42. Kapitel

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Margareth kam ins private Esszimmer im Erdgeschoss, wo Nathan, Jule und Emma gerade beim Frühstück saßen und legte einen kleinen, ein wenig zerknitterten Briefumschlag vor Jule auf den Tisch. Er war nicht beschriftet.

"Olivia Brown ist gerade hier gewesen und hat das vorbeigebracht, Miss Thomson. Sie wollte nicht hereinkommen und hat nur gesagt, ich solle ihnen den rief geben und ihnen sagen, dass Mick Malone ihn zwischen den Polstern der Couch im Wohnzimmer ihres Vaters gefunden hat."

Als Jule zu der Haushälterin aussah, schien deren Lächeln anzudeuten, dass der Brief sowohl ein Schock als auch eine Überraschung für sie werden würde. Jule nahm den Umschlag in die Hand und betrachtete ihn verwundert, während Nathan stirnrunzelnd ihr Gesicht musterte.

Sie hatte ein mulmiges Gefühl und ihr würde abwechselnd heiß und kalt. Um ihre Nerven zu beruhigen, legte sie den Umschlag wieder hin und strich erst einmal Marmelade auf ihren Toast, dann wandte sie sich mit einem Lächeln zu Emma. Glücklicherweise hatte der Treppensturz keine Nachwirkungen gehabt. Die Beule auf der Stirn war deutlich zurückgegangen.

"Willst du den Brief denn nicht aufmachen?", fragte Nathan überrascht.

"Natürlich."

Jule nahm allen Mut zusammen, ergriff den Umschlag und schob einen Finger unter die vergilbte, mich mehr klebende Lasche. Sie öffnete den Brief und zog ein Blatt Papier heraus. Sofort erkannte sie die großen, unregelmäßigen Buchstaben der Schrift ihres Vaters. Dann begann sie zu lesen:

Liebe Jule,

oft habe ich während der vergangenen Jahre versucht, dir zu schreiben, wie sehr ich dich vermisse. Aber nachdem deine Mutter uns verlassen hatte, war es nicht leicht für mich, mit dir zusammenzuleben. Du bist ihr in so vielen Dingen ähnlich, dass es mir beinnah wehtat, dich anzusehen.
Es tut mir leid, dass du weggegangen bist und dass ich dich nie gebeten habe, das Kind sehen zu dürfen. Am Anfang wollte ich mir nicht einmal Fotos angucken, die du geschickt hattest. Aber nach einer Weile habe ich mich dazu gezwungen. Deine Emma ist ja wirklich eine süße kleine Maus, hm? Ich wünschte, du würdest nach Hause kommen, damit ich sie persönlich kennenlernen kann. Aber wenn ich ehrlich sein soll, werde ich wahrscheinlich nicht einmal den Mut haben, den Brief aufzugeben. Ich bin sehr töricht gewesen und war dir bestimmt kein guter Vater. Ich weiß, dass mir deine Mutter deswegen gehörig den Marsch blasen würde, wenn sie noch hier wäre! Ich sehe diesen Cunningham-Jungen hin und wieder und würde ihm gerne sagen, wo du bist, aber ich traue mich nicht. Hätte er dich glücklich gemacht? Ich weiß es nicht, doch es tut mir leid, dass ich dir das Leben schwer gemacht habe, als du mit ihm zusammen sein wolltest. Pass auf dich auf, Jule und gib der Kleinen einen Kuss von ihrem Großvater.

In Liebe,

Dein Dad

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