11. Kapitel

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Pennywise gab ihr das Gefühl, das Richtige zu tun.
Und das Richtige war das, was immer er wollte.
Ihre Hand schloss sich um den Griff der Klinge in ihrer Hand. Sie schien zu warm für Metall, das eigentlich kühl sein müsste.
„Würdest du etwas für mich tun?" hauchte sie an Henry gerichtet und wandte den Blick von Pennywise ab. „Schließ die Augen."
Sie wusste, dass Henry ihrer Bitte nachkommen würde, während ein unerklärlicher, unbändiger Drang in ihr aufstieg, als sie dem Clown wieder in die Augen sah.
Sie konnte den Blick nicht abwenden, als er seinen Arm hob, während ihre Gliedmaßen es ihm gleichtaten. Wie bei einer Marionette ließ er ihren Arm hin und her tanzen, bis er schließlich nach hinten ausholte.
Ihre Hand, samt Klinge prallte gegen das Autofenster. Sie wollte schreien, während ihr Herz drohte, aus der Brust zu springen.
Sie versuchte gegen seinen Willen anzukämpfen, versuchte, ihn aus ihrem Kopf zu bekommen, versuchte Herrin ihrer Sinne zu werden.
Die Klinge sauste hinab und fraß sich tief in Henrys Fleisch. Dickflüssiges Blut quoll aus seinem Brustkorb hervor. Es breitete sich schnell aus, hatte bald seine Kleidung durchweicht. Sie fühlte seine Wärme, als sie ihm in die schreckgeweiteten Augen sah. Bemerkte, wie ein weiterer Teil von ihm starb. Die Ungläubigkeit in seinem Gesichtsausdruck war beinahe schlimmer als die Tatsache, dass der Clown außerhalb des Wagens grausig lachte.
„Du wirst mir gehören, kleine Juna!" drang die dunkle Stimme drohend an ihr Ohr. „MIR! Nur mir allein!"



Ihre Gedanken waren verworren.
Es fiel ihr schwer den Unterschied zwischen Fiktion und Realität zu erkennen.
Blutverschmierte Hände griffen an ihre Schläfen, als sie sich am Boden zusammenkauerte, sich vor und zurückwiegte und auf den zappelnden Leib neben sich blickte.
Wo waren sie jetzt?
Sie waren nicht mehr im Auto, wahrscheinlich nicht einmal mehr in Derry. Sie kannte diesen Ort. Die Spiegelbilder im Wasser hatten es ihr verraten.
Ihre Hände schlugen auf das Wasser ein um die schrecklichen Bilder zu verwischen, doch das Wasser wich nicht – bewegte sich nicht. Nach wie vor konnte sie die fliegenden Kinder sehen.
Sie hielt in ihrem Tun inne, als sich Henry neben ihr nicht mehr regte. Ein gurgelnder Laut, fast so, als würde er an seinem Blut ersticken, drang aus seiner Kehle, während das Leben aus seinem Körper wich.
„Ich hab das nicht getan. Ich hab das nicht getan!" wimmerte sie, als sie hintenüber in stinkendes Wasser kippte.
In ihrer Panik wollte sie schreien, schluckte dabei eine Unmenge Wasser, bevor sich ein schmerzhafter Griff um ihr Genick schloss und sie hinaufzerrte.
Sie schnappte nach Luft und zappelte wie ein Fisch am Haken.
Der Griff wurde fester und fester, bis sie glaubte, der Schmerz würde sie ohnmächtig werden lassen. Ihr Körper erschlaffte.
Sie schluckte schwer, als der Clown vor sie trat.
„Nein, nein!" machte er, als sie die Augen zusammenkniff und glaubte, sie könne ihm so entkommen.
Samtener Stoff berührte ihre Wange, während er sie losließ und sie wieder auf ihre eigenen Füße stellte.
„Glaubst du immer noch, das alles sei ... nicht real?"
Sie wusste nicht, wie sie seine Stimme beschreiben könnte. Es war eine Mischung aus zurückgehaltener Freude, doch in erster Linie war es unbändige Wut. Zwei Dinge, die nicht zusammenpassten.
„Du riechst, du schmeckst, du fühlst alles! ... Alles was ich will, dass du riechst, schmeckst und fühlst! Du siehst alles, was ich will, dass du siehst!"
Juna riss die Augen auf, als sie die Wahrheit in seinen Worten erkannte.
Er machte sie Dinge sehen, Dinge, die sie nicht wahrhaben wollte – von denen sie nicht wollte, dass sie geschahen.
„Warum?" War das Einzige, was sie mit zitternder Stimme hervorbringen konnte.
Dinge waren geschehen, die sie als normaldenkender Mensch niemals getan hätte. Schlaftabletten, Irrenanstalt, Tod... all das war sein Werk gewesen?!
„Was bist du?" fauchte sie und ballte die Hände zu Fäusten, während sie einen Schritt durch das brackige Wasser auf ihn zutat.
„Kleines dummes Menschenkind!" sagte er düster, während sich ein Schatten über sein Gesicht legte.
„Antworte!" zischte sie und tat einen weiteren Schritt auf ihn zu, was ihn zum Zurückweichen bewegte.
Unbewusst hatte sie sich auf sein Spiel eingelassen, doch sie wollte, dass es endete – hier und jetzt!
Ihr Blut rauschte in ihren Ohren, während sie der Albtraumgestalt vor sich immer näher kam, doch irgendwann wich er nicht mehr aus, sondern blieb in knietiefem Wasser stehen.
Das, was bis jetzt ein unsicheres Zögern darstellte, wurde nun zu seiner Überlegenheit.
Er packte sie an der Kehle und hob sie erneut mit Leichtigkeit hoch. Doch Juna tat nicht dergleichen, sich zu rühren. Warum auch?
Was hatte sie denn zu verlieren? Ihren Verstand? Ihr Leben? Ein mickriges Menschenleben... Was galt es in seinen Augen?
„Du gehörst mir!"
Die Drohung, die nun in seinen Worten mitschwang, war unmissverständlich.
„DU GEHÖRST MIR!"


You'll be mine.        ES FanfiktionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt