Kapitel 18

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Ich bin wie gelämt. Mit leerem Blick starre ich auf den Boden vor mir. Ich kann einfach nicht glauben was gerade passiert war. Hat sie, Lariel, meine Lariel ich gerade an den Galgen geliefert? Ich will das nicht glauben und hoffe es ist einfach ein böser Traum. Aber der Schmerz, der sich durch meine Wange zieht, lässt mich zurück in die Realität fallen und mich wissen: Es ist definitiv kein Traum.

Die beiden Männer werfen mich in eine kalte, dunkle Zelle. Wasser tropft von der Decke und Mondlicht flutet das Verließ mit kaltem Licht. Mit einem lautem Scheppern fällt die Zelltür ins Schloss und die Schritte der Wachen, die sich entfernen, erfüllt im Echo den Kerker. Fassungslos starre ich auf die Tür, durch die Gitterstäbe an die Wand. Eine Fackel ist an dieser angebracht und die Flamme tanzt und zuckt im kalten Verließwind.

Ich sitze nun schon eine halbe Ewigkeit dort, und habe mich noch einen Millimeter bewegt. Ich kann auch nicht. Meine Beine habe ich ganz eng an mich heran gezogen und beobachte immer noch die Flamme. In mir fühlt sich alles leer an. Ich kann das ganze hier immer noch nicht glauben.  Ich habe ihr vertraut, ihr so gut wie mein ganzes Leben und meine Zeit geschenkt. Eine wundervolle Zeit mit ihr verbracht. Mein Leben und mein Herz gehörten nur ihr. Das soll alles gelogen sein? Das glaube ich nicht! Niemals könnte Lariel das tun! So eine Persönlichkeit ist sie nicht! Denke ich zumindest zu wissen. Die Ketten schneiden in meine Haut, welche schon ganz wund und an manchen Stellen aufgeschürft ist.

Plötzlich geht die schwere Kerkertür auf, und der Luftzug lässt die Flamme der Fackel hüpfen und zappeln. Dann kann man leichte Schritte vernehmen. Zu leichte für einen Soldaten, oder einem Wachmann. Die Schritte kommen immer näher und eine zierliche Person bleibt vor meiner Zelle stehen. Dem Gewand zuordnen ist es eine Dame, und dem Diadem zuurteilen ist es Lariel. Mein Blick wird eiskalt und ich starre sie an. Ihr Blick war belustigt, fast schon amüsiert, mich hier drinnen zu sehen. Am Abgrund, und im Wissen, ein Morgen wird es nicht geben. Meine Miene verfinstert sich. Sie kichert auf. "Ach komm, jetzt schau mich doch nicht so an!", gibt sie von sich. Ich weiß nicht aus welchem Grund, aber ihre Stimme machte mich fuchsig und nervte mich. Alles was ich fühle ist pure Enttäuschung, denn diese Reaktion von ihr zeigt mir, dass alles wahr ist. "Ich verlange eine Erklärung!", knurre ich. Sie lächelt und ihre zuckersüße, unschulidige Stimme säuselt druch die Gitterstäbe. "Ach, Meylea.. Du bist doch naiver als ich dachte..!" Ich starre sie mit einem fragenden und verständislosen Blick an, worauf sie nur kichernd antwortet. "Am Anfang wollte ich nur mit dir Spielen. Du warst so verschossen in mich und da dachte ich, dass ich dich ein bisschen ärgern könnte. Nur blöd dass ich mich dann kurzzeitig in dich verliebt hatte.", fängt sie an zu erklären. Mein Herz hört auf zu schlagen für einen Moment. Sie hat von anfang an nichts gefühlt! Es war alles gespielt und gelogen!? Mein Blick verändert sich von kalt zu fassungslos. Ich fühle mich verletzt, ausgenutzt, und verschmutzt. Wie konnte ich mich so in ihr täuschen? Das hinter ihrer bildschönen und engelsgleichen Fassade sich so etwas verbirgt. Unglaublich. "Ich dachte ich würde wirklich etwas für dich empfinden, also beschloss ich mit meinem Vater zu reden, und als ich anfing wurde mir immer mehr bewusst.. Ich fühle rein gar nichts! Also erzählte ich ihm..-!", redet sie weiter, doch ich unterbreche sie. "Also erzählst du ihm ich hätte dich angefasst? Ohne deine Zustimmung! Du behauptest dass ich mich an dir vergriffen hätte und dich zu allem gezwungen hätte?!", brülle ich sie an. Ihre Miene verändert sich. Das Lächeln verschwindet und sie sieht mich ernst an. "Natürlich, ich bin doch seine liebe, kleine, unschuldige Prinzessin!", säuselt sie. Nun packt mich der Zorn und ich springe auf die Gitter zu, die sie von mir trennen. Sie geht sofort auf Abstand und grinst. "Na Na, nicht gleich so zorning..!" Ich funkle sie an. "Ärgere dich nicht weiter, du sollst doch auf eine ruhige, friedvolle Art deinem Ende entgegentreten." Meine Hände halten die Stäbe so stark, dass meine Knöchel weiß hervor stehen und das ganze Verließ gefriert. "Wieso? Wieso das alles!? Du hättest mir doch von Anfang an sagen können das du diese Gefühle nicht erwiderst!", rufe ich. Sie lacht auf. "Aber aber, dann wäre es doch nur halb so lustig gewesen..!", haucht sie. Das man jemanden in sekundenschnelle hassen, kann war mir bis jetzt noch nicht bewusst. Wie kann man nur so mies und krank sein? Diese Verhalten ist für mich komplett unverständlich. "Ach Mey, ich muss jetzt leider wieder gehen, danke für die lustige und schöne Zeit mit dir Darling!", haucht sie und pustet mir einen Luftkuss zu. Ich koche vor Wut und starre sie an. Ich finde keinerlei Worte. Wütend presse ich beide Kiefer zusammen. "Den letzten Spaß werde ich dir nicht gönnen..!", rufe ich ihr nach. Sie dreht sich um und sieht mich überrascht an. Eis und Schnee fangen an um mich zu wirbeln wie ein Sturm. Erschrocken weiten sich ihre Augen, als sie zusehen muss wie mein Körper langsam zu Eis wird. "Was tust du denn da!?", fragt sie, und ihre Stimme zittert. Mir wird eiskalt und alles versteift sich. Meine Augen füllen sich mit Tränen. "Verdammt, ich habe dich wirklich geliebt, und ich hatte das Gefühl, dass du es auch tust. Ich habe mich in dir getäuscht und musste das auf schmerzhafte Weise erfahren! Im Prinzip habe ich dich vielleicht immer noch lieb.. aber was bringt das schon? Wenigstens hattest du, die Prinzessin, ihren Spaß dran.. oder nicht?", ein trauriges Lächeln ziert mein Gesicht. Die dicken, warmen Tränen kullern über meine kalte Wange, und gefrieren als sie drohen von meinem Kinn zu tropfen. Lariel's Gesicht veränderte sich und sieht nun traurig und besorgt aus. Aber es ist mir egal. Jetzt ist es zu spät. "Mey...?", stottert sie leise. "Nein, lass es. Ich werde gehen. Aber mach dir keine Sorgen, ein Teil von mir bleibt für immer", unterbreche ich sie. "Sobald ich mich vollständig in Eis und Schnee aufgelöst habe, wird diese Stadt für immer im ewigen Eis gefangen sein, und du mit ihr!" Ihre Augen weiten sich. Sie zuckt zusammen und auf einmal fängt sie stumm an zu weinen. Als plötzlich die Kerkertür krachend aufschlägt und Dylan herein platzt, zuckt sie zusammen. "Mey! Bitte hör auf! Beruhige dich!", befehlt er mir. Ich schaue ihn nur an und lächle für eine Sekunde. "Tut mir leid, Dylan.. es ist bereits zu spät.", erkläre ich mit sanfter Stimme. "Gott, nein! Bitte! Ich möchte nicht das dir das selbe geschieht wie unserer Mutter!", ruft er. Was?.. Unserer Mutter? Er sieht mich flehend an und ich spüre wie meine Glieder kälter und härter werden. Meine Finger sind schon vollständig aus Eis und auf einem Auge verliere ich bereits meine Sehkraft. "W-Was meinst du damit?", frage ich ihn. Meine Stimme ist leise und schwach, und wirkt gebrechlich. "Meylea, ich bin dein älterer Bruder..", gesteht er und ich schlage meine Hände gegen meinen Mund. "D-Du bist..?", stottere ich und meine Stimme verstummt. Er nickt. "Bitte verzeih dass ich es dir nicht früher sagen konnte.. Es tut mir wirklich leid!", entschuldigt er sich und macht einige Schritte auf mich zu. Ich kann ihm nicht einmal mehr antworten. All die Jahre.. Jedes Mal wenn ich ihm gegenüber stand, stand ich vor der einzigen Familie die ich noch hatte. Und das ohne es zu wissen. Die Tränen, welche sich in meinen Augen verteilen gefrieren und Dylan und Lariel verschwimmen vor mir. Ich habe wirklich einen Bruder! Jemanden der sich um mich sorgte, und mir sogar das Leben rettete. Und das erfahre ich alles erst jetzt. Jetzt wo es schon zu spät ist. Als er meinen Namen ruft, kann ich nur noch die Besorgnis und sein flehen hören. Doch dies wird auch schnell zu einem gedämmten, unidentifizierbaren Geräusch, bis sich auch dieses auflöst, und alles stumm wird. Die verschwommene Sicht wird langsam immer dunkler, und in Bruchteilen einer Sekunde, verliere ich sogar diese. Ein kribbeln durchfährt meinen Körper, und als Dylan auf mich zurennt und mich an sich drücken will, löst sich mein Körper vollständig auf, und Schneeflocken und Eis lassen sich auf dem Boden nieder. An der Stelle wo ich Sekunden zuvor noch stand.


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My love is on ice // Abgeschlossen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt