Harry:
„Wir werden die Nachtschichten ein wenig kürzen." Mr Payne kam an Harrys Schreibtisch und stützte sich auf der Tischplatte auf. Harry hob den Kopf und sah seinen Chef an: „Halten Sie das für eine gute Idee, Sir? Vielleicht will der Mörder uns in Sicherheit wiegen."
„Unsinn. Es ist jetzt schon seit einem Monat nichts mehr passiert und ich denke, dass die Morde aufgehört haben", sagte der DI und reckte das Kinn. Harry legte den Kopf schief: „Aber Sir, ich habe Ihnen doch gesagt, dass in meinem Wohnhaus ein Mann aufgetaucht ist, der es vermutlich auf Mr Tomlinson abgesehen hat", sagte er und hoffte, diese Geschichte würde nun endlich einmal ernst genommen. Doch Mr Payne schüttelte den Kopf: „Mr Styles, ich habe Ihnen schon mehrfach meinen Standpunkt zu dieser Sache dargelegt und ich bin sicher, dass es langsam lächerlich erscheint, wenn wir jede Nacht mit einer so großen Menge an Polizisten durch die Straßen gehen."
Mr Paynes Standpunkt war durchaus nachvollziehbar, jedoch nicht für Harry. Der DI war der Meinung, dass der Mann, den Harry verfolgt hatte, nicht der Mörder war, sondern lediglich ein Obdachloser, der die Flucht ergriffen hatte, aus Angst, man könnte ihn anzeigen. Immerhin war es nicht gestattet in Hausfluren zu übernachten.
Doch Harry war da anderer Meinung. Er glaubte felsenfest daran, dass er den Mörder vor sich gehabt hatte, der nach einem Weg suchte, Louis aus dem Weg zu räumen. Alles sprach dafür, denn immerhin hatte Louis sich im Pub verquatscht und wenn der Mörder zugehört hatte, musste er ihm einfach nur folgen, um zu wissen, wo er lebte. „Also sehen Sie zu, dass Sie einen neuen Schichtplan entwerfen, der die Kollegen ein wenig entlastet", sagte Mr Payne und drehte sich um. „Aber Sir", warf Harry ein und stand so schnell auf, dass sein Stuhl drohte umzukippen. „Sir, ich bin mir sicher, dass diese Mordserie noch nicht zu Ende ist. Bitte, wenn wir jetzt zu lasch werden, dann könnte das alles nur noch schlimmer machen."
„Mr Styles", sagte Payne mit einem leicht genervten Tonfall in der Stimme: „Ich bin schon lange Polizist und ich kann Ihnen sagen, dass die Art und Weise, wie ich diese Abteilung führe nicht davon abhängt, was Sie glauben. Meine Erfahrung reicht etwas weiter zurück, als die Ihre und wenn ich sage, wir verkleinern die nächtlichen Patrouillen, dann werden wir das tun, haben Sie mich verstanden?" Harry kniff die Lippen zusammen und sah ihn grimmig an, dann sagte er frustriert: „Verstanden, Sir."
„Gut, ich will keine Widerworte von Ihnen hören. Und wenn Sie um Tomlinsons Sicherheit besorgt sind, dann schaffe Sie ihn aus der Stadt, oder bringen ihn her und wir lassen ihn in einer Zelle schlafen, da wird ihm niemand etwas tun."
Nur weil vier Wochen lang nichts passiert war, sollte jetzt wieder alles so laufen, wie zuvor? Harry verstand diesen Schritt nicht, machte sich aber trotzdem kopfschüttelnd daran, einen neuen Schichtplan zu entwerfen. Wenigstens konnte er so planen, dass er die Route nahm, die ihn immer an seinem Haus vorbeiführte. So konnte er wenigstens alle fünfzehn Minuten nach Louis sehen. Trotzdem behagte es ihm nicht, die Routen auf dem Plan einzuzeichnen und zu sehen, dass nicht mehr der ganze Stadtteil abgedeckt war. Wieder gab es Bereiche, in denen kein Polizist war und die sich für den Mörder wunderbar als neuen Tatort anboten.
Kritisch betrachtete er seine Zeichnung. Für ihn war es vollkommen unnachvollziehbar, wieso Mr Payne jetzt schon den Rückzug startete. Trotzdem blieb ihm natürlich nichts anderes übrig, als der Anweisung seines Chefs Folge zu leisten und so plante Harry die Nachtschichten zu Ende, schrieb den Plan zweimal ab und hängte ihn ans Schwarze Brett im Flur.
Zurück an seinem Schreibtisch saß er erst einmal reglos da und starrte auf den Bleistift mit dem er geschrieben hatte. Es ärgerte ihn unglaublich, dass Mr Payne das alles so locker sah. Was erhoffte sich der DI davon? Wollte er nochmal einen Mord geschehen lassen, um den Täter in Sicherheit zu wiegen, damit sie zuschlagen konnten? Wenn es nach ihm ginge, würde er anders handeln, aber es lag nicht in seiner Macht, das zu entscheiden. Harry lehnte sich seufzend zurück: wenigstens hatte er seine Route so gelegt, dass er nach Louis sehen konnte, also tat er wenigstens alles, was in seiner Macht stand, um ihn zu beschützen.
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Murder in the streets
FanfictionEin Sergeant, wird nach Whitechapel versetzt um die Polizei dort zu unterstützen, die im Fall der ermordeten Martha Tabram ermittelt. Ein junger Mann kämpft sich durch den Alltag im East End und will eigentlich nur eines: zurück nach Hause. Doch da...