Teil 20 - Nächtlicher Ausflug

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Cally:

Als ich Marcs Tochter durch die leere Empfangshalle folgte, klang meine Wut langsam ab.

Neugierig schaute ich mich um. Obwohl es spät in der Nacht war, war die Rezeption besetzt.

Eine junge Frau saß hinter der hellen Theke und telefonierte in einem geschäftlichen Tonfall.

Als sie uns sah, runzelte sie kurz die Stirn, doch interessiert an unserem nächtlichen Spaziergang schien sie nicht zu sein.

Einen Moment lang wunderte ich mich über den skeptischen Blick der Frau, dann verzog ich mit einem Blick nach unten das Gesicht.

Shit!

Ich hatte noch meinen verblassten dunkelblauen Samtschlafanzug an.

Peinlich berührt folgte ich Lian eilig durch die Eingangstür nach draußen.

"Was hast du vor?", fragte ich sie erneut.

Aufgeregt grinsend drehte sie sich zu mir um. "Einen kleinen Ausflug. Schau nicht so entsetzt, es ist nicht gefährlich", ergänzte sie leicht abfällig, als sie meinen irritierten Blick sah. Dann lief sie ohne einen Blick zurück, weiter in Richtung Strand.

Verärgert über ihre Reaktion schaute ich ihr hinterher.

Ich war drauf und dran ihr lauthals viel Spaß zu wünschen und auf der Stelle umzukehren. Auf ihre eingebildete Art hatte ich gerade absolut keine Lust.

Außerdem plagte mich mein schlechtes Gewissen.

Was war, wenn Robin und die anderen unser Verschwinden bemerkt hatten und sich Sorgen machten?

In der Ferne sah ich den Taschenlampenstrahl von Lian flackern.

Andererseits hatte ich ein ungutes Gefühl dabei, sie alleine zurückzulassen. Obwohl sie bereits 17 Jahre alt war, hatte ich das Gefühl, mit einem kleinen Kind unterwegs zu sein.

Hatte sie überhaupt darüber nachgedacht, dass vielleicht etwas passieren könnte?

Missmutig traf ich eine Entscheidung. Ich würde Marcs Tochter nicht alleine in der Dunkelheit herum irren lassen. Das war einfach zu gefährlich.

Mit zusammengebissenen Zähnen lief ich im Dunklen den Weg entlang, dem Lian zur zuvor gefolgt war.

Lian:

Kurz hatte ich überlegt, ob ich auf das jüngere Mädchen warten sollte, doch ich hatte mich dagegen entschieden.

Sollte sie sich doch mit ihrer schlechten Laune alleine herumschlagen.

Ich hatte besseres zu tun.

Inzwischen war ich am Meer angekommen.

Suchend schwenkte ich den Lichtstrahl der Taschenlampe nach links und rechts.

Wo waren diese großen Felsen? Nachts sah irgendwie alles anders aus.

Ich holte mein Handy aus meiner Hosentasche und rief die Chatnachricht einer der Jungs auf, mit denen ich mich hier verabredet hatte. Die Felsen ungefähr 200 Meter entfernt des Hotels.

Nur links oder rechts?

Unsicherheit machte sich in mir breit.

Vielleicht hatte Cally Recht und ich sollte wieder zurückgehen. Schließlich kannte ich mich hier kein bisschen aus.

Auf Streife - Chaostheory "Ferien am Strand"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt