Chapter 27

55.6K 1.6K 214
                                    

Wie Jake am Tag zuvor gesagt hatte, holte er mich wieder mit seinem Motorrad ab. Zuerst dachte ich, dass die Stimmung durch seine Umarmung vielleicht etwas seltsam sein könnte, aber so war es nicht. Natürlich sprach keiner von uns das Thema an und wir verhielten uns einfach beide total normal – so normal, wie man es eben tat, wenn man vorgab, ineinander verliebt zu sein.

Es war fast, als wäre diese Umarmung nie passiert und ich wusste nicht genau, was ich darüber denken sollte. Einerseits hatte ich Jakes Verhalten schon merkwürdig gefunden, aber andererseits hatte ich mich auch nicht unwohl oder irgendetwas in der Art gefühlt. Es war einfach nur seltsam gewesen, aber nicht unbedingt seltsam in einer schlechten Weise.

Ich war so in meinen Gedanken vertieft gewesen, dass ich es gar nicht mitbekommen hatte, wie Jake auf den Schulparkplatz eingebogen war, auf dem er immer sein Motorrad parkte. Nichtsdestotrotz stieg ich natürlich ab und schaffte es, Jakes Verhalten gestern aus meinen Gedanken zu verbannen. Warum auch immer er es getan hatte, es spielte doch sowieso keine Rolle, warum sollte ich mir da also Gedanken drüber machen? Aber warum nur fühlte es sich so an, als würde ich mich selbst überzeugen wollen?

Ich schüttelte leicht den Kopf und folgte Jake an den geparkten Autos und Motorrädern vorbei zum Schuleingang. Wir standen vor dem Gong zur ersten Stunde mit unseren Freunden noch etwas zusammen und unterhielten uns über das, was wir so am Wochenende gemacht hatten, aber zum Glück begann der Unterricht, bevor Jakes und mein Kinobesuch ausgiebig zur Sprache kommen konnte. Ich konnte nur hoffen, dass das Thema nicht auch noch in der Pause angesprochen werden würde. Meine Chancen standen allerdings ziemlich gut, da Jo normalerweise diejenige war, die immer nachhakte, allerdings schwebte sie - genau wie ich vorausgesagt hatte - immer noch auf Wolke 7.

In der ersten Stunde hatte ich Französisch, genau wie Mathe auch ein Fach, dass ich nicht so wirklich mochte. Allerdings mochte ich unsere Lehrerin, daher ging der Unterricht meistens, so auch heute. Französisch hatte ich immer mit Jo zusammen und wir unterhielten uns leise über dies und das, während wir nebenbei zusammen unsere Aufgaben lösten. Genau wie diese Unterrichtsstunde verging auch der Rest des Schultages wie im Flug – und dabei war Montag.

Das einzig wirklich Interessante an diesem Tag war, als Tyler und Lauren feststellten, dass sie beide Kirmes total mochten und Tyler auf Jakes Kommentar „Ihr könnt ja mal zusammen zu einer gehen" beinahe total selbstverständlich mit „Klar, ist 'ne gute Idee" antwortete, woraufhin auch Lauren lächelte. Das war ziemlich lustig, da Jake und ich uns nach Tylers Antwort einen Blick zuwarfen und beide lachen mussten. Die anderen starrten uns danach zwar ein wenig verwirrt an, aber das brachte uns nur noch mehr zum Lachen.

„Hast du Lust, jetzt nach der Schule wieder mit zu mir zu kommen? Meine Eltern sind zwar noch nicht da glaube ich, aber sie müssten nachher noch kommen, dann sehen sie dich auch wieder", meinte Jake zu mir, als wir zusammen mit ein paar von seinen und meinen Freunden nebeneinander auf sein Motorrad zugingen.

„Klar hab' ich Lust." Josh – der auch mit uns auf den Parkplatz zugegangen war – grinste mir bei meiner Antwort zu und zog eine seiner Augenbrauen hoch, als er sich von mir verabschiedete. Kurz sah ich ihn verwirrt an, aber dann wurde mir klar, dass sein Grinsen und das Hochziehen seiner Augenbraue wahrscheinlich damit zu tun hatte, dass Jakes Eltern noch nicht da sein würden, wenn wir im Haus von Jakes Familie ankommen würden. Ich schüttelte nur den Kopf und sah Josh streng an, woraufhin er mit den Schultern zuckte, aber immer noch leicht grinste.

Immer noch den Kopf schüttelnd machte ich mich auf den Weg zu Jake, der schon an seinem Motorrad stand und sich seinen Motorradhelm aufzog. Fragend sah er mich an, als ich zu ihm aufgeschlossen hatte.

„Was wollte Josh noch von dir?", fragte er.

„Ach, nichts", meinte ich nur und versuchte, nichts sagend zu lächeln. Es wäre seltsam gewesen, Jake von dem zu erzählen, was Josh da hatte andeuten wollen. An Jakes nachdenklichem Blick konnte ich zwar ablesen, dass er mir nicht so ganz glaubte, aber er sagte nichts mehr dazu und stieg vor mir auf sein Motorrad.

Ich setzte mich hinter ihn und zum allerersten Mal, seit ich mit Jake auf seinem Motorrad zur Schule hin und wieder zurück fuhr, fühlte ich mich ein wenig seltsam, da Jake diesmal zum ersten Mal keine Sweatshirtjacke über seinem T-Shirt trug und ich deshalb seine Bauchmuskeln unter seinem Shirt spüren konnte, als ich mich an ihm festhielt. Er schien meine Unsicherheit allerdings zum Glück nicht zu bemerken, da er einfach wie gewohnt losfuhr und nach einiger Zeit dachte ich auch nicht mehr länger darüber nach.

Als ich dieses Mal Jakes Haus betrat, fühlte ich mich deutlich wohler als beim ersten Mal, aber ich wusste nicht genau, woran das lag. Vielleicht lag es daran, dass ich das Haus jetzt schon ein wenig kannte, aber vielleicht auch daran, dass ich Jakes Eltern schon kannte und meine Angst, einen schlechten Eindruck zu hinterlassen, nicht mehr ganz so groß war.

„Hast du Hunger?", fragte Jake, als wir unsere Jacken an die Garderobe gehängt und unsere Taschen darunter gestellt hatten.

„Ehrlich gesagt schon", antwortete ich und Jake grinste.

„Okay gut, ich nämlich auch. Dann essen wir jetzt was." Er setzte sich in Bewegung und ich folgte ihm in Richtung Küche. Dort angekommen bedeutete Jake mir, mich auf einen der zwei Barhocker zu setzen, die an der Anrichte standen und ich tat es auch. Von meinem Platz aus beobachtete ich Jake, der in der Küche umherlief und nachdenklich den Kühlschrank öffnete, ihn aber nach einiger Zeit wieder schloss.

„Hmmm", machte er und ich sah ihn fragend an. „Ich hatte gedacht, wir hätten von gestern noch ein paar Nudeln übrig, aber anscheinend hat einer von meinen Eltern sie schon gegessen. Ich hatte nur gedacht, du hättest Lust darauf gehabt, du magst Nudeln doch so." Ich lächelte.

„Ja, stimmt schon, ich liebe Nudeln, aber es ist auch nicht schlimm, wenn wir irgendetwas anderes essen."

„Naja, auf Brot, Sandwich oder so habe ich ehrlich gesagt keine Lust, deswegen wäre ich dafür, wenn wir uns irgendetwas kochen. Und da gehen Nudeln eh ziemlich schnell."

„Okay", meinte ich und stieg von meinem Barhocker hinunter, um ihm zu assistieren. Tja, und so kam es, dass ich mit Jake Stewart zusammen in seiner Küche stand und wir zusammen Nudeln kochten, als wäre es das Natürlichste der Welt.

PretendingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt