○ vierzehn ○

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Trotz dem Verlust von Nick lief ich am nächsten Tag wieder ins Labyrinth. Ich wollte nicht, dass Nick und all die anderen Jungs, umsonst gestorben waren. Das hatte ich mir fest vorgenommen.

Wie immer rannte ich bis mittags zwischen den Mauern hindurch, machte Pause und lief dann zurück in Richtung Lichtung. Das, was mich zurück zur Lichtung zog, hatte sich seit gestern verstärkt, was mich wunderte.

Meinen Abschnitt, den ich jetzt alleine 'betreute' kannte ich schon auswendig. Auch die Reihenfolge, in welcher Nacht sich die Mauern wie verschoben, wusste ich.

Seit Chuck hier war, hatte ich angefangen, meinen Abschnitt täglich aufzumalen, weil ich das Gefühl hatte, dass es wichtig war. Minho hatte mir erzählt, dass sie das früher auch mal getan hatten, es aber mittlerweile nichtmehr taten, da es in ihren Augen unsinnig war

Als ich durch den letzten Gang in meinem Sektor lief, fiel mir ein Stück Stoff auf, was auf Kopfhöhe an der Mauer hing. Seltsam.

Neugierig angelte ich mir den Fetzen, sah ihn aber nicht genauer an, da mir die Zeit fehlte. Später würde ich ihn unter die Lupe nehmen.

Zurück auf der Lichtung lief ich direkt in den Kartenraum und setzte mich auf eine der Kisten. Dann nahm ich meinen Rucksack ab und holte den Stofffetzen hervor.

Er war zusammengefaltet, weswegen ich ihn vorsichtig auseinanderklappte.

Wochen
                      - A.N.G.S.T.

Das war alles, was darauf stand. Wochen? Was wollten die uns damit sagen?

Die Tür öffnete sich und Minho kam verschwitzt herein. Sofort stand ich auf und zeigte ihm meinen Fund.

Er war fast schon begeistert von dem Stofffetzen.

"ANGST ... das könnte für 'Abteilung nachepidemische Grundlagenforschung Sonderexperimente Todeszone' sehen.", sagte Minho aufgeregt und lief aus dem Raum. Vermutlich brachte er das Ding sofort zu Alby und Newt.

Newt ... ich wusste immernochnicht, was das zwischen uns war, oder was ich von seinen ständigen Abgängen halten sollte.

Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, stürmte Minho wieder herein: "Komm schon Lilly!"

Minho hatte sofort eine Versammlung aller Hüter und Läufer einberufen. Für meinen Fund wurde ich von allen sehr gelobt, doch auch sie konnten mit dieser Nachricht nicht wirklich etwas anfangen.

Nach der Versammlung suchte ich mir einen ruhigen Platz, um nachzudenken.

Wie immer fiel meine Wahl auf den Aussichtsturm. Jedoch hatte ich meine Rechnung ohne Alby gemacht, der mir schon nach wenigen Sekunden auf die Plattform folgte.

"Wie geht es dir?", fragte er mich monoton. Ich zuckte mit den Schultern: "Den Umständen entsprechend, würde ich mal sagen." Er nickte. Langes, aber kein unangenehmen Schweigen folgte.

"Ich weiß, dass das ein klonkiges Thema ist, aber ... das mit dir und Newt ist mir nicht entgangen. Was auch immer das zwischen euch ist, ich möchte keine Baby's auf der Lichtung. Chucky reicht mir schon.", fing er irgendwann an.

Etwas überfordert sah ich zu ihm: "Ähm Alby, ich denke nicht, dass ..."

"Ich weiß. Das meinte Newt auch. Ich möchte das nur klargestellt haben.", unterbrach er mich: "Ich lass' dich dann mal alleine."

Und schon saß ich wieder alleine hier oben. Meinte Alby wirklich, dass das zwischen Newt und mir so weit kommen könnte? Bei dem Gedanken daran wurde mir ganz warm. Oh Gott...

Nach mehreren Minuten öffnete sich die Luke schon wieder. Man konnte hier heute wohl einfach nicht ihn Ruhe nachdenken...

"Störe ich?", fragte Newt leise. Durch meine vorherige Vorstellung wurde ich bei seiner Anwesenheit total rot. Zum Glück war es schon so dunkel, dass er es nicht bemerken konnte.

"Nein, du störst nie", erwiderte ich und könnte mir schon im nächsten Moment gegen den Kopf klatschen. Was redete ich da?

Doch Newt lächelte nur. Er legte sich neben mich auf den Rücken und betrachtete den klaren Sternenhimmel.

Ich sah zu ihm herunter und tat es ihm gleich. "Sie sind faszinierend, oder?", murmelte er mehr zu sich selbst: "Sie sind so weit weg, und doch so nah bei uns."

Das einzige worauf ich achtete, war seine Stimme. Sie beruhigte mich und ließ trotzdem mein Herz schneller schlagen. "Alby war gerade hier.", erzählte ich ihm.

"Hat er dir auch so einen komischen Vortrag gehalten?", fragte Newt. Ich konnte heraushören, dass er grinste.

"Ja.", kicherte ich. Aus irgendeinem Grund mussten wir beide lachen. Das war eine sehr seltsame Situation. Als wir uns wieder beruhigt hatten, herrschte lange Zeit Stille.

"Wäre das denn so schlimm. Ich meine ein Kind auf der Lichtung. Uns fehlt es hier eigentlich an Nichts.", unterbrach Newt das Schweigen.

"Keine Ahnung", seufzte ich peinlich berührt: "Aber ich bin müde." Dann stand ich auf. Newt folgte meinem Beispiel: "Ich bringe dich noch zu deiner Matte."

Schweigend liefen wir nebeneinander her. Unsere Hände streiften sich immer mal wieder, was mir jedes mal kleine Stromstöße durch den Körper jagte.

Als wir an meiner Hängematte ankamen - die Jungs schliefen schon alle - wussten wir beide nicht, was wir machen oder sagen sollten. Ich entschloss mich dazu, ihn einfach zu umarmen.

"Gute Nacht.", nuschelte ich an seinen Hals. Er hatte seine Hände um meine Taille gelegt und malte Kreise darauf. Tausende Schmetterlinge flatterten durch meinen Bauch. Er seufzte, löste sich von mir und wünschte mir auch eine gute Nacht. Kurz darauf war er auch schon wieder verschwunden.

Auch ich seufzte und versuchte mir so wieder die ganze Kontrolle über meinen Verstand zurückzuholen, die Newt mir geraubt hatte.

"Was war das denn?", fragte mich plötzlich eine kindliche Stimme. Das kam so unerwartet, das ich total erschrak. "Man Chuck, musst du mich so erschrecken?", fluchte ich leise und drehte mich zu dem Kleinen.

"Tut mir Leid.", bedauerte er: "Aber was war das denn jetzt?"

"Chucky, auch, wenn ich das selbst genau wüsste, würde ich es dir nicht sagen.", erklärte ich ihm wahrheitsgemäß.

"Manno, das ist unfair.", nörgelte er. "Das ist nicht unfair, sondern Privatsphäre. Außerdem verstehst du eh nichts davon. Du bist noch viel zu jung.", klärte ich ihn auf.

"Wovon verstehe ich nichts?", jetzt grinste der Frischling frech. Kleiner Neppdepp.

"Versuch einfach wieder einzuschlafen, ok?", versuchte ich ihn ruhig zu stellen, was mir mit einem leisen Brummen seinerseits auch gelang.

Diese kleine Nervensäge konnte einem echt die letzten Nerven rauben. Hoffentlich erzählte er niemandem davon. Ich wollte es um jeden Preis verhindern.

"Chuck.", weckte ich ihn nochmal. "Was ist?", murmelte er. "Wenn du jemandem davon erzählst, schleppe ich dich eigenhändig ins Labyrinth, kapiert?!", drohte ich ihm.

Er stöhnte müde auf: "Geht klar, Chefin."

Beruhigt legte ich mich auch schlafen. Ich lag zwar noch länger wach, konnte dadurch aber endlich in Ruhe nachdenken.

Über die Lichtung, das Labyrinth, Newt, den Jungen auf dem Foto, Newt, Alby's Worte, den Stofffetzen, Newt und einen Ausgang.

Worst Case [Newt FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt