13.September 1888 - Nachmittag - Abend

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Louis:

Es war ein warmer Nachmittag und Louis hockte auf einem Mäuerchen in der Sonne. Heute Morgen war er einem Gemüsehändler zur Hand gegangen und hatte ein wenig Geld bekommen, dafür, dass er Kisten gestapelt hatte. Die Münzen hielt er in der Hand und spielte mit dem Gedanken, sich davon einen getrockneten Fisch zu kaufen. Ganz in der Nähe stand ein Verkaufskarren und er könnte es sich heute leisten.

Also rang er sich dazu durch, das Geld auszugeben und stand auf. Der Verkaufskarren war schmuddelig und schäbig und der getrocknete Fisch lag in eingefetteten Zeitungsseiten. „Einen Fisch bitte", sagte Louis und reichte der Verkäuferin eine Münze. Der Fisch roch ganz gut, wenn man mal davon absah, dass sich im Laufe des Tages eine dünne Staubschicht darauf abgelagert hatte. Louis bekam die Ware in der Zeitungsseite in die Hand gedrückt und machte sich davon. Beim Gehen pustete er den Staub von der Oberfläche und setzte sich dann wieder in die Sonne, wo er anfing, den Fisch mit den Fingern auseinander zu nehmen. Obwohl er großen Hunger hatte, achtete er sorgsam darauf, die Gräten herauszulösen, denn er wollte keine davon im Hals stecken haben.

Daher dauerte es eine Weile und Louis blendete seine Umgebung vollkommen aus, während er aß. Gedanklich streifte er immer wieder zum heutigen Morgen zurück: wie war er dazu gekommen, sich bei Mr Styles auf diese Art und Weise für die Unterbringung zu bedanken? Dass er überhaupt den Mut dazu gehabt hatte, verwunderte ihn sehr. Louis war kein Mensch, der sonderlich offen auf andere zuging und erst recht nicht auf einen Polizisten.

Immerhin hatte dieser Mann seinen besten Freund unter Mordverdacht gestellt und das sollte er ihm eigentlich übel nehmen. Doch er konnte nicht.

Beziehungsweise, er hatte es nicht gekonnt. Etwas an Mr Styles war es, das ihm zeigte, dass er ihm vertrauen konnte und er konnte sich nicht dagegen wehren. Vielleicht war er auch einfach nur dankbar dafür, dass der Polizist ihn in der Nacht von der Straße geholt hatte und das verzerrte das Bild des Polizisten. Mehr konnte es auch nicht sein. Louis seufzte und biss sich auf die Lippe. Harry Styles war so etwas,wie sein Beschützer und gleichzeitig ein Rätsel, denn Louis verstand nicht, aus welchen Gründen, er sich um ihn sorgte.

Vorsichtig spuckte er eine Gräte aus und dachte daran, wie der Polizist ihn angesehen hatte. Natürlich war er noch total verschlafen gewesen, und sicherlich war das mit ein Grund dafür, dass er das alles so leicht genommen hatte. Aber vielleicht hatte der Mann auch zum ersten Mal im Leben einfach nicht darüber nachgedacht und es einfach geschehen lassen. Mr Styles machte auf Louis den Eindruck, sonst immer sehr viel über Dinge nachzugrübeln - natürlich, sonst wäre er mit Sicherheit kein Polizist geworden.

„Harry...", murmelte Louis und leckte sich die Finger sauber. „Harry Styles...eigentlich ein ganz schöner Name..." Knisternd zerknüllte er das Zeitungspapier und warf es auf die Straße. Der Mann war anders und er bekam ihn nicht mehr aus dem Kopf.

„Harry? Wer ist Harry?" Zayn war aufgetaucht und direkt vor Louis stehen geblieben. Seine Hände waren schmutzig und er war verschwitzt. Dementsprechend roch er nach Schweiß und dem alten Blut, das er nicht vollständig hatte abwaschen können. „Ach niemand, nur ein Kunde, den ich heute morgen hatte", sagte Louis schnell und rutschte ein wenig beiseite, damit Zayn sich setzen konnte. Er sah müde aus und gähnte. „Wieso bist du so sauber?", fragte er und musterte Louis. „Ich? Ich bin nicht sauber. Schau mein Hemd an." Er deutete auf den fleckigen Stoff und lachte. „Ich meine auch eher dein Gesicht und deine Hände", sagte Zayn und deutete darauf. Tatsächlich sahen Louis' Hände im Vergleich von Zayns tadellos aus. „Ich habe mich gewaschen."

„Das sehe ich. Aber sicherlich nicht in einer der Tränken oder? Da wird man schmutziger, wenn man sich wäscht. Wo warst du also?" Zayn war clever und Louis schlau genug, ihn nicht anzulügen. Zumindest nicht ganz. „Ich habe doch diese Stelle, wo ich ab und zu das Zimmer dieses Polizisten saubermache", fing er an und vermied dabei, den Namen von Mr Styles auszusprechen. Sicherlich war Zayn nicht sonderlich scharf darauf, zu erfahren, dass er für den Mann arbeitete, der ihn festgenommen hatte. „Ja, und?"

Murder in the streetsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt