I'll walk into the fire

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»Und dann ist sie einfach rausgerannt.«
»Mh.«
»Und sie hat gesagt, es sei ein Fehler gewesen. Dass ich das anders sehe hat sie überhaupt nicht interessiert.«
»Aha.«
»Irgendetwas hat sie vor, das weiß ich einfach. Sie vertraut sich mir einfach nicht an, was soll ich denn noch machen?!«
»Katakuri.« Amande seufzte schwer und drehte sich zu ihrem großen Bruder um. »Warum muss ich mir das alles anhören?«
Katakuri stoppte seinen Monolog und schien sich im ersten Moment nicht rechtfertigen zu können. Dass er mit Oven und Daifuku über solche Sachen nicht sprechen konnte war klar, doch dass er überhaupt darüber reden wollte, mit irgendwem – das überraschte Amande. Seit wann war er so mitteilsam?
»Ist ja auch egal.«, versuchte Katakuri das Thema sofort zu beenden und er vergrub sich, ein wenig verlegen, in seinem Schal. Erst jetzt fiel ihm auf, dass er selten so viele Sätze aneinander gereiht hatte und dass diese Tatsache Amande's Misstrauen erweckte. Sie war zwar eine verständnisvolle und geduldige Schwester, doch auch sie hatte keine Lust mehr sich seinen Liebeskummer anzuhören.
»Entweder du gehst zu ihr und redest ein ernstes Wort mit ihr – oder du suchst dir jemand anderen der sich den Mist anhört.« Mit dieser klaren Ansage wandte sich die junge Schwertkämpferin ab und ließ ihn einfach auf der Straße in Sweet City stehen, ging ihres Weges und hatte ein für alle Mal genug von diesem Thema.
Unter dem weichen Stoff seines Schals verzog er die Mundwinkel beleidigt nach unten, hasste es einfach so von Amande abgespeist zu werden. Es war nichts Neues, immerhin war sie selbst zu ihren Geschwistern sehr kühl und distanziert – doch ein angenehmes Gefühl war es nicht. Und leider hatte sie wieder einmal einen guten Punkt: Er sollte mit dir reden und herausfinden, was zum Teufel du plantest. 


Mit überschlagenen Beinen saßt du am Ufer von Browned Island und beobachtetest den Sonnenuntergang. Der Apfel in deiner Hand bestand fast nur noch aus dem Gehäuse und du kautest geduldig darauf herum, verzogst ein wenig das Gesicht unter der Säure des Obstes. Beim nächsten Mal würdest du dich nicht heimlich auf Compote's Insel schleichen und ihre Obstbäume plündern, denn so spät im Jahr war die Resternte nicht sehr schmackhaft. Vielleicht solltest du Oven um ein wenig Abwechslung bitten – er setzte dir nur gebackenes Essen vor. Aufläufe und Brot in allen Ehren, doch du konntest es nicht mehr sehen!

Das markante Geräusch von Sporen ließ dich zwar nicht vom Ozean aufsehen, doch du verdrehtest leicht die Augen. Wenn Katakuri etwas wollte, dann konnte er wirklich aufdringlich sein!
»Wir müssen reden.«, hörtest du seine tiefe Stimme hinter dir und du rücktest ein kleines Stück zur Seite. Es war die stumme Aufforderung an ihn, dass er sich setzen sollte. Für eine Sekunde zögerte er, doch mit einem leisen Ächzen ließ er sich neben dir auf den Boden fallen und seufzte tief auf. Hatte er das ewige hin und her auch so satt?
»Fesselst du mich jetzt wieder und fragst mich aus? Auf die harte Tour?«, fragtest du nach einer schweigsamen Minute schließlich und Katakuri schüttelte den Kopf, legte sich wie immer seine Worte zurecht bevor er sprach. Es war eine der Eigenarten, die du doch so sehr an ihm mochtest. Seine beeindruckenden Stärken waren absolut umwerfend, doch was du wirklich an ihm liebtest waren wohl die kleinen Schwächen. Die ewige Unsicherheit wegen seinem Aussehen unter dem Schal war auf eine verquere Art bezaubernd, das Zähneknirschen wenn er angespannt war und der perfekte Katakuri Charlotte schnarchte. Am Ende war er nur ein Mann und du warst nur eine Frau. Warum nur hatten eure Leben eine so drastische Wendung nehmen müssen? Es hätte so einfach sein können!
»Also, worüber möchtest du reden?«, fragtest du ihn und widerstandest mit aller Kraft dem Drang, dich gegen seine Schulter zu lehnen. Warum waren Sonnenuntergänge nur so verflucht romantisch!
»Dein Abgang heute Morgen muss ich wohl nicht erwähnen. Du schläfst außerdem kaum und bei unserem Gespräch zu Halloween erwähntest du, dass du immer wachsam sein musst.« Ertappt sahst du zur Seite und verzogst das Gesicht. Wohl oder übel musstest du mit der Sprache heraus rücken, ewig konntest du nicht davonlaufen vor ihm. Wohl auch, weil er viel schneller war als du, wenn es darauf ankam. »Wer ist dir auf den Fersen?«
Du nahmst einen tiefen Atemzug und seufztest. Er war so verdammt neugierig, seit wann steckte Katakuri seine Nase in anderer Leute Angelegenheiten?
»Kizaru.«, sagtest du schließlich. »Wir sind schon vier mal aufeinander getroffen, nachdem Sengoku ihn auf mich angesetzt hat.«
»Warum sollte ein Admiral nach dir suchen? Die haben ja nun wirklich Besseres zu tun.«, erwiderte Katakuri sofort und du sahst den misstrauischen, düsteren Blick. Verdenken konntest du es ihm nicht, denn es klang wirklich sehr weit hergeholt, wenn du es laut aussprachst.
»Ich-« Wie solltest du es nur ausdrücken? »Okay - du weißt ja, dass wir beide sehr ähnliche Zähne haben.«
Er fasste sich an den Hals, fuhr über die verräterischen Male auf seiner Haut und für den Bruchteil einer Sekunde huschte ein sehnsüchtiger Blick über sein Gesicht. Verdenken konntest du es ihm nicht, die letzte Nacht war... unglaublich.
»Ja, das weiß ich wohl.«, sagte er und runzelte die Stirn. »Was hat das mit Kizaru zu tun?«
»Ich habe einem Weltaristokraten eventuell... beinahe... die Kehle durchgebissen.«, murmeltest du schließlich deinen Knien entgegen und zogst dir die Kapuze über den Kopf, verstecktest dich im Stoff. »Er hätte Sandersonia fast getötet, da konnte ich doch nicht einfach zusehen.«
»Du hast einen Himmelsdrachen getötet?«
»Nicht ganz, aber – es war schon recht knapp, wie ich vermute. Seitdem stehe ich leider ganz oben auf der schwarzen Liste der Marine.«
»Mich interessiert viel mehr, wie du vier Begegnungen mit einem Admiral überlebt hast.«, hakte er weiter nach, doch du hattest nicht die geringste Lust, es weiter auszuführen. Es gab Dinge, die durftest du Katakuri einfach nicht erzählen. Geheime Operationen der Revolutionsarmee, Pläne und zukünftige Vorhaben – du durftest Dragon's Vertrauen nicht missbrauchen. Es war unmöglich, beide Parteien einzuweihen.
»Ich kann es dir nicht sagen.«, antwortetest du nach einer kurzen Pause und riebst dir den verspannten, schmerzenden Nacken. »Katakuri, ich war lange bei der Revolutionsarmee und kann nicht einfach herumlaufen und Geheimnisse ausplaudern.«
Er zögerte kurz, du sahst seine Kiefer mahlen und wie er mit aller Kraft versuchte ruhig und distanziert zu bleiben. Konnte er das denn, wenn es um dich ging?
»Na schön.«, gab er schließlich nach. »Wenn du es mir nicht sagen willst, dann muss ich damit wohl leben.«
Die Enttäuschung in seiner Stimme verursachte ein schmerzhaftes Pochen in deiner Brust, doch es gab keine andere Möglichkeit. Das aufgeregte Kribbeln unter deiner Haut war schon wieder verschwunden, die Schmetterlinge im Bauch hatten sich so schnell gelegt wie sie gekommen waren. Du liebtest Katakuri, wirklich! Doch das Monster in deiner Brust regte sich von Tag zu Tag mehr und es machte dir deutlich klar: Ein Happy End war geradezu unmöglich. Deine Geheimniskrämerei ging ihm gewaltig gegen den Strich, er konnte es nicht ausstehen im Dunkeln gelassen zu werden. Dass du keine andere Wahl hattest, das wollte er aber anscheinend nicht akzeptieren. Dragon hatte Recht, am Ende würdest du dich wohl oder übel zwischen ihm und der Revolutionsarmee entscheiden müssen – wie grausam konnte das Schicksal sein, wenn es dich vor diese Wahl stellte?
»Dann werde ich wohl der Erwachsene von uns beiden sein und dir entgegen kommen.«, sagte Katakuri schließlich leise und er lehnte sich ein Stück an dich heran, drückte einen Kuss auf deine Stirn. »Falls du mich also doch einweihen willst... Sag einfach Bescheid.«
Verdammt.
Da waren sie wieder, die Schmetterlinge.

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