Zweifel

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Schweigend stand ich an der Reling und sah der Insel hinterher, wurde augenblicklich von einem schlechten Gewissen gepackt, weil ich meinen Vater im Stich ließ. Noch kleine Tropfen fielen vom Himmel hinab und der dichte Nebel tauchte die ganze Umgebung in ein unheimliches Grau. Um mich herum liefen die Männer angespannt umher und versuchten durch den Nebel etwas zu erkennen. Auch der letzte Punkt der Insel, auf den ich seit geraumer Zeit starrte verschwand immer mehr in der grauen Schicht, bis ich rein gar nichts mehr erkennen konnte. Neben mir stand Gibbs und ich vermochte nicht zu sagen, seit wann. „Es war eine schwierige Entscheidung, nicht wahr?", fragte er leise. Ich brachte nur ein Nicken zu Stande, konnte ihn nicht ansehen. Noch immer war mein Blick auf die Stelle gerichtet, wo ich die Insel das letzte Mal gesehen habe.

Ich war mir nicht einmal mehr sicher, ob meine Entscheidung überhaupt richtig war. Die ganze Zeit über war ich es gewesen, doch jetzt, wo es endgültig war, begann ich zu zweifeln. Es lag nicht an Jack oder daran, dass mein Vater und ich im Streit auseinandergegangen sind, eher diese Ungewissheit macht mir zu schaffen. Ich hatte keine Ahnung, was mein Vater jetzt machen würde, wo er hinsegeln würde, wann ich ihn das nächste Mal sehen werde und OB ich ihn wieder sehen werde. Der Gedanke daran machte mir Angst. Ohne noch ein Wort zu sagen, ließ ich Gibbs an der Reling stehen und ging in Elizabeths Kajüte. Diese saß offensichtlich gelangweilt auf dem Bett und sah verwundert zu mir auf, als ich die Tür öffnete. „Alles klar?", fragte sie, ich nickte und setzte mich zu ihr. „Ich muss reden.", sagte ich und sah sie flehend an. Sie erwiderte meinen Blick fragend und ich fing an:

„Mein Vater und ich haben uns gestritten, frag nicht wieso.", fing ich an. Sie nickte. „Wegen Jack!", posaunte ich letztendlich doch heraus und verfluchte ein vorschnelles Mundwerk. „Wundert mich nicht.", murmelte Elizabeth dazwischen und auf meinen verwirrten Blick hin sagte sie: „Jack und Barbossa sind seit über einem Jahrzehnt Erzfeinde. Was dachtest du, wie dein Vater reagieren wird?" Ich sah schmollend zu Boden. „Der Witz ist, dass er ja noch nicht mal die ganze Wahrheit kannte. Er hat es sich einfach alles zusammengedichtet." Elizabeth sah mich zweifelnd an. „Lag er richtig mit seiner Vermutung?" Ich verdrehte die Augen. „Ja, aber das muss er doch nicht gleich wissen." Elizabeth schüttelte verwirrt den Kopf. „Manche Sachen, was dich angeht, werde ich wohl nie verstehen." Ich zog die Augenbrauen zusammen. „Wieso?" Auf Elizabeths Gesicht machte sich ein unschuldiges Grinsen breit. „Nur so.", sagte sie, es klang allerdings mehr nach eine Frage, als einer Antwort, doch ich beließ es dabei. „Ich werde dich wahrscheinlich auch nie ganz verstehen, jetzt sind wir Quitt.", lachte ich.

„Jedenfalls bin ich abgehauen und ich weiß nicht, ob meine Entscheidung so schlau war. Weißt du, was ich meine?" Lizzy nickte. „Was hast du dir denn erhofft, als du deinen Vater gefunden hast, was passiert?" Ich zuckte mit den Schultern. Gute Frage. „Ich weiß nicht. Auf jeden Fall nicht das hier.", erwiderte ich und sah auf einen Punkt an der Wand. In letzter Zeit meine Lieblingsbeschäftigung, wenn ich so darüber nachdachte. Auf bestimmte Punkte starren, kann sehr spannend sein. Dass das ironisch gemeint ist, war klar, oder? „Wie wusstest du damals, dass es die richtige Entscheidung war, dein altes Leben hinter dir zu lassen und eine Piratin zu werden?" Fragend richtete ich meinen Blick wieder auf meine Freundin, die leicht lächelte und gleichgültig mit den Schultern zuckte. „Ich wusste es einfach." „Und dein Vater? Er war doch bestimmt nicht erfreut, als er das erfuhr." Sie lachte auf. „Nein, gewiss nicht, aber ich war alt genug meine Entscheidungen selbst zu treffen, ohne sie von jemandem abhängig zu machen und das kannst du auch." Ich seufzte.

Sie hatte recht. Ich sollte mich was meine Entscheidungen angeht nicht beeinflussen lassen. „Danke, Lizzy.", rief ich und sprang auf, rannte aus der Kajüte. Mir war sehr wohl aufgefallen, dass die sie bei ihrem Kosenamen 'Lizzy' genervt zusammengezuckt war und darüber musste ich lachen. Jetzt weiß ich auch, wie ich sie ärgern kann. Jack stand zu meiner Verwunderung mal nicht am Steuer. Also nicht direkt. Er stand neben Cotten, welcher wiederum am Steuer stand. Ich raste zu ihm hoch und blieb grinsend vor ihm stehen. Er sah mich verwundert an, doch ich änderte nichts an meiner Position. „Alles in Ordnung, Liebes?", fragte er nach kurzer Zeit. Ich nickte.

Schließlich, ohne Vorwarnung, beugte ich mich vor und legte meine Lippen auf seine. Als wir uns von einander lösten grinste ich noch immer, doch diesmal erwiderte Jack das Grinsen. „Womit habe ich den jetzt verdient?", fragte er amüsiert. „Mir war langweilig.", sagte ich lachend, drehte um und rannte die Treppe herunter in Richtung Kapitänskajüte. Ich schmiss mich auf die Koje und sah zur Decke, in der Hand hielt ich Jacks Kompass, mal zur Abwechslung den Echten. Während des Kusses habe ich nach ihm gegriffen. Was mache ich mich die ganze Zeit verrückt mit der Frage, ob ich richtig gehandelt habe, wenn es auch einfacher geht. Leise schlich ich mich aus der Kajüte und setzte mich vor die Tür. Ich klappte den Deckel des Kompasses auf. Die Nadel drehte sich und...

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Tbc...

Über Liebe und Entscheidungen (Fluch der Karibik Fanfiktion)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt