Kapitel 23

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Nachdem Violetta ihre Nachos aufgegessen hatte und Rehava nun wieder zu hundert Prozent sicher war, wieder ins Wasser gehen zu können, verbrachten wir den Rest des Tages im Meer. Wir kauften uns außerdem noch eine pinke (Violetta durfte natürlich die Farbe aussuchen) Luftmatratze, was ziemlich unsinnig war, da der Urlaub schon fast zu Ende war, aber Faruk hat eisern darauf bestanden.

Da ich ehrlich gesagt nicht so der Schwimm-Typ bin, lag ich stundenlang auf dieser pinken Matratze und wurde trotz Sonnencreme rot wie ein Krebs. Überall. Was sich später beim Duschen als ziemlich ungünstig herausstellte, da es so aussah, als hätte ich immer eine Badehose an. Selbst wenn ich nackt war.

Ich dachte noch oft und lange über Faruk nach. Es muss ihm ziemlich ernst sein, wenn er wegen ihr mit seiner Freundin Schluss gemacht hatte.

Auf dem Nachhauseweg hatte ich ihn noch kurz darauf angesprochen, solange Violetta nicht in der Reichweite war. Er sagte es sei dumm, sie zu lieben, da sie ja bald wegziehen würde, doch er könne es nicht verhindern, so oft er es sich auch eingeredet hatte. Er liebte jede Eigenschaft an ihr. Er liebte, im Gegenteil zu Rehava, ihre Spontanität und ihre Gleichgültigkeit. Er liebte ihr trockenes, welliges, nach Apfelriechendes Haar, das Glitzern in ihren Augen, wenn sie von ihrem Bruder erzählte (ich wusste nicht einmal, dass sie einen hatte) und er liebte ihre Schwäche für Modemagazine.

Das waren seine Worte.

Als ich sie hörte, wurde mir klar, dass es ihm mehr als ernst war. Ich überlegte, Rehavas Vorschlag von dem Date mit Violetta, Faruk zu überlassen und ihnen einen wunderschönen Abend zu schenken.

Natürlich war das nicht das, was ich wirklich wollte. ICH wollte mit ihr essen gehen, aber ich wusste, dass dies die richtige Entscheidung war.

Noch am selben Abend erzählte ich Rehava davon.

„Und du bist dir da wirklich sicher“, fragte er mich.

Ich saß neben ihm auf dem Steg und wir ließen unsere Füße ins Wasser baumeln.

„Ich schätze schon“, seufzte ich.

„Natürlich bist du dir nicht sicher, Dylan, du bist einfach nur ein verdammt guter Freund. Ohne Scheiß, ich kenne niemanden, der dasselbe machen würde.“

Ich spürte, wie er mich von der Seite anguckte. „Dylan…du weißt schon, dass sie auf dich steht, oder?“

„Wie? Hat sie das gesagt“, fragte ich erschrocken und voller Hoffnung, dass dies der Fall war.

War es aber nicht.

„Nein, aber das sieht jeder. Wie jeder sieht, dass du auf sie stehst! Man, ihr wärt ein Traumpaar“, stöhnte er, als würde für ihn auch ein Vorteil rausspringen, wenn wir zusammenkämen.

„Rehava…“, murmelte ich. „Sie zieht weg. Ich will weder mir, noch ihr Hoffnungen machen. Darüber, dass es irgendwie eine Zukunft mit uns geben würde. Denn die wird es nicht geben. Sie  z i e h t   w e g“, wiederholte ich langsam.

Er seufzte. „Du hast so Recht…Ok, verstanden. Schenk Faruk den Abend.“

Ich nickte, obwohl ich insgeheim gehofft hatte, dass er mich noch irgendwie überreden hätte können.

Wir standen beide auf und gingen in das Bungalow, wo Violetta und Faruk auf der Couch saßen und seine Lieblingssendung guckten.

„Und auf das stehst du“, fragte Violetta und zeigte ungläubig auf den Fernsehen.

„Ja! Verstehst du jetzt, warum Chloé so dumm ist“, rief er verärgert.

„Nein. Ich denke nicht“, antwortete sie.

Ich dachte echt immer, dass Faruk höchstens auf ihren Körper hinaus war, überlegte ich, als ich zum hundertsten Mal seine Worte in meinem Kopf abspielen ließ. Aber, verdammt nochmal, es war nicht der Fall.

Ich setzte mich mit Rehava an den Küchentisch und aß noch eine Portion Lasagne, die ich vor einer Stunde für uns gemacht hatte.

Er konnte sich die mitleidigen Blicke zu mir nicht verkneifen und das Schulterklopfen selbstverständlich auch nicht.

Um auf andere Gedanken zu kommen, fragte ich ihn, ob er ein Mädchen in Aussicht hätte.

„Nichts als hinterhältige Weiber, die ihr Rückgrat brechen, um auf Bildern ihren Arsch zu präsentieren. Was Besseres lebt in unserer Umgebung nicht“, hatte er darauf geantwortet.

Diesen Abend ließen wir ruhig ausklingen. Wir saßen auf unseren Betten, redeten über Dies und Das, aber über nichts wirklich Wichtiges.

Pünktlich um Mitternacht klopfte dann Herr Kolsten an unsere Tür.

„Wo ist denn deine Matratze“, fragte er erschrocken, als er sah, wie Faruk auf einem leeren Bettgestell saß.

Wir wechselten einige nervöse Blicke.

„Ähm, so tollpatschig wie wir sind, ist uns Eistee darüber vergossen und dann sind wir zu der Reinigung gegangen. Sollte morgen fertig sein“, sagte Rehava höflich.

„Und dann habt ihr die GANZE Matratze mitgenommen, anstatt das  Bettlaken“, rief Herr Kolsten ungläubig und schlug sich die Hand gegen die Stirn.

Rehava verzerrte das Gesicht vor seiner eigenen Dummheit und biss sich auf die Lippen. „Es ist durch gesickert. Wir hätten ein schlechtes Gewissen bekommen, wenn wir die Matratze mit einem Eisteefleck hiergelassen hätten“, sagte er kleinlaut.

„Ach, ihr seid mir welche. Bitte sorgt dafür, dass die morgen wieder hier ist. Ihr könnt doch nicht einfach eine Matratze…Ach…Gute Nacht.“

Mit diesen Worten verließ er kopfschüttelnd den Raum.

Violetta fing laut an zu lachen, als unser Lehrer die Türe hinter sich schloss. „Scheiße, hahaha. Wie kommt man denn nur auf sowas?“

„Ich muss ja zugeben. Das war nicht einer meiner besten Ausreden“, lachte Rehava.

„Das heißt jetzt aber nicht, dass wir Faruks Matratze aus dem dreckigen, mit Algen versehrten, See holen müssen, in dem sie schon ein Tag vor sich hingammelt“, grinste ich.

Violetta hielt sich den Bauch vor Lachen. „Oh mein Gott! Also ich glaube, die wird ein bisschen mehr Flecken haben als nur einer vom Eistee, hahaha.“

„Naja, wenn wir morgen schon mit dem Insektenstreich beschäftigt sind. Warum dann nicht auch kurz eben die saubere Matratze der Mädchen gegen die verdreckte aus dem See austauschen“, schlug ich hämisch vor.

Die anderen stimmten zu, auch wenn die Insekten auf der Matratze dann gar nicht mehr sooo auffallen würden.

Als ich dann später in der Nacht in meinem Bett lag und an die Decke starrte, musste ich tatsächlich eingestehen, dass ich mich auf den folgenden Tag freute. 

ViolettaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt