Kapitel 13

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Nachdem  Violetta sich umgezogen hatte, fiel es mir wieder besonders schwer, den Blick von ihr abzuwenden. Sie trug einen schwarzen, engen Rock, der etwas über ihren Bauchnabel ging und darüber ein kurzgeschnittenes, schlichtes schwarzes Top. Dazu Goldschmuck und die Haare ordentlich und gelockt über ihre Schultern. Andererseits brachte es mich zum Nachdenken, weshalb sie sich so schick gemacht hatte. Wollte sie etwa jemanden aufreißen? Ich musste aufhören so zu denken. Und wenn schon? Soll sie doch, warum sollte es mir etwas ausmachen?

Draußen war es immer noch warm. Aber wenigstens war es jetzt aushaltbar. Wir gingen die sandigen Straßen entlang an Geschäften, vollbesetzten Restaurants und Touristenläden. Lichterketten hingen über den Straßen und die Stimmung wurde so harmonisch, dass auch nun der letzte Hauch von Vorfreude auf Feiern verschwunden war und ich am liebsten stundenlang am Strand gesessen hätte.

Rehava hielt vor einem beleuchteten Gebäude ein mit zwei Türstehern, komplett schwarz gekleidet, die uns skeptisch anschauten.

„Ausweis“, befahl einer von ihnen.

Ich übergab ihm meinen unsicher. Rehava hatte im Bungalow die letzte Zahl meines Geburtsjahres mit einem Schlüssel abgekratzt und mit einem Fine Liner eine neue draufgeschrieben. Für mich sah es schon ziemlich täuschend aus, aber man weiß nie, ob die Türsteher nicht ein besseres Auge dafür hatten. Er guckte ein paar Sekunden auf meine Karte, verglich mich mit dem Bild auf dem Ausweis und gab ihn mir wieder zurück.

„Rein“, sagte er und streckte seine Hand aus, um einen weiteren entgegen zu nehmen.

Angespannt ging ich durch die schwarze Tür und drinnen empfang mich stickige, nach Alkohol riechende Luft und dröhnende Musik aus einer geschlossenen Tür, wo aber immer wieder Leute rein und raus gingen.  Es dauerte nicht lange, bis es auch alle anderen rein geschafft hatten. Im Gang gab uns eine Frau einen Stempel auf die Hand und einen Schlüssel, mit dem wir unsere Taschen und Jacken in einen Spind einschließen konnten. Da wir aber so gut wie nichts Störendes dabei hatten, gingen wir einfach rein. Der Saal war groß und noch stickiger, als im Flur. Die meisten waren auf der Tanzfläche, einige waren an der Bar und ließen sich volllaufen und der Rest saß gelangweilt mit ihren Handys in irgendeiner Ecke. Violetta steuerte direkt auf die Bar zu und bestellte jedem von uns ein Bier.

„Für das Erste sollte es reichen“, hatte sie gesagt. Ich nippte an dem Plastikbecher mit dem Gedanken, ich würde hier noch alles tun, was ich mir immer versprochen hatte, es nie vor zu haben. Ehrlich gesagt, hätte ich lieber Cola getrunken als die unzähligen Shots, die Violetta immer wieder zu uns schleppte.

Faruk tat mir inzwischen richtig Leid. Er saß jetzt bestimmt zuhause auf dem Sofa und guckte seine Lieblingssendung.

„Wieviel Uhr ist es“, schrie ich gegen die Musik an.

„Halb zehn“, rief Rehava zurück.

„Was ist mit Herr Kolsten“, fragte ich.

„Scheiße!“ Violetta schlug sich erschrocken die Hand vor die Stirn.

Aber Rehava sah nicht so aus, als hätte er noch keinen Plan gehabt. „Ja, wir müssen leider kurz vor zwölf wieder zum Bungalow gehen. Wenn’s hier noch einigermaßen cool wird, können wir danach ja wieder herkommen“, sagte er. „Eigentlich wollte ich, dass Faruk sagt, wir hätten uns für die Woche ein Auto ausgeliehen und wir ständen noch im Stau, falls Kolsten auftauchen sollte, aber ich denke nicht, dass Faruk uns noch beschützt“, lachte er.

Gott sei Dank tat er das nicht. Wer hätte uns auch schon diese Geschichte abgekauft? Eine jubelnde Menge von Jugendlichen rannte durch die Mitte von uns und beendete so unser Gespräch. Violetta kam zu mir.

„Darf ich sie zum Tanz ausführen, gnädiger Dylan“, sagte sie sarkastisch ernst.

„Es wäre mir eine Ehre“, sagte ich noch sarkastischer, denn Nein, das war keineswegs eine Ehre. Ich und Tanzen. Zwei verschiedene Welten. Sie nahm meine Hand und zog mich in die schwitzende Menge. 

ViolettaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt