Kapitel 15

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Flamel lässt sich mir gegenüber auf einen Stuhl nieder und fährt sich durch den Bart, als müsste er die Informationen erst aus der Tiefe seines Gedächtnis hervorkramen. "Wie du bereits weißt wird dieser Zauber zum Verbergen von Gedanken und Erinnerungen verwendet. Er wurde erfunden, um die Geheimnisse der zwei Völker zu bewahren, falls einer ihrer Spione vom Feind gefangen genommen wird."

"Moment mal, heißt das etwa, dass wir uns gegenseitig ausspioniern?" Flamel sieht überrascht aus, dass ich das nicht weiß. "Aber selbstverständlich, wie sollten wir unseren Feind denn sonst im Auge behalten. Es werden immer wieder Ikati losgeschickt, um Expurgari zu finden und deren Pläne auszuforschen und das Selbe machen die Expurgari bei uns. Allerdings erwischen wir die Expurgari immer bevor sie wieder abhauen wohingegen von uns so gut wie nie jemand erwischt wird." Wieso hat mir das niemand gesagt? Vermutlich hat Dad es mir schon hundert mal erzählt, aber ich hab nie wirklich zugehört!

"Okay, aber wieso kann der Zauber den Herzschlag und den Geruch nicht verbergen?" Flamel zuckt bloß mit den Schultern und rückt seine Brille zurecht. "Das weiß niemand. Die einen sagen, dass es nicht möglich ist, weil bis jetzt keiner mächtig genug war das zu schaffen. Andere sagen wiederrum, dass Gott verhindern wollte, dass wir dadurch 'unsichtbare' Krieger hätten und uns gegenseitig Krieg erklären würden." Das ergibt Sinn, denn wenn beide Völker in der Lage wären sich voll und ganz vor dem anderen zu verbergen könnten wir einander ganz einfach im Schlaf ermorden! Bei dem Gedanken läuft mir ein Schauer den Rücken runter.

"Aber wenn der Hass zwischen unseren Völkern so groß ist, wieso hat Gott die Expurgari damals nicht einfach vernichtet, wenn er sie sowieso nicht mochte? Er hat doch auch vor tausenden von Jahren die Menschen in einer Sinflut ertrinken lassen." "Auch hier scheiden sich die Geister. Die einen glauben widerrum, dass Gott uns im Stich gelassen hat und wir in dieser Angelegenheit völlig auf uns allein gestellt sind. Die anderen glauben, dass uns Gott eines Tages einen Retter schicken wird, der uns hilft die Expurgari ein für alle mal zu vernichten. Wo bleiben eigentlich meine Manieren, möchtest du eine Tasse Tee?" Ich nicke bloß und beobachte wie Flamel den Teekessel aufstellt während ich versuche die ganzen Informationen zu verarbeiten.

Eine dampfende Tasse Tee wird vor mich hingestellt und verschiedene Gerüche steigen mir in die Nase - Himbeere, Erdbeere, Brombeere, Heidelbeere mit einem Hauch von Hibiskus und Holunderblüte.

"Zurück zum Schutzzauber, was genau möchtest du darüber wissen?" Unser Gespräch über die Expurgari hat mich für einen kurzen Moment vergessen lassen warum ich eigentlich hier bin. "Du hast in deinem Notizbuch mitten im Satz aufgehört und ich würde gerne wissen wie der Satz weiter geht." Vorsichtig nippe ich an meinem Tee während Flamel sich dem Satz in seinem Notizbuch widmet.

"Also wenn sich eine Person dagegen wehrt einen Schutzzauber auf sich zu nehmen wird es auch nicht funktionieren - egal wie mächtig der Ikati oder Expurgari ist. Das ist wie mit deinen Heilkräften, wenn jemand nicht von dir geheilt werden möchte kannst du es zwar trotzdem versuchen, aber es wird nicht funktionieren. Wenn jetzt allerdings jemand schon einen Schutzzauber auf sich trägt und beginnt dagegen anzukämpfen - aus welchem Grund auch immer - werden dadurch sowohl der Schutzzauber als auch die Person selbst geschwächt, denn es benötigt viel Energie gegen so einen mächtigen Zauber anzukämpfen."

Nachdenklich nippe ich an meinem Tee. Kaz scheint keineswegs erschöpft oder geschwächt zu wirken also wenn er wirklich der Verräter sein sollte, dann macht er das aus freiwilligen Stücken!

"Wie kann man diesen Zauber jemandem auferlegen oder ihn wieder von jemandem lösen?" "Auf die selbe Art und Weise wie es dir ermöglicht wird andere zu heilen oder zu schweben oder unsichtbar zu sein - rein durch die Vorstellungskraft. Du müsstest dir nur vorstellen, dass du eine Art Schutzkuppel über die Gedanken und Erinnerungen des anderen legst beziehungsweise dass du diese Schutzkuppel zerstörst."

Meine Tasse ist inzwischen leer und mein Kopf dafür randvoll mit neuen Informationen. "Angenommen jemand beginnt gegen diesen Schutzzauber anzukämpfen wodurch dieser geschwächt wird. Kann ich seine Erinnerungen dann nur durch seine Gedanken erfahren oder könnte mit derjenige auch davon erzählen?" "Nunja, wenn du dir seine Erinnerungen durch seine Gedanken ansiehst würdest du nur in der Lage sein Bruchstücke zu sehen. Ob er dir auch davon erzählen könnte? Hmm..........ich weiß es ehrlich gesagt nicht, aber vermutlich wird auch das Erzählen nur durch Bruchstücke erfolgen da der Schutzzauber das weitersagen von geheimen Informationen sicher verhindern will. Wie das allerdings geschieht kann ich dir nicht sagen, aber es wäre äußerst spannend und lehrreich das herauszufinden. Gibt es sonst noch etwas was du darüber wissen willst?" "Ich habe in einem meiner Bücher gelesen, dass das Symbol dieses Schutzzaubers immer nur am linken Oberarm zu finden ist, stimmt das?" Flamel schnaubt empört als würde er damit sagen wollen, dass der Autor dieses Buches ein Vollidiot gewesen sein muss. "Nur am linken Oberarm, das ich nicht lache. Das Symbol tritt dort auf wo es der, der den Zauber durchführt, hinplaziert." Dann muss Kaz einen äußerst dämlichen Expurgari erwischt haben!

"Danke, dass du dir dafür Zeit genommen hast." "Für meine Prinzessin, jederzeit. Ich hoffe, ich konnte dir etwas weiterhelfen." Ich verabschiede mich von Flamel, verlasse sein Zelt und gehe, ohne ein bestimmtes Ziel vor Augen zu haben, einfach los. Es fühlt sich so an als würde mein Kopf gleich explodieren, so voll mit Informationen wie der gerade ist. Flamel ist wirklich der Beste! Ich hoffe, dass er uns noch viele Jahre an seinem Wissen teilhaben lässt!

Ich gehe schon eine ganze Weile als ich das Gefühl habe beobachtet zu werden und bleibe stehen. Erst jetzt werde ich mir meiner Umgebung klar - es ist die selbe Lichtung auf der Alexander in meinen Armen gestorben ist.

Plötzlich höre ich das leise Pochen eines Herzschlages und blicke mich um. Ich suche die Umgebung nach anderen Präsenzen ab, aber da ist nichts. Moment, da war gerade etwas - der leichteste Hauch der Präsenz eines Ikatis. Langsam drehe ich mich um und erstarre. Vor mir steht ein Ikati - ein Ikati mit bernsteinfarbenen Augen.


It's not easy being a princess!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt