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Müde sah ich zu dem kleinen schlafenden Körper herüber. Jackson lag auf mir, er hielt mich fest umklammert, sein Kopf war an meinem Hals. Ich merkte seinen regelmäßigen Atem an meiner Beuge, sanft streifte er meine Haut. Es war mitten in der Nacht, ich konnte nicht schlafen.
Was war nur los mit mir? Ich verstehe mich nicht mehr.

Seufzend starrte ich an die Decke, atmete tief durch. Wer bin ich eigentlich? 
Das selbstsüchtige Arschloch?
Der misslungene Sohn?
Die männliche Hure?
Der gebrochene junge Mann?
Jemand der Liebe braucht?
Es machte mich wütend darüber nachzudenken. 

Dass ich so bin wie jetzt ist die Schuld meiner Eltern! Wenn meine verfickte Mutter nicht abgehauen wäre, weil sie sich von wen anderes ficken lassen will, hätte mein Vater sich um mich gekümmert. Mein Vater hätte mit mir Dinge unternommen wie kleine Boote basteln, oder Drachen steigen, vielleicht so gar Jagen. ja, all das hätte mein Vater gemacht, wenn meine Hure von Mutter sich nicht verpisst hätte. Aber das hat er nicht, nein!
Er hat mir lieber ein Kindermädchen hingestellt, die er gelegentlich gevögelt hat. Ein alter Bastard fickt ein junges Mädel! Und ich habe zugesehen, jedes gottverdammte mal. Und ich war ein Kind, ich wusste nicht was er mit ihr macht. Ich wollte es nicht wissen.
Wäre ich glücklicher , wenn das alles nicht passiert wäre? Wäre ich ein normaler junger Mann? Wäre ich immer noch der gleiche Abschaum wie jetzt?
Ich hätte eine Kindheit gehabt, ich hätte Eltern gehabt, ich hätte Liebe erfahren. Aber all das wurde mir genommen. Sie hat mich daran gehindert eine tolle Kindheit zu haben! Er hat mich daran gehindert Liebe zu erfahren! Beide haben mich daran gehindert zu wissen was Eltern sind. Wie sich so etwas anfühlt. Wie es ist geliebt und wertgeschätzt zu werden.
Ich hasse sie. Ich hasse meine Eltern- nein, Erzeuger. 

Ich fing an zu weinen. Ich weinte meine Wut und meinen Frust aus dem Körper. Ich ließ all meinen Hass raus. Innerlich schrie ich Fahrt zur Hölle! Fahrt zur verfickten Hölle! 
Ich hasse euch! 
Ich will es laut aus rufen. Ich will es ihnen ins Gesicht sagen. Ich will ihnen zeigen wie sehr ich sie hasse. Ich will ihnen weh tun. Ich will sie so sehr verletzen, dass sie sich in den bitteren Tod quälen.
Mein Körper bebt, ich zittere vor Wut.

"Ich hasse euch",  schluchzte ich erstickt, presste meinen Körper in die Matratze. 

Wenn sie nicht gewesen wären, würde ich jetzt glücklich sein. Ein normaler Mensch. 
Aber ich bin nicht normal. Ich bin missraten, abgestoßen, minderwertig und fremdschämend. Ich hasse mich. Ich hasse diesen Körper, diese Persönlichkeit, diesen Menschen.
Er hatte nie kleine Boote gebastelt und sie in Bächer, Pfützen oder Waschbecken ausprobiert. Er war nie Drachen steigen, weil sein Vater keine Zeit hatte. Er hatte nie von seinem Vater gelernt, wie man eine Waffe hält und Tiere erschießt, nein. Er hat sich selbst beigebracht zu lesen, zu schreiben, wie man rechnet oder wie man Modell Autos zusammen baut. ja, dafür hatte sein Vater genügend Geld. Jeden Tag etwas neues, was ihn beschäftigen konnte, damit er das Kindermädchen knallen konnte. Jeden Tag mehr Geld, damit der Sohn dachte, es sei eine Geste aus Liebe. Jeden verfluchten Tag! Nicht jeder Junge bekommt jeden Tag Geschenke, hieß es. Nicht jeder Junge wird von seinem Vater so hart abgeschoben und später verachtet!
Das ist alles seine Schuld! Anstatt der Vater ihm zeigt wie ein anständiger junger Mann zu sein hat, lässt er ihn in Drogen und Alkohol ersticken.
Ja, nur weiter, irgendwann ist er ihn los. Irgendwann muss er sich keine Sorgen mehr um Schlagzeilen, Erbe oder sonstiges machen. Du Arschloch!  schrie ich innerlich. 

Wer also bin ich? Ich wischte über mein Gesicht, drehte Jackson von mir und stand auf. Ich nahm eine Schachtel JP'S aus meiner Tasche und ging an das Fenster. 
Ich brauche ein Bier. Seufzend steckte ich eine Zigarette an, sah aus dem Fenster, auf die Straße. Wie scheiße kann mein Leben eigentlich noch werden? 
Vielleicht ende ich irgendwann als Drogenjunkie. Ich glaube das wäre noch harmlos. 
Alkoholiker kling auch verlockend. Oder ich gerate in eine Spielsucht. 
Ich brummte Augenverdrehend.
Ich kann so eine Spielsucht nicht nachvollziehen, ich hatte nie den Drang Geld für Glücksspiele auszugeben. Aber jeder lebt halt sein Leben...

Sein Leben.... Wie wird meine Zukunft wohl aussehen?
Werde ich Kinder haben? Wenn ja, dann will ich einen Jungen. Ich werde mit ihm Dinge unternehmen, die ich als kleiner Junge schon immer machen wollte.
Ein kleines Lächeln schlich sich auf meine Lippen.
Er würde Ice Hockey spielen und der beste seiner Mannschaft werden. Und ich würde als Vater an der Bande stehen, jubelnd, Stolz und mit offenen Armen. Ich würde mit ihm danach Pommes essen gehen und ihm sagen wie sehr ich ihn liebe und wie stolz er mich macht. 
Ich zischte leise. Meine Zigarette war bis zum Filter geraucht, ich schnippte sie weg, machte mir eine neue an. Für einen kurzen Moment schloss ich meine Augen, zog fest an der Zigarette und behielt den Rauch länger als sonst in meiner Lunge. Ich dachte wieder an meinen Sohn, an seinen Erfolg, an mich. Ich, als erwachsener Mann. Als Mann, der sein Leben auf die Reihe bekommen, eine Familie gegründet hat und glücklich ist.
Aber was ist mit dem Gegenteil? erinnerte mich mein inneres. 
Ja... Was ist mit dem Gegenteil? Wenn ich kein Kind haben werde? Wenn ich kein richtiger Mann werde, der unabhängig ist, der was erreicht hat, der eine Familie gegründet hat, was ist dann? 
Wer bin ich dann, wenn nicht mehr der junge Mann Eric? Wird man mich vielleicht vergessen?
Wieder brummte ich, zog meine Augenbrauen säuerlich zusammen und rauchte wie ein Schlot die zweite Zigarette auf. 

"Ihr kriegt noch alle was ihr verdient", schnaufte ich leise und nahm die dritte Zigarette aus der Schachtel, ich steckte sie gerade an, als Jackson verschlafen einen Ton von sich gab.

"E-Eric", leise und mit einer angerauten Stimme ertönte er. Vor Schreck ließ ich meine Zigarette fallen, presste meine Lippen aufeinander und drehte mich um. Jackson saß in seine Decke gehüllt auf dem Bett. Seine müden Augen sahen zu mir, er rieb sich über sein Gesicht. 

Mein Herz blühte bei seinem Anblick auf ich fühlte etwas für diesen Jungen. Ich fühlte etwas ernstes für ihn. Aber es ist undefinierbar. Fühlt sich so Liebe an?
"Baby" sagte ich leise "Warum bist du wach?" 
Ich stand immer noch am Fenster, bewusst, dass ich die Schachtel in der Hand hielt.

"Das könnte ich dich auch fragen" murmelte er leise und zog die Decke fester um seinen Körper.

Ich machte das Fenster zu, stand jedoch weiter davor "Ich konnte nicht schlafen"

"Du hast geraucht" bemerkte er, wirkte etwas wacher und blinzelte.
Ich nickte, wollte ihm nichts vor machen "Warum?" 

Ich zuckte mit den Schultern "Das verstehst du nicht"

"erkläre es mir" seine Augen waren klar, er wollte wissen was mich bedrückt, warum ich so abweisend war. Aber das geht nicht. Das würde er nicht verstehen. Er würde mich mit anderen Augen sehen. Das will ich nicht.

"Nein" sagte ich, ging zum Bett, packte die Zigaretten in meine Tasche

"Aber Eric..." sagte Jackson, wollte nach meinem Arm greifen "Ich kann dir-"

"Ich sagte nein!" Wütend trat ich meine Tasche unter das Bett. Jackson zuckte zusammen. Er wich von mir. "Jackson" ich setzte mich neben ihn.

"Warum bist du so zu mir?" sagte er leise "Warum redest du nicht mit mir?"

Ich zog ihn sanft an mich, legte mich mit ihm hin und deckte mich zu "Ich kann nicht... noch nicht." langsam fing ich an seinen Arm zu kraulen "Verstehst du das?"
Jackson nickte leicht. Ich wusste er war beleidigt, aber ich war nicht bereit ihm meine Sorgen mitzuteilen. Noch nicht. "Versuchst du noch mal zu schlafen kleiner Mann?" wieder nickte er nur und ich lächelte sanft.
Ich wollte ihn küssen, aber ich ersparte es ihm. Ich wusste er würde es nicht mögen den Geschmack an Nikotin auf seinen Lippen zu haben. Ich küsste also nur seine Wange, zog ihn noch fester an mich und schloss meine Augen.

Allerdings schlief ich wieder nicht, ich beobachtete Jackson dabei, wie er sein Gesicht verzog und irgend etwas vor sich her brabbelte. Wie kann man so Engelsgleich sein? 
Wie kannst du jemanden wie ihn von vorne bis hinten nur verarschen? Ich weiß es nicht.
So schnell kann ich damit auch nicht aufhören, ich bin noch zu sehr da drin. und es macht mir spaß.
Vergiss nicht wer du bist!
Ja, ich darf es nicht vergessen. Ich darf keine Schwäche zeigen. Ich darf mich nicht von einem Gefühl beeinflussen lassen. Ich darf mich nicht vergessen. Ich darf nicht vergessen was ich bin.



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