Treue für den Captain

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Es war kurz nach Sonnenuntergang als Captain Velten Bones türenschlagend den Pub betrat. Wenn es nicht sein Aussehen war, das ihm den gebührenden Respekt verschaffte, dann war es sein Auftreten. Mit einer Mischung aus Stolz und Blutrünstigkeit in den Augen und einer treuen Mannschaft im Schlepptau, die ihm in jeder erdenklichen Lage den Rücken decken sollte. Nur am Rande bemerkte er, wie die fröhliche Musik, die aus der hintersten Ecke der Taverne kam, stoppte und das erheiterte Lachen verstummte. Er spürte die Blicke aller Anwesenden auf ihm und genoss es. Einige Sekunden lang stand er nur am Eingang des Pubs und ‚sonnte' sich in der ihm geschenkten Aufmerksamkeit, ehe er stolzen Schrittes auf den ehrfürchtig dreinschauenden Mann zuschritt. „Ich will anheuern." waren die einzigen Worte, die aus Bones Mund nötig waren. Der Mann hinter der Theke nickte und machte sich sofort daran eine Ecke in der Taverne so umzubauen, dass es sich für eine Musterung eignete.
Mit einem simplen Kopfnicken bedeutete er seine Crew ihm zu folgen und an den Tischen, die soeben für ihn verrückt wurden Platz zu nehmen. Er selbst, sowie sein erster Maat nahmen an dem Vordersten der Tische Platz. „Versorge meine Männer hier mit Rum. Mit ausreichend Rum. Sollte sich nur einer von ihnen beschweren, dass sein Krug leer blieb werde ich höchstpersönlich dafür sorgen, dass dir ein solcher Fehler nie wieder unterlaufen wird, verstanden?" Der Pubarbeiter nickte hektisch und wollte gerade der Aufforderung des Neuankömmlings nachkommen, als dieser ihn fest am Handgelenk packte und zu sich zurück zog. „Und verbreite, dass Captain Bones hier heute Abend anheuert. Wenn sich zu wenige melden, bist du auch daran Schuld." raute er dem Arbeiter zu, bevor er sein Handgelenk ruckartig losließ.
Es dauerte keine fünf Minuten, da begann sich die Neuigkeit innerhalb der Taverne wie ein Lauffeuer zu verbreiten und nach weiteren zehn Minuten, erreichte es auch die Hafenarbeiter und die ersten Leute im Fischerdorf, unter anderem Jack und seine Anhänger. „Perfekt! Dann lasset das Spiel beginnen...oder die Meuterei. Wie auch immer..."
Die Gruppe nahm sich noch einige Minuten, um den Plan bis aufs letzte Detail zu kalkulieren und spaltete sich dann in vier Gruppen auf, in denen sie nacheinander bei Bones anheuern sollten. Jack und Horatio blieben zurück, zu groß war die Gefahr jemand würde Jack erkennen und den Plan auffliegen lassen. „Glaubst du das funktioniert?" fragte Horatio nach einiger Zeit, in der die drückende Stille zwischen den beiden Männern anfing an seinen Nerven zu nagen. Jack nickte zuversichtlich. „Das muss es!"

„Und was hast du vorzuweisen, um meinen Captain von dir zu überzeugen?" fragte George Rackham den weißbärtigen Mann, der mit gesenktem Blick vor den beiden Piraten stand und versuchte einen Platz auf dem Piratenschiff zu ergattern. „Ich verfüge über viele Jahre Kampferfahrung. Ich mag jetzt unscheinbar wirken, beherrsche aber Tricks, die selbst die Jüngsten unter den Piraten außer Gefecht setzen." antwortete er und auch wenn seine Körpersprache das Gegenteil aussprach, klang in der Stimme des Mannes eine standfeste Überzeugung mit, die den ersten Maat, sowie den Captain aufhorchen ließ. Rackham machte eine fahrige Handbewegung in Richtung eines alten Blatt Papiers und einer Feder. „Mach dein Zeichen!" Dieser Aufforderung kam der ältere Herr nach und machte Platz für den Nachfolger. George richtete sein Augenmerk auf den Zettel und zählte kurz nach. „Der Zwischenstand liegt bei zwölf Neubewerbern, Captain." Eine Reaktion von Bones blieb aus.
Stattdessen blickte ein Mann mittleren Alters auf den ersten Maat herab und grinste. Die deutliche Alkoholfahne, sowie die unsichere Art zu stehen, zeigte Rackham auf den ersten Blick, dass sein Gegenüber sternhagelvoll betrunken war. „Mach Platz, Alter. Du versperrst den Weg für die anderen Anwärter." Keine Reaktion. Drohend richtete sich der erste Maat auf und blickte seinen Gegenüber starr in die Augen. „Hast du dir schon dein Gehör kaputt gesoffen oder was? Ich sagte, du sollst aus dem Weg gehen!" wiederholte er sich noch einmal, doch anstatt dass Angesprochene der Aufforderung nachging, riss er den ersten Maat am Kragen seines zu sich und verpasste ihm einen Kinnhaken mit so einer Wucht, dass der stellvertretende Kapitän kurz glaubte Sterne an der Decke tanzen zu sehen.
Sofort sprangen die Crewmitglieder von Bones auf und stellten sich, mit den Waffen griffbereit zwischen ihren Vorgesetzten und den Unruhestifter. Die frisch angeheuerten Crewmitglieder stellten sich ebenfalls ohne zu zögern auf die Seite ihres neuen Captains und griffen nach ihren Säbeln und Musketen, bereit für ihren Captain zu töten.
Zwei aus Bones' Stammcrew griffen den Betrunkenen an beiden Armen und rissen ihn auf seine Knie, während sich die Crew in der Hälfte aufspaltete und den Gang für den Captain freimachte.
Bones, der seelenruhig auf den Rebell zuschritt, griff blind nach seinem Messer und ging vor dem Mann auf die Knie. Er starrte ihn aus kalten Augen an, während er das Messer an der Wange, knapp unter dem Auge ansetzte und langsam - nicht tief - in die Haut schnitt. Dabei unterbrach er für keine Sekunde den Blickkontakt. Als das Messer den Kiefer der Mannes erreichte, ließ Bones es sinken und flüsterte in das Ohr seines Gegenübers: „Lass dir das eine Warnung sein. Solltest du dich noch einmal rebellisch zeigen, setze ich das Messer einige Zentimeter weiter oben an und so ein Auge steckt die Messerklinge dann doch weniger gut weg, als die Haut." Mit einem harten Schlag auf den Kopf des Mannes erhob sich Bones und bedeutete seinen Männern den Rebellen loszulassen. Dieser stürmte sofort aus der Taverne und wurde von der Dunkelheit verschluckt.
Bones warf einen Blick auf die neuen Crewmitglieder, die zwar erst vor weniger Minuten dazu stießen, dennoch sofort und zweifellos bereit waren für ihn einzustehen und nickte ihnen zu, bevor er ihnen den Rücken zuwandte, wodurch er nicht die siegreichen Blicke registrierte , die die Männer sich unbemerkt zuwarfen.

„Arturo, was ist geschehen?" aufgebracht bemerkte Horatio den Schnitt an der linken Wange seines Freundes. „Bones..." sagte dieser lediglich und warf Jack einen verurteilenden Blick zu, der darauf jedoch nicht weiter reagierte. „Immerhin ist der Schnitt nicht tief. Es sollte keine Narbe zurück bleiben." murmelte Fowler während er - so gut wie in der Dunkelheit möglich - die Wunde untersuchte. Jack, der davon völlig unbeeindruckt war machte einen langen Schritt auf Arturo zu. „Hat er es geschluckt?" Der Mann, der lange nicht so betrunken war, wie er noch vor wenigen Minuten vorgab zu sein nickte. „Ich denke schon." Jack spürte, wie eine unsichtbare Last von seiner Brust genommen wurde.
„Jetzt liegt alles in den Händen dieser Zwölf."

Über Liebe und Entscheidungen (Fluch der Karibik Fanfiktion)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt