25. Kapitel

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Nathan hatte kaum ein Auge zugetan. Die ganze Nacht lang waren ihm alle möglichen Gedanken durch den Kopf gegangen. Wieso hatte Jule ihn verlassen, obwohl sie wusste, dass sie von ihm schwanger war? Mein Gott noch mal! Außerdem, woher sollte er den Mut nehmen, Emma all seine Liebe zu schenken, nach dem Trauma, das er mit Erik erlebt hatte. Nachdem Alice und das Kind ausgezogen waren, hatte Nathan sich lange Zeit leer gefühlt. Was würde passieren, wenn Jule eines Tages zu dem Schluss kam, dass sie ihn nicht mehr in Emmas Leben haben wollte?

Dann würde er wahrscheinlich verrückt werden. Nathan begann zu frösteln. Unterm Dach war es eiskalt und draußen noch stockdunkel. Ihm dröhnte der Kopf und seine Augen brannten, als hätte jemand eine Handvoll Sand hineingeworfen. Er brauchte jetzt unbedingt einen Kaffee, stark und schwarz. Vielleicht sollte in die Küche hinuntergehen auch wenn er dabei Gefahr lief, die anderen beiden zu wecken. Ohnehin wollte er mit Jule ein ernstes Gespräch über seine Pläne für die Zukunft ihrer Tochter führen. Zwar hatten seine Gedanken ihm den Schlaf geraubt, aber inzwischen wusste er zumindest, was er wollte.

Als er schließlich nach einer Dusche in die Küche kam, deckte Jule bereits den Tisch.

"Ich habe über deinen Vorschlag nachgedacht", begann sie ohne Umschweife, als sie beim Frühstück saßen. "dass wir zu dir ziehen sollten, meine ich."

Sofort war Nathan hellwach. "Und?"

Draußen hatte es zu schneien aufgehört und so weit das Auge reichte, war alles in eine dicke Schneedecke gehüllt. Auch Emmas Schneemann sah mit der neuen Lage Schnee noch fülliger aus.

"Und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass wir es tun sollten."

Augenblicklich löste sich die Verspannung zwischen Nathans Schulterblättern. Plötzlich konnte er auch wieder problemlos atmen. Eigentlich hatte er erwartet, dass er bei diesem Thema noch viel Überzeugungskraft leisten müsste und war erstaunt , dass Jule ihm so schnell nachgegeben hatte.

"Was hat dich zu dieser Entscheidung geführt?"

Sie zuckte die Schultern und stellte ihre Teetasse ab, an der sie bisher hin und wieder genippt hatte. "Alles, was du gestern Abend gesagt hast, erschein mir logisch und ich denke, ich sollte dir die Möglichkeit geben, Emma richtig kennenzulernen und umgekehrt. Aber nur, wenn du dir auch ganz sicher bist, dass es das ist, was du willst."

"Da bin ich ganz sicher."

Draußen herrschten Minusgrade, aber in Nathans Herz begann es zu tauen. "Dann hält euch ja auch nichts davon ab, gleich heute noch bei mir einzuziehen."

"Heute noch?"

"Wieso nicht? Was mich betrifft, je früher, desto besser."

"Aber heute geht es nicht, Nathan."

Jule klang irgendwie ängstlich und er fragte sich unwillkürlich, ob sie ihre Entscheidung bereits bereute. Aber im nächsten Augenblick wurde er glücklicherweise eines anderes belehrt.

"Ich muss noch die Sachen für den Kirchenbasar verpacken und das Cottage putzen, bevor ich dem Vermieter den Schlüssel zurückgeben."

"Dein Vater hatte das Cottage vermietet?"

"Natürlich, was denkst du denn?"

Dabei überlegte Jule, dass das Haus für sie und Emma jetzt zumindest so etwas wie ein Rückzugsort wäre, wenn es ihrem Vater gehört hätte. Aber leider war es nicht so. Auch Jule hatte sich einen Großteil der Nacht hin und her gewälzt. Emma war dabei, eine richtige Zuneigung für ihren Daddy zu entwickeln und da wäre es vielleicht ganz gut, wenn er auch wirklich an ihrem Leben teilhatte.

Am Ende war Jule zu dem Schluss gekommen, dass sie es einfach nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren konnte, Vater und Tochter noch länger zu trennen.

"Wenn dein Vater das Cottage nur gemietet hatte, war es definitiv die richtige Entscheidung, zu mir zu ziehen." Nathan stand auf. "Und wo wir schon einmal davon sprechen, ich habe mir überlegt, euch nach London zu begleiten, damit du dort alles auflösen kannst. Nachdem sich Emma gestern Abend so aufgeregt hat, meine ich. Ich will nicht, dass sie noch einmal denkt, ich hätte sie verlassen. Außerdem möchte ich nicht, dass du deine Meinung änderst."

"Das wird nicht passieren, Nathan und ich würde Emma auch nie in dem Glauben bestärken, dass du sie verlassen hast! Ich würde ihr klarmachen, dass wir bald zu dir zurückkehren. Aber ich muss dir schon sagen, dass mich die Vorstellung in Oak Grove einzuziehen, nicht gerade begeistert. Was wird deine Familie davon halten? Und was werden sie denken, wenn ich plötzlich mit einem vierjährigen Kind dort auftauche?"

"Ihre Meinung zählt nicht. Oak Grove, gehört mir und inzwischen wohne ich dort alleine." Mit diesen Worten leerte Nathan seine zweite große Tasse Kaffee an diesem Morgen.

"Ich gehe Emma wecken. Wir sollten losfahren, wenn sie gefrühstückt hat. Ich will nicht, dass es wieder zu schneien beginnt, wenn wir auf den Bergstraßen ins Tal fahren."

Unterwegs überlegte Jule noch einmal, warum sie erst am nächsten Tag bei ihm einziehen wollte. Natürlich hatte sie noch viel zu tun, aber vor allem brauchte sie Zeit, um mit der Situation klarzukommen. Irgendwie hatte sie den Eindruck, die Ereignisse drohten, sie zu überrollen.

Bestimmt beharrte Nathan nur wegen Emma darauf, dass sie zu ihm zogen. er war ein Mann, der seinen Verpflichtungen nachkam, auch wenn er dafür viel in Kauf nehmen musste. Sie seufzte. Zumindest war er ein Ehrenmann.

Außerdem machte ich Sorgen, was seine Familie davon halten würde, wenn Emma und sie bei ihm wohnten. Auch wenn er das Problem abtat, hatte Jule richtig Angst, Viktoria Cunningham gegenüberzutreten. Die Erinnerung an das Gespräch zwischen Mutter und Sohn, das sie mit angehört hatte und in dem ihr unterstellt worden war, sie wolle Nathan mit einer Schwangerschaft erpressen, versetzte ihr noch immer einen Stich ins Herz.

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So... Das wars auch schon mit der Lesenacht. Ich hoffe es hat euch gefallen, auch wenn es nur vier Kapitel waren. Diese Woche wird aufjedenfall ein Kapitel kommen.
Und danke an alle, die gevotet und kommentiert haben. Ohne euch, hätte ich niemals soviele Views und Votes geschafft. Ich wünsche euch allen noch einen schönen Abend.😚

Eure ArcticAir

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