"Es ist aussichtslos. Ich werde meine Kräfte nie kontrollieren können." Seufzend und mit hängendem Kopf lasse ich mich auf einen Stuhl fallen.
Seit Stunden versucht meine Mum mir beizubringen wie ich meine Heilkräfte einsetzen kann, aber bis jetzt gab es nichts als Enttäuschung. Mein Kopf fühlt sich an als würde er gleich explodieren, was ich im Moment sogar willkommen heißen würde, denn das würde die Welt von meiner Unfähigkeit befreien.
"Ich werde als die unfähige Ikati Prinzessin in die Geschichte eingehen." Wieso dachte ich überhaupt, dass ich es schaffen könnte? Ich bin vermutlich die einzige Ikati Prinzessin in der Geschichte, die zu dumm und zu unfähig ist selbst die simpelsten ihrer Kräfte einzusetzen!
Ich spüre die Hand meiner Mum auf meiner, aber ich halte den Kopf weiterhin gesenkt. "Es ist gar nichts aussichtslos, Jenna. Du kannst nicht davon ausgehen, dass du innerhalb ein paar Stunden sofort den Dreh raus hast. Manchmal funktioniert es gleich und manchmal braucht es halt etwas länger." "Ich glaube trotzdem nicht, dass ich es jemals schaffen werde."
Mein Selbstvertrauen ist im Moment gleich null und am liebsten würde ich unter mein Bett kriechen und nie wieder rauskommen. "Ich glaube aber daran, dass du es schaffen kannst. Vielleicht lag es aber gar nicht an dir sondern an mir. Die letzten Stunden habe ich dir versucht zu erklären was du tun musst, aber solange du nur die Theorie hörst und nie die Praxis ausprobierst kann es gar nicht funktionieren." "Du brauchst dir nicht die Schuld zu geben, denn ich glaube trotzdem nicht, dass ich es schaffen werde." "Mit dieser Einstelllung wirst du es sowieso nie schaffen. Wie wäre es damit, du versuchst jetzt einmal kurz an dich und deine Fähigkeiten zu glauben und wenn diese Übung nicht klappt lassen wir das Heilen und konzentrieren uns auf das Nächste."
Ein Seufzer entweicht mir, aber ich stehe auf und sehe meine Mum erwartungsvoll an. "Okay, aber ich weiß wirklich nicht warum es jetzt AU!" Während ich gesprochen habe hat meine Mum meine Hand genommen und mir mit einer Nadel, die sie aus dem Nichst hervorgeholt hat, in den Finger gestochen. Schockiert beobachte ich wie langsam etwas Blut aus der kleinen Wunde rinnt. Meine Mum scheint sich nicht im geringsten schlecht über ihre Tat zu fühlen. "Nächstes Mal kannst du auch ruhig mir die Nadel geben." "Aber dann wäre es doch nur halb so witzig." Schnaubend betrachte ich meinen blutenden Finger, unsicher was ich jetzt machen soll.
"Jenna, ich möchte, dass du dich jetzt voll und ganz auf deinen Finger konzentrierst. Höre in deinen Körper hinein und versuche die Wunde zu erspüren." Instinktiv schließe ich die Augen und konzentriere mich. Ich kann das Blut durch meine Körper fließen, mein Herz pochen und auch meine anderen Organe arbeiten spüren. Neugierig erkunde ich den Rest meines Körpers aus einer Perspektive, die mir bis jetzt als unmöglich erschienen ist, bis ich bei meinem Finger angekommen bin.
"Wenn du sie gefunden hast, blende alles andere aus. Konzentriere dich nur auf diese eine kleine Wunde. Anfangs mag es schwer sein, aber schiebe das Rauschen deines Blutes, das Pochen deines Herzens und alles andere was du im Moment noch spürst zur Seite. Du sollst nur noch deinen Finger wahrnehmen." Ich atme einmal tief durch und blende alles aus, was ich jetzt nicht brauche.
"Gut, weiter so du hast es gleich geschafft. Jetzt konzentriere dich auf die Wunde und stelle dir mit aller Kraft vor wie die Blutung langsam aufhört und sich die Wunde schließt." Langsam spüre ich wie ich müde werde, aber ich schiebe das Gefühl zur Seite und konzentriere mich weiterhin auf die Wunde. Wie meine Mum gesagt hat stelle ich mir vor wie das Blut langsam aufhört aus der Wunde zu rinnen und sie sich schließt.
Als ich die Wunde nicht mehr erfassen kann öffne ich meine Augen und inspiziere meinen Finger. Mit einem breiten Grinsen stelle ich fest, dass man nichts mehr von einer Wunde sieht. "Siehst du, ich wusste, dass du es schaffst." Meine Mum sieht stolz aus und ich umarme sie. "Danke, dass du an mich geglaubt hast." "Ich werde immer an dich glauben. Lass uns für heute aufhören." Kaum hat sie das gesagt spüre ich erst wie erschöpft ich eigentlich bin. Deshalb widerspreche ich ihr auch nicht, sondern mache mich schnurstracks auf den Weg zu meinem Zelt.
Ich bin schon fast da als ich vor einem Zelt stehen bleibe. Wenn ich schon mal da bin, kann ich ihn auch gleich fragen! So gut ich kann schiebe ich die Müdigkeit zur Seite. "Flamel, bist du da?"
Nur Sekunden später schlägt ein ziemlich alt aussehender Man die Zeltplane zur Seite. "Wie kann ich dir helfen, Prinzessin?" Flamel ist der Einzige, der mich Prinzessin nennen darf ohne sich einen bösen Blick einzufangen.
Meine Mum hat mir als ich klein war immer erzählt, dass Flamel sie an einen alten Zauberer erinnert, und da hat sie gar nicht so unrecht. Er ist zwar schon uralt, klein und pummelig und sein Bart wird von Tag zu Tag länger, aber seine braunen Augen strahlen noch wie eh und je.
"Ich wollte fragen, ob ich mir ein paar deiner Bücher ausborgen könnte." "Aber selbstverständlich, komm nur herein du weißt ja wo sie sind." Grinsend betrete ich sein Zelt und gehe gleich zu den gigantischen Bücherregalen, die im hinteren Teil seines Zeltes sind.
Während ich Regal für Regal durchsehe und mir hier und da ein Buch rausnehme kann ich hören wie Flamel gerade eine seiner Tinkturen zusammenmischt. Durch sein überraschend hohes Alter hat er viel erlebt und sein Wissen ist unersetzbar, deshalb kann er für so gut wie alles einen Trank zusammenmischen und vermutlich jede Frage beantworten. Viele machen sich Sorgen was wir machen werden wenn er von uns geht, denn ohne ihn wären wir ziemlich aufgeschmissen. Da hat Flamel aber zum Glück mitgedacht, denn seitdem er die Lebenserwartung eines Ikati (die bei ungefähr 100 liegt) vor fünf Jahren überschritten hat, hat er angefangen alles was er weiß aufzuschreiben. Neben unzähligen Regalen mit Büchern gibt es noch zusätzliche Regale die voll mit Notizbüchern sind, wo all das drinnen steht was er weiß und in keinem der Bücher steht.
"Das ist aber ein ganz schön großer Haufen Bücher den du da hast." Grinsend betrachtet er den Stapel Bücher in meinen Händen. "Ach, so viele sind das nun auch wieder nicht. Ich weiß, dass du sie nicht gerne hergibst, aber könnte ich vielleicht ein oder zwei deiner Notizbücher mitnehmen?" "Aber nur wenn du gut darauf aufpasst und mir wieder alle zurückbringst."
Ich nicke eifrig und sehe die Reihen mit Notizbüchern durch, bis ich glaube alles zu haben was ich brauche. "Vielen Dank Flamel. Ich bringe sie dir unversehrt wieder zurück." "Nur keine Eile."
Mit einem gigantischen Stapel Wissen in meinen Händen mache ich mich auf den Weg in mein Zelt, um zuerst etwas zu schlafen und dann die Bücher zu durchforsten.
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It's not easy being a princess!
Paranormal2. Teil der Ikati Reihe Jenna ist die Prinzessin der Ikati, einer Spezies mit extrem geschärften Sinnen und der Fähigkeit sich in einen Panther zu verwandeln. Sie ist nicht nur die Prinzessin weil ihre Mutter die Königin ist, sondern auch weil sie...