Kapitel 3

997 33 9
                                    

Draußen war es nun wärmer als je zuvor und ich bereute mein schwarzes Shirt angezogen zu haben, da schwarz ja bekanntlich die Sonne anzieht. Mein Vater wartete schon auf dem Parkplatz, als ich erschöpft über die Wiese ging, auf der jetzt nur noch ein paar Grüppchen saßen.

„Und? Erzähl!" Er drehte sich seitlich zu mir. Anscheinend hatte er nicht vor loszufahren, bevor ich über den heutigen Tag berichtet hatte.

Also erzählte ich ihm von Rehava, von Herr Kolsten und von Faruk und Violetta. Sein Interesse stieg eindeutig am meisten, als er einen weiblichen Namen wahrnahm.

„Das ist ja toll, Dylan! Ich hab dir ja von Anfang an gesagt, dir wird es hier gut gehen!"

Es war ungewohnt, statt ‚Glücksfall' mal wieder ‚Dylan' zu hören.

Im Haus roch es nach Lasagne, als wir reinkamen. Der Tisch war gedeckt und eine riesige Schüssel Salat stand in der Mitte. Meine Mutter rechnete wahrscheinlich mit dem Schlimmsten und dachte wohl, mich mit meinem Lieblingsgericht aufmuntern zu können. Sobald sie die Haustürschlüssel hörte, lief sie in die Küche und fragte mich lächelnd und trotzdem unsicher, wie es war. Also erzählte ich ihr zum zweiten Mal von Rehava, Herrn Kolsten, Faruk und Violetta. Auch hier erkannte ich ein überraschenderes Gesicht bei dem Namen ‚Violetta'. Ich beschloss früher zu Faruk zu gehen, um lästige Fragen von meinen Eltern zu vermeiden.

Ich hatte natürlich keine Ahnung, wo die Straße war, also fragte ich an jeder Ecke nach. Glücklicherweise war das Haus nur ein paar Straßen von meinem entfernt. Ich klingelte bei „Tamul", da es sich ausländisch anhörte und ich mir nicht vorstellen konnte, dass er ‚Faruk Müller' oder ‚Faruk Hostermann' hieß.

Das Summen der Türe erschien und ich ging davon aus, dass meine Nachnamenauswahl richtig war. Ich trat in den stickigen Flur und schloss die Tür hinter mir.

„Ey, Glücksfall! Zweite Etage, zweites Zimmer", rief Faruk vom Treppenhaus runter. Er stand in der Tür, als ich mühsam die letzten Stufen in Kauf nahm. Seine Nachbarstür ging im gleichen Moment auf und Violetta steckte neugierig ihren Kopf raus.

„Ah, wusste ich's doch, du bist es. Komm zu mir rein, hab sogar aufgeräumt."

„Naja, das kommt nicht oft vor", sagte Faruk, holte seine Schlüssel und schloss die Tür hinter sich.

Aufgeräumt war es tatsächlich, aber ich hatte das Gefühl in der Mitte einer Kneipe zu stehen. Auf der Küchentheke hatte sie alle möglichen Wodka- und Whiskeyflaschen aufgereiht und die Luft war stickig und roch nach Zigaretten. Faruk schien das nicht zu stören, anscheinend rauchte sie viel und oft. Als würde sie meine Gedanken lesen können, zog sie eine Zigarette aus der Schachtel.

„Oh man, das ist meine letzte", murmelte sie.

„Kommt Rehava auch", fragte ich.

„Gute Idee, Dylan! Rehava hat immer welche dabei!"

„Ich glaub nicht, dass er das so gemei...", sagte Faruk, doch Violetta schnitt ihm das Wort ab.

„Ich habe extra für euch Sekt geholt und einen Film ausgeliehen. Chips müsste ich, glaube ich, auch noch haben. Wenn ihr mich entschuldigt, ich muss den kleinen Mann anrufen."

„Hach, ist sie nicht süß", lächelte Faruk, während er die Rückseite der DVD durchlas.

„Magst du sie", fragte ich.

„Dylan, ‚mögen' ist untertrieben, ich liebe sie." Ich nickte und war überrascht über seine Offenheit.

„Nein, nein. Nichts Falsches denken, sie ist meine beste Freundin."

ViolettaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt