Im Krankenhaus

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Grandpa stützte mich, da mir bei den Erinnerungen plötzlich schwindelig wurde.

„Sind sie ...“, fing ich an.

„Ihnen geht’s gut“, sagte Grandpa schnell: “Hatten kaum einen Kratzer, du dagegen ...“,

Ich hatte an dem Unfall Schuld, wie könnte ich ihnen jemals wieder unter die Augen treten ...

„Dich hat es echt schlimm erwischt ... Hast dir den Kopf ganz schön angeschlagen, sie mussten dir die halbe Schädeldecke entfernen, damit die Schwellung Platz hatte, um sich auszubreiten. Viele bange Minuten“, erklärte er mir. Mir wurde schlecht.

„Ich habe ein Loch im Kopf?“, fragte ich geschockt und fasste instinktiv an meinen Kopf.

„Nicht mehr, nachdem die Schwellung abgeklungen war, haben sie ihn wieder zusammengeflickt“, erklärte er weiter.

„Sah im Spiegel gar nicht so aus als wäre da vor kurzem noch ein Loch gewesen, erklärt aber warum meine Haare so kurz sind“, bemerkte ich.

Grandpa schluckte und sah nun ebenfalls fast aus als müsste er heulen.

„Was ist los?“, fragte ich ihn.

„Na ja, erstens haben sie dir nur Teile des Schädels entfernt und zweitens....... ist das nicht erst vor kurzem passiert“, sagte er nun.

„Wann denn dann?“, fragte ich, etwas aufgewühlt von dem Gespräch.

„Vielleicht sollten wir morgen weiter reden Justin“, versuchte er mich abzulenken.

„Grandpa, sag es einfach, bitte“, lenkte ich ihn wieder zurück zum Thema: “Wann war der Unfall?“,

„Grandpa holte tief Luft: “vor etwa einem Jahr …....“,

Wenige Sekunden später stand er auf und lies mich allein ...

Wie der restliche Tag verging bemerkte ich kaum noch, die ganze Zeit dachte ich darüber nach, dass ich tatsächlich ein Jahr bewusstlos war, im Koma lag, wie ich später vom Doc erklärt bekam. Außerdem hatten wir schon anfang April. Ich war somit bereits siebzehn und habe mein glanzvolles, sechzehntes Lebensjahr völlig verpasst und zwei Geburtstage und den Führerschein hatte ich auch noch nicht. Von fünfzehn auf siebzehn ... Hätte ich nicht einen Monat früher aufstehen können?

Mit der Zeit erfuhr ich immer mehr. Ich war zum Beispiel immer noch in Deutschland in einem Krankenhaus und lag in einer Spezialklinik, der besten der Welt. Komischer Zufall, dass ich den Unfall ausgerechnet in dem Land mit der besten Gehirnklinik hatte, ...

Dad konnte mich deshalb noch nicht einmal besuchen aber wir haben dafür sehr lange telefoniert.  Mom hatte mir einen Laptop gekauft, dumm nur, dass alles auf Deutsch eingestellt war und ich immer noch nicht hinbekommen hatte, ihn umzustellen.  Nach weiteren Wochen war dies auch bald nicht mehr nötig, da ich mich auf Deutsch schon ziemlich gut verständigen konnte. Was ich an dieser Sprache am interessantesten fand, war, dass sie viele englischsprachige Wörter benutzten und auch aus anderen Ländern gab es eine menge Abwandlungen auf Deutsch. Nur sprechen war ziemlich schwer.

Ich musste noch unzählige Untersuchungen über mich ergehen lassen, hatte Krankengymnastik, mein Gehirn musste sich wieder daran gewöhnen richtig zu arbeiten, außer meinen Körper am Leben zu halten, erklärte der Doc einmal. Ich ging sogar wieder zum Friseur und lies mir die Haare abschneiden, wenn sie zu lang wurden, ich hatte das Gefühl die kurzen Haare, gehörten zu meinem neuen >ich<, zum neuen Justin Bieber. Grandpa und Grandma waren wieder nach Kanada geflogen, nur Mom blieb bei mir und half mir durch die ganze deprimierte Zeit.

Nach ein paar weiteren Wochen fing ich an meinen Namen zu googeln, natürlich googelte mein Laptop als Erstes deutsche Seiten aber mittlerweile konnte ich die ziemlich gut verstehen. Erst hatte ich Angst etwas zu lesen aber was ich dann sah, brachte mich doch fast zum Heulen. Unter meinem Namen fand ich bei Google fast nichts mehr, außer von dem Unfall. Meine Homepage geschlossen, mein Twitteraccount wie ausgestorben. Der letzte Tweet von einem Fan, fast ein Jahr alt. Als wäre ich bereits tot.

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