Die Realität

1.8K 108 5
                                    

Als sich die Tür das nächste Mal öffnet, kommt ein mir unbekannter Mann in mein Gefängnis. Er trägt einen grauen Anzug und auf seiner Nase sitzt eine runde Brille. Es ist nicht zu übersehen, dass das der Psychologe sein muss.
Ich habe keine Lust über meine Gefühle zu sprechen, vorallem weil mir klar ist, dass jedes Wort das ich sage, aufgezeichnet wird. Also muss ich jedes Wort mit bedacht wählen. Was rede ich denn da? Es ist egal was ich sage, schlimmer kann es gar nicht mehr werden.
Zwei Männer bringen einen Stuhl herein und stellen diesen mit einem Sicherheitsabstand an die mir gegenüberliegende Wand.
"Es freut mich, Sie kennenzulernen Mrs. Rogers." Der Name kommt mir in diesem Moment falsch vor.

Als ich herausfand, dass ich mit Steve verwand bin, habe ich meinen Namen ändern lassen. Ich erinnere mich daran, als wäre es erst gestern gewesen und nicht schon Jahre her. Steve war so glücklich, als ich ihm meinen Wunsch offenbahrte. Da ich noch minderjährig war, brauchte ich sein Einverständnis, da er mein Vormund war. Wir sind zusammen zum zuständigen Amt gegangen. Nachdem ich seinen Namen angenommen hatte, sagte er mir, dass wir nun nicht nur blutsverwandt, sondern auch im Herzen verwandt sind. Das war so ein schönes Gefühl.

"Die Freude ist ganz meinerseits. Ich würde Ihnen gerne die Hand geben, leider darf ich das nicht."
Er gibt ein kleines Lachen von sich, da meine Stimme überwiegend Unfreundlichkeit und Überheblichkeit ausstrahlt. Ich will ihm und allen anderen zeigen, dass das hier vollkommen unnötig und eine  Zeitverschwendung ist.
Er holt einen kleinen Block mit Stift aus seiner Aktentasche, welche er an eines der Stuhlbeine gestellt hat.
"Erzählen Sie mir doch mal von den Geschehnissen der letzten Monate."
Ich seufze und lehne mich an die Wand. Ich denke, ich werde einfach alles erzählen. Was bleibt mir anderes übrig? Wenn ich hier jetzt auf bockiges Kind mache und mir nichts aus der Nase ziehen lasse, komme ich hier auch nicht raus.
"Es hat alles mit einer Mission angefangen, welche mir zu einfach vorkam. Also haben Sam und ich das Haus nochmal untersucht. Es war eine Falle und ich wurde von Loki gekidnappt. Er hat mich in einem kleinen Raum gefallen gehalten, bevor er mich in seinem Versteck frei rumlaufen ließ. Ich habe meine Zeit mit ihm verbracht und ich habe mich in ihn verliebt. Und dann wurde ich von ihm getrennt.
Das war die Kurzfassung, ich hoffe das reicht Ihnen?"
Was wohl nicht der Fall ist, da er kein einziges Mal seinen Stift am Block angesetzt hat. Er schaut mich einfach nur mit seinem leicht schrägliegenden Kopf an. Wie in einem Horrorfilm, na toll.
"Das reicht nicht, Mrs. Rogers. Ich will wissen, wie es bei Loki war. Wie Sie sich gefühlt haben."
War ja klar. Gefühle, dass wollen sie aus mir herauskitzeln. Wollen wissen, mit welchen Worten er mich für sich eingenommen hat.
"Am Anfang war es verwirrend für mich. Ich wusste, dass er der Feind ist und es nicht richtig ist, Gefühle für ihn zu haben, also habe ich es unterdrückt. Aber als er mir sagte, dass er das gleiche für mich fühlt und mich deswegen nach Asgard gebracht hat, floss ich nur dahin." Wie rede ich denn? Ich höre mich wie eine Tussi aus einer Seifenoper an.
"Hatten sie beide auch körperlichen Kontakt?"
Natürlich, das wollen alle wissen: Hat das kleine Flitchen mit ihm geschlafen?
Ich weiß, dass ich alles damit vielleicht nur schlimmer mache, vorallem mit Cap, aber ich will nicht lügen.
"Wir haben uns geküsst und auch miteinander geschlafen. Also, ja, hatten wir."
Jetzt schaut er gar nicht mehr von seinem Block herunter und schreibt wie ein Weltmeister.
Ich ziehe meine Beine an meinen Körper heran und lege mein Kinn darauf.
"Und ab da an, war Ihnen alles andere egal?"
Ich antworte ohne nachzudenken:"Nein. Immer wieder habe ich an Steve gedacht und was ich ihm damit antue. Das hat mich innerlich zerissen. Irgendwann habe ich mich damit abgefunden, für immer in Asgard zu bleiben. Ich hatte mein Zeitgefüh verloren und wusste nicht wie viel Zeit vergangen war. Ich habe mir so oft ausgemalt, wie ich zurückkehren würde, mit Loki, und alles in Ordnung wäre. Steve würde es akzeptieren und die beiden würden sich verstehen. Ich weiß, dass das eine sehr naive Vorstellung ist, aber ich habe mich dabei gut gefühlt. Danach kam die Realität und ich steckte immer noch in Asgard ohne Steve fest. Ich bin mir dessen bewusst, dass es niemals eine Zukunft mit Steve und Loki geben wird."
Mittlerweile haben sich Tränen in meinen Augen gebildet, welche ich mit meinem Handrücken wegwische. Es tut gut darüber zu reden, es ist aber schmerzhaft, daran erinnert zu werden.
"Denken Sie, sie werden mich ihn nochmal sehen lassen?"
"Wer ist gemeint? Steve oder Loki?"
"Loki."
"Das weiß ich leider nicht, aber Sie haben uns sehr weitergeholfen. Ich danke Ihnen."
Und mit diesem Satz steht er auf, packt seine Sachen in seine Tasche und verschwindet. Ich fühle mich schlecht, so als wären alle Wunden, die ich im laufe der Zeit gesammelt habe, wieder aufgerissen. Die Wunde der letzten Tage schmerzt und blutet. Ich lasse den Tränen freien lauf und lege ich auf das Bett.
Mir fällt auf, dass ich, seitdem ich zurück bin, noch nicht geschlafen habe. Die Müdigkeit kriecht aus meinen Knochen und übermannt mich. So fühlt es sich also an, wenn man sich in den Schlaf weint.

Because i am the Monster parents tell their children about at Night? (Loki FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt