Nothing ever lasts - Part IV

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Du hieltst den vom Meerwasser geschwächten Katakuri gerade so über Wasser, bedacht darauf ihn auch ja viel Wasser verschlucken zu lassen. Seine Erklärung zur Abfuhr hatte deine Geduld mit ihm endgültig zum Ende gebracht und nachdem du dich selbst den ganzen Tag über in Rage geredet hattest warst du mehr als nur bedient.
»Hier habt ihr ihn.«, sagtest du und sahst dabei zu wie Daifuku's riesiger Dschinn den ältesten Bruder an Deck der Saccharine zog. Es war später Abend und die beiden jüngeren Brüder hatten es mehr als nur Zeitig zurück geschafft. Zusammen mit Cracker, Smoothie und Snack hatten sie die Insel Falda in Rekordzeit wieder erreicht und um unnötige Auseinandersetzungen zu vermeiden hattest du sie abgefangen und ihnen die Lage erklärt. Es lagen neun Schiffe der Marine vor Anker und die Insel vibrierte geradezu unter dem Getrampel der Soldaten die dort jeden Stein einzeln umdrehten. Du hattest Katakuri mit dir ins Wasser gezogen, raus aus der Unterwasserhöhle und ohne auf seine Widerworte zu achten. Statt ihn in eine Umarmung zu ziehen hattest du einfach den Kragen seiner Weste gepackt, ihm gesagt er solle gefälligst einatmen und die verdammte Luft anhalten. Er schien irritiert von deiner kühlen Herangehensweise, doch eine Wahl hatte er keine. Zum Glück hatte die Nacht euch sicher vor den Augen der Marine versteckt und nun ließt auch du dich von Daifuku an Bord holen.
»Alles okay?«, fragte Oven dich und half dir dabei dich aufzurichten, doch du warst zu wütend auf den Ältesten um überhaupt klar denken zu können. Zu sehr hattest du dir immer wieder die Nacht deines Geburtstages in Erinnerung gerufen und je mehr du darüber nachdachtest umso zorniger wurdest du. Mit einem genervten Fauchen entzogst du dich Oven's Griff und zogst dich selbst auf die Reling, deinen Rücken zu den Brüdern gewandt. Sie sahen sich untereinander kurz an und schließlich stieß Daifuku Katakuri mit dem Ellbogen an.
»Was hast du denn jetzt schon wieder gemacht?«, raunte er dem Ältesten zu, doch der war wieder einmal dabei seine Kleidung auszuwringen.
»Ich habe nichts gemacht!«, grollte er rau und warf dir einen genervten Blick zu; das spürtest du nur zu deutlich in deinem Nacken.
»Sie ist eindeutig sauer auf dich.«
»Und? Wann ist sie das denn mal nicht?!« Katakuri schien das Thema genau so leid zu sein wie du und nachdem du kurz durchgeatmet hattest wandtest du dich den Dreien zu.
»Gebt ihr uns eine Minute?«, fragtest du und die Jüngeren nickten stumm, verzogen sich außer Hörreichweite um die Segel zu setzen und schnellstmöglich aus der Nähe der Marine zu entkommen.
»Okay, letzter Versuch.«, sagtest du zu Katakuri und drehtest dich zu ihm um. »Lass uns drüber reden.«
»Ich kann mich nur wiederholen.«, seufzte er entnervt. »Ich will nicht darüber reden.«
»Früher oder später werden wir aber genau das tun.«, erwidertest du kühl. »Was, wenn die Marine uns geschnappt hätte? Dann hätten wir nie wieder die Gelegenheit gehabt uns darüber zu unterhalten.«
»Was hat das Eine denn mit dem Anderen zu tun...«, bekamst du nur eine kühle Antwort. Katakuri wich deinem Blick aus, stand dir gegenüber mit den Armen vor der Brust verschränkt. Das Schiff nahm dank der starken Brise schnell Fahrt auf und du konntest es kaum noch erwarten endlich von diesem Vollidioten weg zu kommen. Ein paar Tage ohne ihn wären vielleicht sogar das Beste, so wie er sich gegen deine Schlichtungsversuche wehrte.
»Meinetwegen können wir über diesen ganzen Mist reden, aber nicht jetzt.«, lenkte er zögernd ein. »Ich habe Hunger und bin müde, mal abgesehen von meinen nassen Klamotten.«
»Du schiebst es ja nur wieder auf...«, kam es missmutig über deine Lippen und du starrtest hinab aufs Wasser, beobachtetest die kleinen, sich ineinander kräuselnden Wellen am Rumpf des Schiffes.
»Kannst du es mir denn verübeln?« Katakuri wandte sich ab, stoppte jedoch noch einmal kurz bevor er dich allein ließ. »Ich sage Oven und Daifuku, dass sie uns in Ruhe schlafen lassen sollen. Sie werden uns noch früh genug mit Fragen löchern.«
»Was auch immer...«, murrtest du und lauschtest seinen Schritten, dem Klingen der Sporen bei jeder seiner Bewegungen. Er ging, ließ dich ganz allein mit deinen Gedanken und deinem Zorn.
Mit einem wütenden Schnauben warfst du dich über Bord und ließt dich ein wenig absinken, hinein in die Schwärze des Meeres unter dir. Wut brodelte unter deiner Haut, setzte deine Brust in Flammen und ließ dich missmutig auf deiner Unterlippe herumkauen. Du hattest mit ihm reden und die Sache ein für alle Mal klären wollen, aber möglichst mit einem guten Ende für euch beide - du wolltest ihm gestehen wie du für ihn empfandest, auch wenn er es sich bestimmt denken konnte. Und er wies dich ab, vertröstete dich auf einen anderen Zeitpunkt und es ärgerte dich wirklich sehr. Er konnte so stur sein wenn er wollte!
Mit einem wütenden Knurren kam Bewegung in dich und du genosst das Wasser auf deiner Haut, nahmst einen großen Bogen um das Schiff herum um den Kopf frei zu bekommen. War das Schiff etwa schon so weit gefahren in der kurzen Zeit? Warst du etwa so sehr in Gedanken versunken gewesen, dass sie so weit gekommen waren? Verdutzt schwammst du näher an den hölzernen Kiel heran und begutachtetest das Schiff von unten. Die Länge stimmte, doch die Breite... Das war nicht euer Schiff!
Erschrocken zucktest du zurück und hieltest Ausschau nach deinen Begleiterin und tatsächlich, nach einem kurzen Moment der Panik sahst du ein weiteres Schiff welches sich einen Weg durch das Meer bahnte, gar nicht allzu weit entfernt. Schnell schwammst du auf das bekannte Profil des Kiels zu, besorgt darüber was für einem Schiff du dich da in diesem Moment genähert hattest.
Ein scharfer, stechender Schmerz schoss durch deinen Körper und du keuchtest auf, warfst dich herum – eine dumme Idee. Der Schmerz nahm nur weiter zu und du sahst an deiner Schwanzflosse herab Eine Harpune! Sie steckte in deiner Flosse fest, es war unmöglich sie heraus zu ziehen ohne dass du damit deine eigene Haut zerfetzen würdest. Sie war mit riesigen Widerhaken versehen und das machte Flucht unmöglich. Eisige Panik überschwemmte deine Gedanken und du versuchtest zu schwimmen, irgendwie an die Wasseroberfläche zu kommen und nach Hilfe zu rufen. War das die Marine?
Zu deinem Entsetzen sahst du wie die Mannschaft des Schiffes ein Netz ins Wasser warf und eine eisige Klarheit überkam dich in diesem Moment: Niemand wusste von deinem kleinen Ausflug. Du hattest niemanden gesagt, dass du eine Runde schwimmen wolltest um dein klopfendes Herz zu beruhigen – sie würden dein Verschwinden erst bemerken wenn es zu spät war.
Das Netz kam über dich wie ein unheilvoller Schatten, legte sich über deine Haut und schlang sich eng um deinen Körper. Je mehr du dich wandest und bewegtest, umso mehr verheddertest du dich in den engen Maschen. Ein paar kleinere Fischchen wurden mit dir gefangen aber es war klar, dass du der Hauptfang sein solltest. Der Schmerz in deiner Flosse wurde unerträglich, bewegen wurde absolut unmöglich. Ein tiefes, verzweifeltes Schluchzen entkam dir als dir die ernsthafte Situation bewusst wurde: Man hatte dich gefangen und niemand würde dich retten. 


»Ein Sklavenschiff.«, bemerkte Daifuku leise und nickte nach Westen. »Wollen wir ihnen ein wenig zusetzen?«

Katakuri schüttelte jedoch den Kopf. Er lehnte an der Reling, noch immer genervt von den vergangenen zwei Tagen. Einen schlimmeren Kurs hätte das Ganze nicht nehmen können und zu allem Überfluss warst du nun so richtig wüten auf ihn. Er wollte dich nicht verletzen, ganz im Gegenteil: Er hatte dich vor Schmerz bewahren wollen, vor einer unglücklichen Liebe die zum Scheitern verurteilt war. Aber er konnte nicht so offen seine Gefühle herumtragen wie du es tatest, auch wenn er dich ein wenig darum beneidete.
»Nein, wir sehen zu, dass wir zurück nach Hause kommen.«, sagte er und wandte sich vom Anblick des fremden Schiffes ab, zähneknirschend und mehr als nur gestresst. Dein trauriges Gesicht ging ihm nicht mehr aus dem Kopf und er bekam so langsam das Gefühl, dass er einen Fehler gemacht hatte. War es wirklich so klug gewesen dich abzuweisen, einfach so aus heiterem Himmel? Wahrscheinlich nicht. Am nächsten Morgen würde er mit dir darüber reden, dir genau erklären was in ihm vorging. Er brauchte diese Nacht um seine Gedanken zu sortieren und sich darüber klar zu werden was er wollte. Etwas drängte ihn dazu sich endlich zu entscheiden, sich nach all den Jahren endlich dazu durchzuringen sich für dich zu entscheiden. Morgen früh, dachte er. Morgen früh klären wir die Sache ein für alle Mal. 


Du sahst wie sich das Schiff der Drillinge entfernte und spürtest wie das Netz hochgezogen wurde. Die Schnüre pressten sich an deine Haut und scheuerten sie auf, doch das war kein Vergleich zu der Harpune die in deinem Körper steckte. Deine Familie verschwand am Horizont, unwissend dass ihnen ein wichtiges Mitglied fehlte. Du sahst nach oben, sahst in die siegessicheren Gesichter der Sklavenhändler die ihren Fang begutachteten. Du schlucktest gegen deine Tränen an, wusstest jetzt was die armen kleinen Meerjungfrauen damals auf den Sklavenschiffen gefühlt haben mussten. Es war Angst: Pure, blendende Angst. Sie würden dich an den Höchstbietenden verkaufen und dann lebtest du bis ans Ende deiner Tage in einem verdammten Goldfischglas. Das Schlimmste war aber, dass du Katakuri wohl nie wiedersehen würdest. Deine Wut verpuffte, war fort gewaschen und machte verzweifelter Sehnsucht Platz. Du wolltest zu Katakuri, zu Oven und Daifuku - aber es war zu spät.

Nun warst du ganz auf dich allein gestellt.

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