Kapitel 40

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Weil wir nicht nach Hause gehen und uns die Standpauke von Herr Kolsten anhören wollten, gingen wir zum Strand ohne dass jemand es vorgeschlagen hatte. Wir schlenderten so lange wortlos am Meer entlang bis die Touristen und der Sand immer weniger wurde und wir an großen, dunkelbraunen Felsen ankamen.

Violetta zog fragend ihre Augenbrauen hoch und ich wünschte mir insgeheim, dass sie mit Faruk vorhin weggegangen wäre.

Ich wäre gerne alleine mit Rehava gewesen, da ich wusste, dass er mir viel zu sagen hatte, aber ich wusste auch, dass er es solange für sich behalten würde, solange Violetta noch bei uns war.

Seufzend setzte ich mich auf einen der Steine und ignorierte die glitschige und feuchte Oberfläche.

Die anderen machten es mir gleich.

Ich weiß nicht, wie lange wir so schweigend nebeneinander saßen, aber irgendwann fragte Rehava sich laut, wo Faruk wohl hingegangen war. Wir einigten uns auf irgendein Café oder Bistro.

Dann war es wieder still.

Für gewöhnlich war ich ein echt trauriger Mensch. Naja, eher jemand, der viel nachdachte und sich somit alles traurig einredete, aber die letzte Woche war perfekt.

So anders.

Eine richtige Wendung meines bisherigen, eintönigen Alltages.

Und jetzt saß ich auf diesen Steinen, hatte soeben einen guten Freund belogen und mein erstes Date ist in die Hose gegangen.

Zu allem Überfluss wurde das Wetter immer schlechter, passte sich dramatisch unserer Laune an und endete in einem Sommerregen.

Dennoch fühlte ich mich nicht so, wie es vielleicht für meine Verhältnisse angemessen gewesen wäre. Es war wie eine glückliche Trauer, die mich umhüllte.

Klar, es ist scheiße gelaufen. Ich meine sogar richtig scheiße. Aber ich war trotzdem irgendwie froh. Vielleicht hätte das Date auch gar nichts gebracht, natürlich hätte es das nicht. Violetta zieht bald um.

Entweder ich muss lernen sie als Freund zu betrachten, ich gib alles in dieser neuen Stadt auf, lasse meine Familie im Stich und ziehe zu ihr nach Australien oder schmiede einen durchdachten und fantastischen Plan, Violetta hier zu behalten.

Selbstverständlich musste ich mir eingestehen, mich in Zukunft mit Variante 1 zufrieden geben zu müssen, auch wenn Rehava vermutlich wirklich ein Plan eingefallen wäre, ihr den Umzug aus dem Kopf zu schlagen.

"Lass gehen", murmelte Violetta und erst jetzt nahm ich meine völlig durchnässte Kleidung und die tosenden Wellen gegen die Felsen wahr.

Rehava wickelte mir seine Strickjacke um den Verband und dann joggten wir ins nächstbeste Restaurant - also dem Strandbistro - da es beim Date ja nicht so weit gekommen war, meinen Hunger zu sättigen.

Erschöpft ließen wir uns in die warmen, weißen Sessel fallen und bestellten so viel, als würde das viele und gute Essen unsere Probleme beseitigen können.

ViolettaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt