Die Englischstunde verging viel schneller als Mathe, was wahrscheinlich an unserem Lehrer lag, der sich nicht viel daraus machte, wenn im Unterricht geredet wurde. Solange man ab und zu mitmachte und in den Klausuren eine gute Note schrieb, konnte man sich im Unterricht ruhig unterhalten und Ian und ich lachten immer viel.
Als es dann zum Pausenbeginn klingelte, packten wir unsere Taschen und verließen den Raum. Ian begann zu grinsen, als er sah, dass Jake wirklich gegenüber der Tür lehnte und auf mich wartete.
„Ich geh' dann schon mal vor, Claire", sagte er und wandte sich zum Gehen, während ich mich Jake zuwandte und auf ihn zuging.
„Hi", meinte Jake wieder nur schlicht und ich fragte mich, ob er von allein überhaupt mit mir über diese Fake-dating-Sache reden würde. Wir konnten doch nicht immer nur improvisieren, was wenn Jo oder jemand anders mich in ein paar Tagen nach unserem ersten Date fragte?
„Jake, du weißt, dass wir uns einen Plan ausdenken müssen, oder?" Nachdenklich sah er mich von der Seite an, während wir wieder nebeneinander in Richtung Cafeteria gingen.
„Stimmt", sagte er dann kurz entschlossen und zog mich am Handgelenk in den Gang zu unserer linken, der eigentlich zu den Bioräumen führte. Ich hatte schon den Mund geöffnet, um mich zu beschweren, dass er mich einfach so hinter sich her schleifte, doch dann ließ ich es doch. Ich wollte aus irgendeinem Grund nicht wie jemand erscheinen, der sich nur beschwerte, also entwand ich mein Handgelenk lediglich seines Griffes.
Für einen kurzen Moment sah er mich verwirrt an und ich fragte mich, ob ich wohl die einzige war, die seinem sogenannten „Charme" total überzeugt widerstand. Ich grinste in mich hinein. Der Jake Stewart verwirrt, weil er jemanden mal nicht so herumkommandieren konnte, wie er wollte? Das gefiel mir.
„Also", begann ich, nachdem ich mich ihm gegenüber an die Wand gelehnt hatte, „wie hast du dir das gedacht?"
„Was gedacht?" Ich verdrehte genervt die Augen. Konnte er nicht einmal mitdenken? Oder wollte er es nicht? Er hatte das alles doch vorgeschlagen!
„Na wie willst du die anderen davon überzeugen, dass wir zusammen sind, wenn du mich immer nur vom Unterricht abholst? Wenn du nie wirklich mit mir redest? Und mich hinter dir her schleifst, als sei ich dein Eigentum?" Warum brauchte er nur so schnell meine Geduld auf? Ich hätte ihn noch weiter beschuldigen können, aber mir war die Luft ausgegangen und ich musste erst einmal Luft holen. Jake sah mich nur nachdenklich von der Seite an und ich war schon wieder kurz davor, mich einfach umzudrehen und diesmal wirklich zu gehen.
„Jetzt mach mal halblang", sagte er, was mich natürlich nicht im Geringsten beruhigte. Wie sollte es auch? Genau wie 'beruhig dich' war das ein Satz, der genau die gegenteilige Wirkung erzeugte. Ich funkelte ihn wütend an und ärgerte mich, dass ich wegen seiner Größe dabei ein wenig nach oben schauen musste.
„Geht's dir jetzt besser?", fragte er und ich wollte ihm schon klarmachen, dass er nicht so dreist sein sollte, aber nachdem ich dafür Luft geholt hatte, merkte ich, dass er doch Recht hatte. Es hatte gut getan, ihm einfach mal ein paar Sachen zu nennen, die mich an ihm nervten. Ich nickte als Antwort also leicht und schon wieder grinste Jake mich schief an.
Ich war jetzt schon öfter in den „Genuss" dieses Lächelns gekommen, als irgendwelche anderen Mädchen, die ihm nur hinterherliefen und diese Tatsache ließ mich darüber nachdenken, ob Jake wirklich durch und durch ein schlechter Kerl war. Wann immer ich mit ihm alleine gewesen war, hatte er sich eigentlich völlig in Ordnung verhalten, auch wenn man ihn nicht wirklich gesprächig nennen konnte.
„Also?", frage ich und seufzte, als Jake wieder nichts sagte, sondern mich nur weiterhin anstarrte und die Augenbrauen hochzog. Machte es ihm etwa Spaß, mich zu provozieren und in den Wahnsinn zu treiben? Es sah immer mehr danach aus.
„Erde an Jake Stewart", versuchte ich es wieder. „Was machen wir, damit uns geglaubt wird? Damit wirklich alle denken, wir wären zusammen?"
„Ich weiß es ehrlich gesagt nicht", gab Jake zu. „Darüber habe ich nicht nachgedacht." Oh Mann. Ich stöhnte auf. Ich hatte gedacht, er hätte seinen Plan wenigstens ein bisschen durchdacht.
„Na super", meinte ich. „Ich soll deine Fake-Freundin spielen, aber du hast nicht die geringste Ahnung, wie wir die anderen überzeugen sollen?"
„Hey", verteidigte er sich, „das war so eine Schnapsidee gewesen. Du bist mit einem genervten Gesichtsausdruck hektisch in den Schrank geflüchtet, indem auch ich mich versteckt hatte und ich dachte, da wir das gleiche Problem haben, könnten wir uns irgendwie helfen. Und außerdem habe ich nie mit deiner Zusage gerechnet, ich hatte nie den Eindruck, als würdest du mich besonders mögen."
„Tja, du hast dich ja auch nie besonders nett verhalten."
„Du bist die Erste, die mir das sagt, weißt du?"
„Die Erste?", frage ich erstaunt nach und sah ihm wieder in die Augen. Ich war die Erste, die ihm die Wahrheit sagte? Die Erste, die nicht von seinem guten Aussehen und seinem Ruf als Badboy geblendet war? Natürlich wusste ich, dass echt viele ihn mochten, aber irgendwie erstaunte mich das jetzt schon.
„Ja", sagte Jake und lehnte den Kopf an die Wand hinter ihm. „Im Übrigen hast du Recht damit, dass wir uns was einfallen lassen müssen."
„Waaaaas?", frage ich und tat mehr erstaunt, als ich wirklich war. „Der ach-so-coole Jake Stewart gibt zu, dass ich Recht habe?" Ich grinste, wahrscheinlich ein wenig selbstgefällig.
„Ja. Bring mich nicht dazu, es zu bereuen, Claire Howard", antwortete Jake mahnend, aber auch seine Lippen verzogen sich zu einem Grinsen. Mit einer totalen Unschuldsmiene schüttelte ich den Kopf, obwohl wir wahrscheinlich beide wussten, dass ich nicht aufhören würde.
Sein Grinsen vertiefte sich, aber er wies mit dem Kopf auf das Ende des Korridors, der in Richtung Cafeteria führte. „Komm mit, ich stelle dich meinen Freunden vor. Das ist immerhin ein guter Anfang, oder?"
Ich nickte ihm als Antwort zu und wir machten uns - mal wieder - auf den Weg zur Cafeteria, während ich erstaunt feststellte, dass ich tatsächlich etwas nervös war, als seine angebliche feste Freundin seine Freunde offiziell kennenzulernen.
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Pretending
Romance„Du willst, dass ich was mache?" „Ich möchte, dass du meine Fake-Freundin wirst." ----------------------------- Jake Stewart. Ein arroganter Typ aus der konkurrierenden Clique, den Claire Howard eigentlich nicht mag und mit dem sie - zum Glück - nic...