17. Kapitel

627 28 0
                                    

Bis zur bevorstehenden Nacht war noch Zeit, doch wie lange konnte sie Schlaf hinauszögern? Was brachte es ihr, vor einem höheren Wesen, wie Pennywise es nun einmal war, davonzulaufen? Entkommen konnte sie ihm nicht... Ihre Wünsche zurücknehmen, konnte sie nicht...
Doch eines hatte sie gekonnt... Sie hatte Henry geholfen... Und wahrscheinlich hatte sie es ihm zu verdanken, dass sie nicht gänzlich verrückt wurde. Er war ihr Halt, ihre Stütze gewesen, derjenige, mit dem sie über Pennywise hätte sprechen können, doch das war nun nicht mehr möglich.
Wahrscheinlich war sie einfach zu dumm um zu verstehen, was geschehen war. Daran lag es wohl.
War es ihr erlaubt darauf zu hoffen, dass Pennywise nicht mehr in ihre Gedanken, in ihren Kopf zurückkehrte, nachdem sie ihn vertrieben hatte?
Er war bis jetzt immer zurückgekommen... Ein kalter Schauer lief ihren Rücken hinab, während sie einen kurzen Blick in den Spiegel wagte und sich selbst in die Augen sah. Was war das nur mit ihren Augen? Wurde sie krank?
Jedoch gab man ihr keine Zeit, noch einmal genauer hinzusehen, da sich die Tür langsam öffnete und Henry hineinlugte.
„Kommst du?" Er musterte sie skeptisch, als er bemerkte, dass sie einen seiner Pullover trug und eine schwarze Schlabberhose. „Wirklich sexy!"
Zuerst war es nur ein verschmitztes, schüchternes Grinsen gewesen, doch alsbald wurde es zu einem wunderschönen Lächeln und wie vorhin im Wald, überwältigte sie dies.
Doch so, wie sie einfach nur dastand und ihn ansah, reifte in ihr die Erkenntnis, fortgehen zu müssen, läge ihr sein Wohl am Herzen. Sie war sich fast sicher, dass es nicht ihre Handlung gewesen war, die zum Tode Mr. Bowers' geführt hatte. Vielmehr hatte es Besitz von ihr ergriffen.
Sie hatte nicht bemerkt, dass Henry gegangen war, bis sich etwas im Spiegel neben ihr regte, während sie nicht in der Lage war, hinzusehen.
Vielleicht spielte ihr Verstand ihr nur etwas vor und als sie allen Mut zusammennahm, um dem Grauen entgegenzublicken, befand sich dort nur ihr eigenes Spiegelbild.
Ihr Herz pochte schmerzhaft in der Brust, während sie am liebsten laut geschrien hätte, doch stattdessen biss sie sich auf die Unterlippe und umschlang ihren Oberkörper mit den Armen.
Nach einigen tiefen Atemzügen machte sie sich langsam und, sich immer wieder umschauend, auf den Weg den Flur entlang und schließlich die steile Treppe hinab in die Küche, wo Henry mit dem Rücken zu ihr stand und irgendetwas auf der Arbeitsplatte herumfuhrwerkte.
Das Schaben des Messers, mit dem er arbeitete, war so unerträglich laut, sodass sie sich die Hände auf die Ohren pressen musste, um es auszublenden.
Erst als er sein Tun beendete und sich zu ihr herumdrehte, nahm sie die Hände herunter und sah ihn an.
„Alles klar bei dir?"
Schnell hatte er den Teller mit verschiedenem Obst beiseite gestellt und hatte die kurze Distanz zwischen ihnen mit wenigen Schritten überwunden und sie vorsichtig am Arm berührt.
„Du bist so blass!" stellte er weiterhin fest, obwohl diese Tatsache für sie nicht neu war.
Ihre Haut war von jeher blass gewesen.
Äußerst vorsichtig schob er sie Richtung Küchenbank, auf der sie sich niederließ und ihre eiskalten Hände um die Tasse mit dampfendem Kakao schloss.
„Was hast du?" vernahm sie Henrys Stimme, die beruhigend erschien.
Doch ein Schmerz, dem von vor ein paar Minuten nicht unähnlich, begann sich erneut in ihrem Körper auszubreiten.
Zuerst erschien es nur als leichtes Drücken und Pochen, schien sich jedoch mit jedem Herzschlag weiter auszubreiten, bis der Schmerz ihr schließlich Tränen in die Augen trieb.
Ein Knacken drang an ihr Ohr. Wie vom Zerbrechen von Porzellan war es gewesen.
Und als sie durch den Tränenschleier vor ihren Augen hindurchsah, wurde ihr auch bewusst, was geschehen war. Ihre Hände hatten sich krampfhaft um die Tasse geschlossen und sie zerbersten lassen.
Dunkelrotes Blut begann sich mit grau-braunem Kakao zu vermischen und ergab eine hässliche Farbe.
Doch einige der roten Schlieren schwammen auf der, nun andersfarbigen Masse und wiesen wie ein Pfeil in Henrys Richtung.
Aus dem Augenwinkel heraus nahm sie hektische Bewegungen war, bevor sie hoch gerissen wurde und ihre Hände unter einen Wasserstrahl gehalten wurden.
Das kalte Wasser fraß sich wie Säure durch ihre Haut, während ein kurzer Schmerzlaut über ihre Lippen kam.
Irgendwann wurde das Wasser klar und um ihre halb erfrorenen Hände wurden Küchentücher gewickelt, durch die nach wenigen Sekunden bereits Blut hindurchsickerte.
Zwischen allen Worten Henrys, verstand sie immer nur eines – Krankenhaus.
„Nein..." murmelte sie nur und presste ihre umwickelten Handflächen gegeneinander, auch wenn es schmerzte.


You'll be mine.        ES FanfiktionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt