○ achtzehn ○

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Ich fasste mir automatisch an den Hals, als ich aufwachte. Nach Luft ringend, setzte ich mich auf. Es war schon ein wenig hell, was für mich Zeit zum Aufstehen hieß.

Wie gewöhnlich stand ich auf, ging zum Teich und wusch mir mein Gesicht. Dann lief ich zum Kartenraum und packte mein Zeug. Gerade als ich fertig war, kam Minho gefolgt von Newt und Alby herein.

"Morgen.", begrüßte ich die drei leicht verwirrt. Keiner antwortete, nur Newt schenkte mir ein leichtes Lächeln, was schon reichte, um mir ein Kribbeln im Bauch zu bescheren. "Gut, dann halt nicht.", gab ich beleidigt von mir und ging hinaus, um mich schonmal warm zu machen.

Kurze Zeit später kamen die drei zu mir. Es wunderte mich, dass sich die anderen Läufer noch nicht blicken ließen.

"Du wirst die Lichtung heute nicht verlassen, Lillian.", berichtete mir Alby. Was? "Warum nicht? Ich war schon ewig nichtmehr draußen.", meckerte ich.

"Keine Widerrede.", stellte Alby klar. Ich schnaubte beleidigt. Frechheit. Da war man schon Läufer und durfte nicht laufen.

Dennoch blieb ich bei den drei Jungs. Ich wollte wissen, warum Newt und Alby auch hier waren.

Als sich das Tor geöffnet hatte, wurde Newt leicht nervös. "Warum seid ihr auch hier? Und warum darf ich nicht raus?", fragte ich Newt, trotz Alby's Worten.

"Die beiden Strünke wollen den gestrigen Weg von Ben zurückverfolgen.", klärte er mich auf. "Ben war gestern in meinem Sektor, also wäre es doch besser, wenn ich mitgehen würde.", stellte ich mit hoffnungsvollen Augen fest.

Newt's Blick verdüsterte sich: "Nein, das ist ausgeschlossen." Ok, damit war meine Hoffnung entgültig zerstört.

Ich wandte mich zu Minho: "Pass gut auf dich auf, ok? Und wenn du den Griewer siehst, der Ben gestochen hat, gib ihm eine Ohrfeige von mir." Minho nickte grinsend: "Ja, mach ich." Wir sahen uns noch kurz an und umarmten uns anschließend. Ich wollte nicht, dass Minho gestochen wurde. Auch Alby sollte auf sich aufpassen, aber ihm sagte ich es nicht extra.

Als der Anführer mit dem Läufer verschwunden war, sah ich wieder zu Newt. "Ich will nicht, das dir etwas passiert, ok. Du hast bestimmt noch nicht vergessen, was ich dir gestern gesagt habe.", erklärte er sich.

"Ist schon in Ordnung. Hat Thomas seinen Namen schon an die Wand geschrieben?", wechselte ich das Thema. Newt seuftzte. Keine Sekunde später schlich sich ein Schmunzeln auf seine Lippen: "Ja, hat er."

Wir liefen nebeneinander zu der Namens-Stelle an der Mauer. Thomas hatte seinen Namen direkt unter meinen geschrieben, obwohl wo anders viel mehr Platz gewesen wäre. Diese Tatsache brachte auch mich zum lächeln.

Mal wieder verbrachte ich den Tag damit, im Garten zu helfen. Das machte ich einfach am liebsten - zumindest von den Jobs auf der Lichtung.

Die anderen Läufer hatten - wie Newt mir erzählt hatte - alle gekündigt. Solche Neppdeppen...

Kurz vor dem Mittagessen dröhnte schon wieder der Frischlingsalarm über die Lichtung. Was sollte das denn?

Newt und ich sahen uns kurz an, bevor wir losrannten. Gally kam zeitgleich mit uns an der Box an.
Ein Lichter nach dem anderen sammelte sich um die Box. Gally und Newt öffneten die Gitter.

Nach kurzem Zögern sprang Newt in die Box. Ich hatte schon lange gesehen was, oder besser wer da drin lag. Doch die Jungs, weiter hinten standen, konnten es natürlich nicht erkennen, weshalb sie aufgeregt fragten, was Newt vorgefunden hatte.

Newt sah mich an: "Ein Mädchen. Aber ich glaube, sie ist tot."

"Was hat das zu bedeuten?"

"Warum noch ein Mädchen?"

"Ist sie wirklich tot?"

Ich hatte es mir ehrlich gesagt ein wenig anders vorgestennt, weibliche Gesellschaft zu bekommen...

All diese Fragen, die die Jungs stellten, wurden von einer lauten, unbekannten Stimme unterbrochen: "Alles wird sich verändern."

Das Mädchen war aufgeschreckt, hatte nach Luft geschnappt, die Worte gesagt und war dann wieder ohnmächtig geworden. Die Jungs sahen verstört aus.

"Newt, was hat sie da in der Hand?", fragte Gally. Newt entnahm der Hand des Mädchens vorsichtig ein zusammenggeknülltes Blatt und las, was daraufstand.

"Sie ist die Letzte. Für immer."

Thomas hatte sich zu mir vorgedrängelt und fragte mich, was los war. "Normalerweise kommen die Frischlinge immer im Abstand von einem Monat rauf. Außerdem sind bis jetzt alle mit Bewusstsein hochgekommen.", erklärte ich.

Am späten Nachmittag, war das Mädchen immernoch bewusstlos. Niemand hatte sich einen Reim darauf machen können, was das zu bedeuten hatte.

Minho und Alby waren noch nicht zurückgekommen. So langsam wurde ich nervös. Am liebsten wäre ich hineingelaufen, doch irgendetwas hielt mich zurück.

Mittlerweile lief Newt vor dem Tor auf und ab, während ich nur mit verschränkten Armen davorstand und auf meinen Füßen auf und ab wippte.

Thomas stand neben mir: "Was ist, wenn sie es nicht schaffen?" Das fragte er schon zum zehnten mal. "Thomas, ich kenne Minho, er wird es schaffen.", behauptete Newt erneut. Am Anfang hatte ich noch zu Newt gehalten, aber jetzt, da sie immernoch nicht in Sichtweite waren, fing ich an zu zweifeln.

Diese Situation erinnerte mich stark an Nick. Das wollte ich nicht nochmal erleben. Jetzt fing ich schon an, Steinchen hin und her zu kicken.

Die ganze Schaar an Lichtern wartete jetzt schon hier. Das Tor fing gerade an, sich zu schließen, als man Minho sehen konnte, der Alby hinter sich her zog.

Alby schien bewusstlos zu sein. Geschockt sah ich zu Newt, der mich mit einem Blick ansah, der mir sagen sollte, dass ich ja nicht hineinlaufen sollte. Ich dachte an seine Worte 'Ich will nichtmehr ohne dich hier sein'.

Doch ich hatte schon einen Entschluss gefasst. Entschuldigend sah ich ihn an. Gerade verstand er, was ich vor hatte und wollte nach mir greifen, als ich schon losgelaufen war.

Hinter mir hörte ich, wie Newt und Thomas gleichzeitig meinen Namen riefen. Als ich durch das Tor gelaufen war, sah ich mich kurz um. Dann blieb ich sofort stehen. Thomas war auch losgelaufen. "Thomas, nicht!", schrie ich, doch er hörte nicht.

Mit aufgerissenen Augen sah ich nochmal auf die Lichtung zu Newt. Er rief panisch meinen Namen und sah mich an. Kurz bevor sich das Tor ganz geschlossen hatte, lächelte ich ihn an. Ich wusste, worauf ich mich eingelassen hatte.

Vermutlich würde ich heute Nacht sterben, aber Aufgeben käme mir nicht in den Sinn.

Mit einem Knallen schloss sich das Tor dann endgültig.

Worst Case [Newt FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt