Chapter 30

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Im ersten Moment war ich so geschockt, dass ich einfach nur erstarrt dastand, während Jake mich küsste, doch dann entspannte ich mich ein wenig und schloss die Augen. Ich wusste nicht genau, warum ich es tat, aber ich legte meine Arme um Jakes Nacken und erwiderte den Kuss. Nach ein paar Sekunden – oder Minuten, mein Zeitgefühl spielte völlig verrückt – lösten wir uns dann voneinander und ich konnte nicht anders, als ihn einfach nur anzustarren. Mein Gehirn hatte noch nicht so ganz begriffen, was gerade geschehen war, und auch Jakes verwirrter Blick half mir da gerade nicht wirklich.

„Jake?", war das Einzige, das ich krächzend herausbrachte. Ich war mir dabei nicht einmal sicher, ob ich Jakes Namen bewusst aussprach oder aus einer Art Instinkt heraus, aber ich konnte beim besten Willen nicht weiter darüber nachdenken, da Jake sich erneut zu mir runterbeugte und ich wieder seine weichen Lippen auf meinen spürte. Er küsste mich noch einmal und ein wenig ärgerte es mich, dass ich nicht einmal darüber nachdachte, ihn von mir zu stoßen.

Jake löste sich dann aber auch schon wieder von mir und ließ mich nach Luft schnappend zurück. Was um alles in der Welt war gerade passiert? Hatte Jake mich gerade wirklich geküsst? Mitten im Park? Und warum nur? Er wollte es mir ja noch erklären, aber im Moment starrte er mich einfach nur stumm an. Ich strich mir durch die Haare, mehr aus Routine, als wirklich in dem Versuch, sie wieder in Ordnung zu bringen. Meine Haare machten sowieso nie das, was sie sollten.

„Ähm", machte Jake und hatte damit sofort meine ungeteilte Aufmerksamkeit, die er ja aber eigentlich sowieso schon aufgrund seines Kusses gehabt hatte. „Ich glaube, ich schulde dir eine Erklärung."

„Ja, das tust du in der Tat." Ich war echt froh, dass sich meine Stimme so total ruhig und besonnen anhörte, während die Gedanken in meinem Kopf rasten. Es war nichts Ungewöhnliches, wenn der feste Freund einen küsste, aber bei einem Fake-Freund, mit dem man die Beziehung nur vortäuschte, war das natürlich etwas ganz anderes. Jakes Erklärung musste also echt gut sein, damit ich sein Verhalten würde nachvollziehen können.

„Okay komm", meinte Jake und nickte mit dem Kopf weiter in Richtung des Ausgangs des Parks. „Ich erkläre es dir auf dem Weg." Bei seinen Worten setzten wir uns wieder in Bewegung und als wir den Park verlassen hatten, sah ich Jake neugierig, aber auch ein wenig fordernd von der Seite an.

„Also?", fragte ich und Jake wandte mir wieder seinen Blick zu.

„Du weißt ja, wir haben diese ganze Fake-Dating-Geschichte angefangen, damit uns keiner mehr hinterherläuft oder nervt." Ich nickte zustimmend und Jake sprach weiter. „Im Park auf der Wiese am Teich war eins von den Mädchen, die mich immer genervt haben. Sie hat am Freitag in der Schule schon wieder versucht, mich nach einem Date zu fragen, dabei bist du ja jetzt meine Freundin – und das weiß sie auch. Eben wollte sie auch schon wieder zu uns kommen, aber ich glaube durch den Kuss versteht sie jetzt endlich einmal, dass ich kein Interesse an ihr habe."

Okay, das klang sogar ziemlich logisch und ich könnte mir vorstellen, dass ich an seiner Stelle ähnlich gehandelt hätte. Obwohl andererseits... ich hätte ihn höchstwahrscheinlich nicht direkt geküsst, sondern irgendwie anders versucht zu demonstrieren, dass ich nun einen (Fake-)Freund hatte. Und obwohl Jake sein Verhalten erklärt hatte, konnte ich nicht anders, als darüber nachzudenken, wie er unseren Kuss gefunden hatte. Um mich von diesen verwirrenden Gedanken abzulenken, versuchte ich, mich wieder auf das zu konzentrieren, was Jake gesagt hatte.

„Wie heißt sie denn? Kenne ich sie?", fragte ich ihn über das Mädchen aus und ging in Gedanken all diejenigen durch, die ich vor unserer angeblichen Beziehung schon einmal bei Jake gesehen hatte, aber keine von ihnen war mir im Park aufgefallen.

„Ich weiß nicht, ob du sie kennst, aber sie ist eine Jahrgangsstufe unter uns und heißt Hannah. Und meiner Meinung nach ist sie die echt nervigste Person, die ich kenne." Ich lachte. Der total entnervte Ton, mit dem Jake seinen letzten Satz gesagt hatte, erinnerte mich nur zu gut an meinen Ton, wenn ich über Max geredet hatte.

„Ich kenne Hannah wirklich nicht."

„Naja, hoffen wir mal, dass es so bleibt. Ich würde mich nämlich echt freuen, wenn sie mich – uns – jetzt in Ruhe lässt."

„Kann ich verstehen", antwortete ich. „Ich bin auch total erleichtert, dass mich Max nicht mehr so aufdringlich verfolgt. Das war echt eine gute Idee von dir, einfach eine Beziehung vorzutäuschen." Am Anfang war ich mir ja noch nicht so sicher gewesen, ob ich wirklich hätte zustimmen sollen, aber mittlerweile war ich echt froh. Max nervte mich wirklich nicht mehr und außerdem hatte ich Jake nun so richtig kennengelernt und festgestellt, was für ein netter Typ er doch war. Seine Freunde natürlich auch, mittlerweile fragte ich mich sowieso, wie ich alle von ihnen für arrogant hatte erklären können.

Jake lächelte mich an. „Ja, finde ich auch." Ich lächelte zurück und merkte, dass wir schon wieder bei Jakes Haus angekommen waren. Jake schloss die Haustür auf und ich gab ihm wieder seine Jacke zurück, die er zusammen mit der, die er selbst für unseren Spaziergang angehabt hatte, an die Garderobe hing, dann gingen wir zusammen ins Wohnzimmer, in dem Jakes Eltern zusammen auf dem Sofa saßen.

„Na, ihr zwei?", meinte Jakes Vater Brad, als wir uns zu ihnen setzten. Wir begrüßten die beiden und Amber lächelte uns freundlich an.

„Ich wollte dich noch etwas fragen, Claire", begann Amber und ich sah sie neugierig an. „Wir sind nächsten Samstag auf eine kleine Familienfeier eingeladen und ich wollte fragen, ob du Lust hast, mitzukommen." Überrascht sah ich sie an und wollte gerade zu einer Antwort einsetzen, als Jake mir ins Wort fiel.

„Mum, du weißt doch, dass ich solche Familienfeiern nicht mag und zuhause bleiben wollte!" Amber grinste ihren Sohn an und mir wurde klar, dass Jake sein aussagekräftiges Grinsen definitiv von ihr geerbt hatte.

„Ich weiß. Deswegen habe ich ja auch Claire gefragt, ohne dass du es wusstest, weil du sonst nie mitkommen würdest." Ich lachte und Jake sah mich seufzend an.

„Okay, dann komme ich eben dieses Mal mit. Vorausgesetzt, du hast Lust, Claire?" Ein wenig hoffnungsvoll, dass ich nein sagen würde, sah er mich von der Seite an, aber erstens hatte ich wirklich Lust, mitzukommen, und zweitens wollte ich Jakes Eltern gegenüber definitiv nicht unhöflich erscheinen.

„Ja, gerne." Ich grinste Jake an und auch er musste lachen.

„Ich mag es echt nicht, wie du dich mit meinen Eltern gegen mich verbündest, Claire." Bei seinem Kommentar mussten wir alle vier lachen und ich stellte fest, dass ich mich hier, im Wohnzimmer der Stewarts, zusammen mit Jake und seiner Familie, echt total wohl fühlte.

PretendingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt