte Alex denn nicht gewartet?
"Wohin gehst du denn?"
Ich antwortete nicht, beschleunigte aber meine Schritte. Er sollte bloß nicht auf die Idee kommen, mit mir zu reden, bis wir zu den anderen stießen.
"Liv, das ist die falsche Richtung."
"Nein, ist es nicht!"
Tony stellte sich so abrupt vor mich hin, dass ich fast rückwärts stolperte. Mit einer Hand an meinem Oberarm, wollte er mich vor dem Umkippen bewahren. Ich riss mich jedoch von ihm los. "Fass mich nicht an.", fauchte ich und bereute es schon in der nächsten Sekunde. Tony zuckte zurück und sah aus, als hätte ich ihn ins Gesicht geschlagen. Er ging einen Schritt von mir weg und schluckte. "Das ist nicht der richtige Weg, Liv." Er klang plötzlich sehr traurig.
"Tut mir leid." Ich warf ihm einen entschuldigenden Blick zu und sah mich dann um. Tatsächlich führten drei Wege von diesem bescheuerten Hügel hinunter. Ich war einfach, ohne Nachzudenken, dem Linken gefolgt, auch wenn der sehr falsch aussah. "Welcher ist es?", fragte ich also.
Tony deutete auf den Weg in der Mitte. "Ich glaube, es war dieser hier."
Ich nickte. Schweigend machten wir uns wieder auf den Weg. Etwa die erste halbe Stunde über sagte niemand auch nur ein Wort. In Stille gingen wir den Weg entlang, kamen schließlich in den Wald. Das alles kam mir sehr bekannt vor und ich war insgeheim unheimlich froh, dass ich nicht alleine zurückfinden musste, denn ich hätte mich sicher verirrt.
Als ich die Stille nicht mehr aushielt, seufzte ich. "Es tut mir leid. Das von vorhin.. Es war nicht so gemeint."
Erst dachte ich, er würde gar nicht antworten, doch dann sagte er mit leiser Stimme: "Schon okay."
"Nein." Ich blieb stehen und sah ihn an. "Es ist nicht okay. Das war gemein. Du wolltest mich bloß auffangen und ich.." Ich schluckte. "Ich war einfach sauer auf dich und.. Tut mir leid."
Tony war jetzt auch stehen geblieben, er drehte sich, so dass wir uns ansehen konnten. "Warum bist du denn sauer auf mich?"
Ich starrte ihn für einige Sekunden an, bevor ich weiter ging. Hinter mir hörte ich ihn seufzen, dann schloss er wieder zu mir auf.
Wieder war es still zwischen uns, doch wir kamen gut voran. Langsam wurde es kälter und wir machten kurz Halt, um uns unsere Pullis anzuziehen. Ich starrte auf seinen braungebrannten Bauch, als sein T-shirt währenddessen für einige Sekunden hochrutschte und verfluchte mich, für meine schmutzigen Gedanken. An so etwas hatte ich wirklich noch nie gedacht. Augenblicklich wurde ich rot im Gesicht und ich wusste, dass Tony, das bemerkt hatte.
Ein kleines Grinsen erschien auf seinen Lippen, was er versuchte zu verstecken. Er sagte nichts und wir gingen weiter. Schließlich kamen wir zu der zweiten Mühle, die wir besichtigt hatten. Das hieß, wir hatten gerade mal die Hälfte des Weges hinter uns. Ich seufzte tief.
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Camp Silvertown
Teen FictionOlivia Benett fühlt sich wie ein Geist. Auch nach vier Jahren Highschool, in denen sie jeglicher Konfrontation mit Parties, Jungs und Spaß auswich, kann sich kaum jemand an ihren Namen erinnern. Das will sie ändern. Und was bietet eine bessere Mögl...