Tori
Es sind nun schon zwei Wochen ohne ein Lebenszeichen von Henry vergangen. Selbst in den Zeitungen ist nichts über ihn zu lesen. Langsam mache ich mir Sorgen, ob ihm wieder etwas zugestoßen ist oder gar schlimmeres...
Ich drehe den schlichten Ring zwischen meinen Fingern und frage mich, ob es für Henry und mich überhaupt eine Zukunft geben wird, in der wir glücklich sind. Denn lange halte ich dieses Hin – und Her nicht mehr aus. Ständig denke ich an ihn und habe keine Möglichkeit, in Kontakt mit ihm zu treten, ohne unser gemeinsames Vorhaben zu verraten.
Ein genauso großes Problem stellt die Tatsache dar, dass ich meinen Eltern nicht ewig auf der Tasche liegen kann. Ich muss mir Arbeit suchen. Doch ich möchte hier nicht Fuß fassen, weil ich fest daran glaube, bald wieder nach England zu können.
Christin ist da um einiges besser dran: wegen der Zwillinge ist es ihr unmöglich, arbeiten zu gehen. Katha und Jake planen bereits ihre gemeinsame Bar und Jule ist immer noch erfolgreich Spielerfrau. Wieso kann ich nicht ihr Leben teilen? Dann wäre ich jetzt eine glücklich verheiratete Frau mit Kindern und einer Bar.
Aber so einfach ist das nicht.
Ich setze wieder meine Unterschrift unter eine Bewerbung und hoffe, dass ich abgelehnt werde. Dann kann ich mich weiterhin ganz mit mir beschäftigen. Und mit der Frage, warum Henry so lange braucht, um alles zu regeln.
Katha meint zwar, dass zwei Wochen keine lange Zeit sind, aber sie steckt auch nicht in meiner Haut. Ich müsste eigentlich mal wieder ihre therapeutischen Weisheiten in Anspruch nehmen, vielleicht kann sie mich etwas aufbauen.
Es ist acht Uhr abends. Wahrscheinlich trinkt sie gerade ihren dritten Wodka, da sollte ich sie lieber nicht belästigen. Und außerdem wäre Jake bei ihr und ich will nicht, dass er mithört. Er hat zu Henry ebenfalls keinen Kontakt mehr, weil er aus dem Dienst der Krone ausgestiegen ist. Ich hoffe natürlich, dass sich das ändert, wenn wir wieder zurück sind. Aber bis dahin ist Jake einfach ein Tourist.
Ich bin vom vielen Denken müde geworden und falle schließlich in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Als ich am nächsten Morgen erwache, thront meine Katze über mir und sieht mich an, als wäre ich ihre Beute. Sie bläst mir ihren Fischatem ins Gesicht, während sie mich ableckt. JA, sie hat definitiv vor, mich zu fressen, wenn ich ihr nicht sofort Futter gebe. Mühsam quäle ich mich aus dem Bett und tapse die Treppe hinunter, um das Bedürfnis meiner Katze zu befriedigen. Heute ist nicht irgendein Tag. Heute ist der erste Juni. Der Tag, an dem Henry sterben sollte – und sein Geburtstag. Eigentlich ein Grund zum Jubeln und sich Freuen und trotzdem wird es ein trister Tag werden, weil ich ihn nicht mit ihm verbringen kann. Wer wird mit ihm feiern? Wie wird er den Tag verbringen? Wird er mich vermissen?
Henry
Ich liege im Bett neben Cindy, deren nackter Körper sich an mich schmiegt. Sie ist wirklich wunderschön und ich kann mich glücklich schätzen, sie zu haben. Besonders, wenn man ihre Fähigkeiten im Bett mitrechnet.
Heute ist mein Geburtstag und der Tag, an dem der Welt meine Verlobung und
Thronbesteigung bekannt gemacht wird. Die Zeitungen wurden gestern gedruckt und die Medienleute verbreiten es überall im Internet. Mir wird bewusst, dass es dann keinen Weg zurück mehr für mich gibt. Ich werde König. Allein bei dem Gedanken daran, fühle ich mich klein und unscheinbar. Doch Großmutter glaubt an mich, also sollte ich es wohl auch tun. „Alles Gute zum Geburtstag, mein Schatz", sagt Cindy neben mir und gibt mir einen Kuss, bevor sie nackt das Bett verlässt und ein kleines Geschenk aus ihrem Nachtschränkchen holt. Neugierig öffne ich es und mir fällt die Kinnlade herunter. „Nicht dein Ernst", sage ich ungläubig.
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Story of my Life - verzweifelte Hoffnung
RandomDer weltberühmte Philosoph Nietzsche sagte: „Hast du eine große Freude an etwas gehabt, so nimm Abchied! Nie kommt es zum zweiten Male." Tori ist verzweifelt, ausgelaugt und ein Schatten ihrer Selbst. Zu Silvester wollte sie sich mit Henry t...