Es war später Abend als ich jedem von uns eine Schüssel voller Haselnusseis mit Streuseln machte.
Wir waren zwar noch satt von unserem Essen im Strandrestaurant, aber es war unser letzter Abend, der dazu ziemlich scheiße war, also warum sollten wir nicht heute ein wenig auf Diäten und Kalorienzählen verzichten und unsere Fehler mit ein wenig Zucker versüßen?
Dies hielt ich auch für die gemäßigte Antwort, als ich 10 Minuten später auch noch eine Chipstüte öffnete.
Um 01:00 Uhr kam Faruk nach Hause. Seine Haare waren zersaust vom Regen und die Hände hatte er zitternd in die Hosentaschen gesteckt.
Wir redeten gerade über die unregelmäßige Periode von Violetta als er reinkam, aber wir verstummten sofort (auch wenn ich zugeben muss, dass ich echt gerne mehr über die 'Erdbeerwoche' erfahren hätte, da ich mich nicht wirklich mit diesen Frauenthemen auskenne).
Rehava versuchte weiterzureden, aber man merkte sofort, dass es ein vergeblicher Versuch der Überspielung war.
Wenn ich eins von mir mit hunderprozentiger Sicherheit weiß, dann ist es, dass ich absolut schlecht in ernste Gespräche führen bin. Aber in dem Moment, wo Faruk die Tür reinkam, wusste ich, dass ich wenigstens dieses Gespräch verdient habe und irgendein Teil von mir wollte es sogar führen.
Ich stand also auf, bevor überhaupt irgendjemand zu Wort kam, und ging zu ihm. "Können wir kurz reden?", fragte ich mit erstaunlich viel Selbstbewusstsein in der Stimme.
"Ok", antwortete er mit erstaunlich viel Wut in der Stimme.
Und da war sie wieder, meine Angst. Die Angst, die ich besaß, seitdem ich in dem Alter war, in dem man merkte, dass die Menschen dich auf unerklärlicher Weise nicht leiden können und dich aus deren Footballer- & Cheerleader-Cliquen ausgrenzen, weshalb auch immer.
Verzweifelt biss ich mir auf die Unterlippe, während ich Faruk zum Steg hinterhertrottete.
Worüber wollte ich eigentlich mit ihm reden?
"Schieß los!" Er musterte mich erwartungsvoll und ich räusperte mich. "Also...nochmal... Es tut mir Leid."
Danach machte ich eine kurze Pause, da ich die Hoffnung nicht verlor, dass er einfach so was wie "Nicht schlimm" oder "Schon vergessen" antworten würde.
Das tat er jedoch nicht, also redete ich weiter.
"Ich weiß, dass das dumm von mir war. Mehr als das. Und ich weiß auch nicht, was ich mir dabei gedacht habe, das war doch von Anfang klar, dass so ein Berg aus Lügen nie gut enden kann. Und falls es dich aufmuntern sollte: Ich will sie nicht. Ich will Violetta nicht haben."
Und das war der Augenblick, an dem mich meine eigenen
Worte überraschten.
"Was soll das heißen du willst sie nicht mehr? Das war also alles umsonst? Du hast mich angelogen, tagelang, alles um dann am Ende zu sagen, dass du sie irgendwie doch nicht mehr haben möchtest?"
Entgeistert starrte er mich an und vor Aufregung konnte er nicht einmal ruhig auf der Stelle stehen bleiben.
"Nein, nein. Ich liebe sie. Aber ich will sie nicht, verstehst du?"
Er schüttelte unmerklich den Kopf.
"Ich muss mich an den Gedanken gewöhnen, dass es zwischen Violetta und mir keine Zukunft gibt. Ich würde es nicht ertragen, mit ihr zusammen zu sein und gleichzeitig zu wissen, dass ich sie in wenigen Wochen verlassen beziehungsweise gehen lassen muss. Ich finde die Nähe zu ihr jetzt schon unerträglich. Das erste Mal war ich mit einem Mädchen glücklich, aber dass die Distanz das kaputt machen würde, hätte ich im Leben nicht gedacht. Es tut mir Leid, Faruk. Das war alles ein Fehler." Erleichtert atmete ich aus.
"Dylan?" Er legte den Kopf schief und sah mich mit zusammengekniffenden Augen an.
"Ja?", fragte ich unsicher.
"Das war echt schwul." Dann fing er an zu lachen.
Tja, und das war der Moment, in dem ich wusste, dass er nicht mehr länger sauer auf mich war.
Meine Worte waren ziemlich ernst gemeint und es kostete mich auch verdammt viel Überwindung, meine Gedanken laut auszusprechen und Faruk hatte es mit Humor genommen.
Was ich nicht schlimm fand.
Ernste Sachen meinerseits hatte man immer amüsant gefanden.
Meine Mutter zum Beispiel sagte immer "Ach, Dylan" mit diesem mütterlichen Lächeln, nachdem ich ihr früher von meinen Problemen erzählt hatte. Seitdem machte ich es einfach nicht mehr. Aber es gab nichts, was mich mehr auf die Palme brachte als dieses ironische Mitleid und dieses Betätscheln. Allerdings gewöhnte ich mich an so was, wie auch an sonst so vieles.
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Violetta
RomanceDylan ist 17 Jahre alt und da seine Eltern meinen, er würde auf seiner Schule in tiefe Depressionen versinken, wenn er nicht bald neue Freunde findet, beschließen sie, sein Leben vollkommen auf den Kopf zu stellen, indem sie umziehen, Dylan die Schu...