Pretending

Chapter 54

Genauso wie die Situation, die sich am heutigen Morgen abgespielt hatte, spukten nun auch Emilys Worte in meinem Kopf umher. Du bist ihm wirklich wichtig. Aber wie sollte ich denn hundertprozentig sicher sein können, dass es stimmte, was Jake und nun auch Emily sagten? Und wie sollte ich mich absichern können, dass Jake sich nie wieder so verletzend verhalten würde, wenn ich denn überhaupt die Kraft haben würde, ihm zu verzeihen?

Ich war auch am nächsten Tag in der Schule noch so abgelenkt von meinen ganzen Gedanken, dass sogar mein Mathelehrer mich fragte, ob denn alles okay sei. Auch wenn ich Mathematik nicht wirklich mochte, bemühte ich mich zumindest immer, so häufig wie möglich aufzuzeigen und mich am Unterricht zu beteiligen, aber ich konnte mich einfach überhaupt nicht konzentrieren, auch wenn ich es noch so sehr versuchte.

Diese ganze Verwirrung führte nur dazu, dass ich mir – sobald ich zuhause war – meine Sportsachen und meine Nikes (das Paar, das ich als Laufschuhe benutzte) anzog, und unser Haus beinahe direkt wieder verließ. Ich überlegte einen Moment lang, ob ich einfach dieselbe Runde wie letztens laufen sollte, aber dann fasste ich kurzfristig einen Entschluss, der wahrscheinlich überhaupt nicht gut durchdacht war. Anstatt nach rechts den Weg in Richtung Wald zu nehmen, bog ich links ab und lief die Straße hinunter. Und nach kurzer Zeit stand ich vor Jakes Haus.

Kurz überlegte ich, doch wieder in Richtung Wald umzukehren, aber andererseits würde mir weglaufen nichts bringen, also drückte ich mit leicht zitternder Hand die Klingel, die unter dem Namensschild Stewart an der Wand angebracht war. Einen kurzen Moment lang dachte ich darüber nach, was ich wohl sagen sollte, falls Amber oder Brad, also einer von Jakes Eltern, die Tür öffnen würde. Ich hatte meinen Entschluss, hier bei Jake aufzukreuzen und zu klingeln, wirklich überhaupt nicht durchdacht und hielt unwillkürlich die Luft an, als sich die Tür vor mir öffnete.

Und atmete sofort wieder aus, als ich Jakes mir so vertrautes Gesicht auf mich herabblicken sah. Mit total verwirrt blitzenden Augen starrte er mir einen Moment lang einfach nur ins Gesicht und es schien, als könne er nicht fassen, dass ich jetzt hier vor seiner Haustür stand. Beinahe musste ich ein wenig lächeln, ich konnte es ja selbst nicht ganz fassen. Und was genau ich hier nun wollte, wusste ich beim besten Willen auch nicht so wirklich.

„Claire. Hi!", stotterte Jake und ich bemerkte, dass er wirklich nervös war. Irgendwie fand ich diese Reaktion süß. „Komm doch rein", vollendete er und sah mich mit einem leichten schiefen Lächeln an.

„Komm du doch zu mir raus", antwortete ich und biss mir im nächsten Moment auf die Zunge. Irgendwie hatte der Satz in meinen Gedanken besser geklungen als jetzt, da ich ihn ausgesprochen hatte. Auch an Jakes Gesicht konnte ich sehen, dass er versuchte herauszufinden, was genau die Intention meines Besuches bei ihm war. „Äh, ich wollte gerade laufen gehen", fügte ich eilig hinzu und plapperte einfach weiter – wahrscheinlich viel zu schnell, aber so reagierte ich immer, wenn ich nervös war.

„Du weißt ja, dass ich gerne laufe und im Moment ist das Wetter so schön und ach ich weiß nicht, ich hatte einfach Lust dazu. Und dann dachte ich, du hättest vielleicht Lust mitzukommen, immerhin joggst du auch gerne." Nach meinem kurzen Ausbruch ärgerte ich mich schon wieder über mich selbst. Was musste Jake denn nun von mir halten, nachdem ich so urplötzlich auf seiner Türschwelle aufgetaucht und nun wie eine Verrückte losgeplappert hatte?

Ich atmete allerdings auf, als ich sah, wie sich Jakes Verwirrung in Erstaunen verwandelte und ich dann – zum ersten Mal seit unseren letzten Gesprächen – seine Augen wieder so freudig und beinahe glücklich aufblitzen sah. Mein Herz machte einen Satz.

„Klar komme ich mit dir laufen. Gib mir bitte nur eine Minute, dann ziehe ich mich schnell um." Nachdem Jake das gesagt hatte, überlegte er kurz und als er mich kurz nachdenklich ansah, begriff ich, was ihm in den Gedanken herumspukte.